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Roadtrip im Karmann Ghia

Published in Blog

Das kann ja nur ein guter Tag werden

Wer in den 50ern und 60ern einen feuerroten Karmann Ghia fuhr, der oder die hatte definitiv Geschmack. Und noch heute (oder heute wieder!) lässt er die Herzen höher schlagen! Auch das Herz von Brigitte – sie hat sich den lang gehegten Traum erfüllt und sich den kleinen Roten gekauft, von dem sie damals nur geträumt hatte. Heute leiht sie den Oldtimer ihrer Tochter Pia und meiner Tochter Mira. Ich fahr mal ein Stück hinterher und mache ein paar Fotos. Mal schauen, ob der Held von damals – ohne Bluetooth und Zentraldisplay – auch das Herz der jungen Menschen von heute erobern kann.

Das weckt alte Erinnerungen

Endlich Träume erfüllen
Kennt ihr das nicht auch? In einem ruhigen Moment stöbert man in den Autobörsen des Internets, ohne feste Kaufabsicht und ohne konkreten Suchauftrag. Und da tauchen sie auf, die Autos, die man schon immer einmal haben oder mindestens einmal fahren wollte. Oft sind das die, die Mama und Papa fuhren, als man selbst noch ein Kind war. Oder es ist das erste eigene Auto, später verschrottet und heute vermisst. Was wäre ein Klassiker für uns, wenn mit ihm keine Erlebnisse und persönlichen Gefühle verbunden wären? Ich verbrenne viele Stunden pro Woche mit Reisen durch die Angebote der käuflichen Zeitkapseln und bin neulich bei einem Karmann Ghia hängen geblieben. Ein Auto, was ich gar nicht mehr auf dem Schirm hatte. Aber eine Bekannte von mir besitzt so einen, da kann ich doch bestimmt mal was arrangieren…?

Ein Deutsch-Italiener gegen das Fernweh

Deutschland hatte Fernweh. Man träumte in den 1950er Jahren von den Stränden Italiens oder der Côte d’Azur, strandete aber meist mit dem Goggo schon im Schwarzwald oder mit dem Buckeltaunus spätestens auf den Passstraßen von Österreich. Da kam 1955 dieser maßgeschneiderte Volkswagen gerade zur rechten Zeit. Im Herzen war der Karmann ein Käfer, robust und zuverlässig, im Auftritt allerdings ein rassiger Italiener im Maßanzug. Die offizielle Kooperation von Karmann in Osnabrück mit der italienischen Designschmiede Ghia (bitte, BITTE nicht [Dschia] sagen, das wird mit einem einfachen G am Anfang gesprochen: [Gia]! So wie es nicht [Lambordschini] heißt 😉 …) zauberte einen nicht mehr unerfüllbaren Traum auf die Wunschlisten vieler… Er verströmte einen Hauch von „La vida loca„, dem Ausbruch aus dem arbeitsreichen, deutschen Wirtschaftswunderleben und gehörte trotzdem zur Familie, weil er den kumpelhaften Charakter des VW Käfers besaß. Nur eben viel schicker, also mehr Schein als Sein, aber das war schon okay.

Der Charme der 50er

Mit den anfänglichen 30 PS aus dem luftgekühlten Boxer ließen sich wahrhaftig keine Rennen gewinnen, wohl aber die anerkennenden Blicke der Nachbarn. Die Leistung stieg mit den Jahren auf dramatische 50 PS an, was aber noch immer keinen Sportwagen aus dem Beau machte. Egal. Für seinen Sonderstatus verkaufte sich das Coupé sehr gut, ab den 1960ern verließen jedes Jahr rund 30.000 Fahrzeuge die Produktionshallen. Von 1955 bis 1974 verkaufte Volkswagen rund 440.000 Karmanns, mehr als die Hälfte davon in die USA. Das klingt viel, vom Käfer wurden allerdings über 21 Millionen Stück gebaut. Nur mal so zum Vergleich.

Vor dem Karmann hatte Brigitte schon diverse Autos. Ihr erster Ford Fiesta ist buchstäblich weggerostet. Eine sportliche Affäre mit einem Golf 1 GTI wurde durch einen Golf III und später durch einen Skoda Octavia abgelöst. Alles Autos, die okay waren. Aber sie waren eben nicht schön – und das bügelte das rote Karmann Ghia Cabriolet von 1967 wieder aus.

