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Genfer Automobilsalon 2019 (3)

Published in radical-mag.com

Best of Show

Für Aufsehen sorgt auch der Aurus. Letzes Jahr haben sie die neue Präsidentenlimousine vorgestellt und Vladi (unter Freunden beim Bärentöten) holt nun aus, die Welt zu erobern. Mit seinem – in echt dann sicher nicht ganz so mächtigen – Senat. Ein Trumm von einer Luxuslimousine. Vorne ein bisschen Rolls mit den Lampen des alten Lancia Thema. Am Heck ein bisschen Bentley, dazu aber diese Kante über die gesamte Seitenlinie, an der man sicher perfekt abstützen kann. Sicher kommt da auch die Fahrzeughöhe gelegen, denn es dürften gut 1.80 m sein. Im Gesamten fällt das aber gar nicht auf, die Fuhre ist schließlich 5,63 m lang; ausser halt dann, wenn ein anderes Auto als Referenz danebensteht. Oder man einen Parkplatz braucht. Aber der Senat parkt sicher eh immer zweite Reihe. Leistung hat es übrigens auch tüchtig: über 598 PS aus einem V8-Biturbo. Dazu kommt eine Elektroboost-Unterstützung vom E-Motor. Überhaupt ist die Technologie des bärigen Russen nicht uninteressant: ein Neungang-Automatikgetriebe ohne Drehmomentwandler, adaptiver Allrad, alle modernen Assistenzen. Der ausgestellte Antriebsstrang zeigte auch allerlei Sensorik und Bauteile von Bosch, Pierburg, Behr und Co. Innen ist ebenfalls alles feinst, tolle Hölzer, Echtpelz-Fussmatten (so sehen sie zumindesst aus) und eine auf den ersten Blick wirklich saubere Verarbeitung. Ob er seinem Namen allerdings wirklich gerecht wird, müssen – und wollen wir unbedingt – testen. Denn der Aurus Senat S600 (ja, so heisst er mit vollem Namen) ist einer der Neuheiten in Genf, die man wirklich noch einmal sehen muss.

Beinahe direkt neben dem Senat steht ein weiteres, für mich sogar das (!) Messe-Highlight: Battista. Der Pininfarina trägt nicht nur einen schönen Namen, er ist auch ein wunderschönes Auto. Keine Spoilerabsurdität, keine groben Überzeichnungen, stattdessen ein wunderbarer moderner Sportwagen. Und er ist weit mehr als ein Showcar oder Einzelstück, es ist ganz normal das Serienauto. 150 Stück, sicher alle ausverkauft, Stückpreis deutlich über zwei Millionen. Unter der feinen Carbonfaserhaut steckt noch mehr edler Kohlenstoff: der Rimac C_Two. Das bedeutet: der Battista wird nicht nur wunderbar funktionieren, er wird auch von atemberaubender Qualität sein. Denn was die Kroaten innerhalb kurzer Zeit auf die Beine gestellt haben: beeindruckt. Als Bestätigung dafür dürfte gelten, dass sich Porsche im vergangenen Jahr zu 10% in die junge Firma eingekauft hat. Zurück zum Battista: 1900 PS, 2300 Nm, Höchstgeschwindigkeit nur knapp unter der 400, Beschleunigungen unter zwei Sekunden von null auf einhundert – je nach Strecke und Rennreifen kann dies jedoch variieren. Übrigens: 120-kWh-Akkupaket. Das macht den Battista fast zwei Tonnen schwer, aber die Leistung ist eben: überirdisch. Und in dieser Liga spielt das ja auch irgendwie alles keine Rolle mehr. Es muss gut aussehen, Punkt. Das tut der Pininfarina, weil sie es immer taten. Dank der Kroaten nun auch unter dem schönen Kleid.

Das letzte Highlight des Salon ist ein kleines: der Peugeot 208. Man hat ihn beinahe nicht zu Gesicht bekommen, so voll ist der Stand der Franzosen. Egal ob morgens oder abends, mindestens 200 Menschen dürften sich zu jeder Zeit um den 208er gedrängt haben. Zurecht. Denn es ist ein tolles Auto geworden. Wunderbare Form, knackig, dynamisch, aber nicht übertrieben. Das Cockpit dürfte in seiner Raffinesse noch längere Zeit einzigartig bleiben. Und das Beste: ein Vollelektrischer ist ab Marktstart dabei. 100 kW versprechen saubere Fahrleistung und der 60-kWh-Akku dürfte das Ganze auch angenehm lang durchhalten. Dass die Technologie so neu und bewegend nicht ist, sagen die Franzosen unverhohlen, man habe das Konzept des Triebstranges schon vor zwei Jahren gezeigt, sei nun eben grossserienfertig mit einer Modularität für quasi alle Baureihen und in der Vorentwicklung für kommende Serien schon deutlich weiter. Die Schritte seien gross, es mache tüchtig Spass, so können wir zitieren.

Man fragt sich da dann schon: warum drehen die Einen ein Riesenrad und doch passiert nichts, die anderen bleiben realistisch und haben doch überraschend überzeugende Lösungen? Muss ein Elektroauto gleich ein futuristischen Raumschiff sein, oder kann man es auch (dieselbe Technologie!) in eine konventionelle Verpackung stecken? Übrigens: der 208e wird nicht mehr als ein vergleichbar gut ausgestatteter Top-Diesel kosten. Sonst hätte Tavares das gar nicht erst an den Start gerollt.

Das war’s. Den ersten Teil gibt es hier, den zweiten: dort. Und sonst gibt es ja immer noch Abarth.

Der Beitrag Genfer Automobilsalon 2019 (3) erschien zuerst auf radicalmag.

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