Ich seh dir in die Augen, Kleines

Sie erlag dem Zauber des Ghia erst spät, genau genommen vor zwölf Jahren. Angesteckt von der passionierten Oldtimerei ihres Mannes wollte sie auch einen Klassiker fahren. Und weil damals weder ihre Eltern noch sie einen Karmann bezahlen konnten oder wollten, war es jetzt, im neuen Jahrtausend, Zeit für die Erfüllung eines alten Wunsches. Also stöberte sie, wie ich so oft, nächtelang im Internet und fand plötzlich den, genau DEN Karmann ihrer Träume! Was für eine vollendete Form, was für wunderschöne Rundungen. Der Erstbesitz eines älteren Apothekerehepaares aus Köln war dem Zweitbesitzer nicht schnell genug. Zu wenig Sportwagen. Also gab er ihn in die Hände der Einkäuferin aus Norddeutschland. Der Karmann war gut in Schuss und direkt fahrbereit, aber da Brigittes Gatte gern alles vorsorglich tauscht, was irgendwann verschleißen könnte, bekam der offene Krabbler ohne Not neue Kerzen, Kabel und Unterbrecher. Die Benzinpumpe und den Anlasser überholte er etwas später selbst. Außer einer defekten Lichtmaschine gab es ansonsten keine Beschwerden in den zwölf Jahren, er ist im Herzen eben ein Käfer, der läuft und läuft und läuft.

Thelma und Louise in Norddeutschland.

Unterwegs mit Mamas Oldtimer

Um den automobilen Charme der Sechziger ins Hier und Jetzt zu übertragen, fahren nicht Brigitte und ich den Klassiker, sondern wir haben unsere Töchter gefragt. Wie finden junge Menschen von heute so ein über 50 Jahre altes Cabriolet? Beide waren sofort dabei! Vor ihrer Ausfahrt mit dem Karmann Ghia sind Pia und Mira ein bisschen aufgeregt, schließlich geht es nicht in irgend einer Alltagskarre zur Schule oder zur Arbeit. Karmann fahren ist ein bisschen so wie eine Langspielplatte auflegen. Man macht es bewusst, man nimmt sich Zeit und man genießt es. Papa Martin winkt den beiden leicht besorgt nach. Die Szene erinnert ein wenig an Thelma und Louise, aber bevor irgendjemand über den Film nachdenken kann, sind die jungen Damen schon auf der Landstraße und singen gut gelaunt fröhliche Lieder gegen den Wind.

Und da fahren sie auch schon dahin.

Singen macht Sinn – ein Radio hat das kleine Auto nicht. Warum auch? Der Motor schnattert aus dem Heck vertrauenerweckend, aber echt laut, und spätestens wenn das Dach offen ist würde man potenzielle Musik aus dem Monolautsprecher sowieso nicht mehr hören. Will man aber auch nicht, dieser Mix aus den Geräuschen der Natur, dem rauschenden Wind und dem Vierzylinder Boxer ist Symphonie genug. Pia lenkt den Wagen souverän an dem dünnen Bakelitlenkrad mit dem großen Hupring quer durch Schleswig-Holstein, während Mira auf dem bequemen Beifahrersitz fläzt und den Wind in ihren Haaren spielen lässt. Im Verkehr schwimmt der Karmann gut mit, viel mehr als 100 km/h sind nicht drin. Die fühlen sich dann aber aufgrund der Geräusche so an wie 150. So oder so – es macht den beiden einen Heidenspaß.

Fast schon ein kleiner Porsche

Bei einem Fotostop am Wegesrand in der Nähe von Husum werfen Pia und Mira einen Blick auf den Motor, der hinter der Metallklappe im Heck vor sich hin schnattert. Sie kennen die kunststoffverkapselten Motoren von VW Up, Audi A1 und Opel Corsa und sind begeistert, wie offen hier alles zugänglich ist. Man kommt ohne Probleme an die Batterie, den Keilriemen und die wenigen elektrischen Verbindungen ran, während man bei neueren Autos kaum den Ölpeilstab findet, ohne die buchdicke Anleitung zu studieren. Auch wenn die Technik jungen Menschen von heute regelrecht antik erscheint – sie übt aufgrund ihrer Einfachheit eine gewisse Faszination aus. „So einen hatte ich vor Jahren mal„, schwärmt jetzt auch ein älterer Herr, der auf einem Fahrrad vorbeikommt. Tatsächlich ist das beherrschende Thema aller um einen Karmann Ghia herumstehenden Menschen die Tatsache, dass man selbst, die Eltern, die Tanten und die Nachbarn auch so einen hatten. Das kollektive Erinnerungsvermögen der Deutschen belegt, dass irgendwie jeder mal einen hatte. In den Köpfen haben also mehr Karmanns als Käfer die Werkshallen verlassen. Wer hätte das gedacht?

Keine Witze über den Motor jetzt, bitte.

Bewusst fahren und genießen

Der Rückweg kommt schneller als gewollt, und um den Abgabetermin noch ein bisschen hinauszuzögern holen sich unsere Töchter in einer kleinen Eisdiele jede einen Milchshake. Beide nehmen Erdbeere, das passt farblich zum Auto, und auch in den 60ern trafen sich junge Menschen gern vor den Eisdielen oder Milchbars. Die kleine Tour hatte kein konkretes Ziel. Genau wie das Anhören einer Langspielplatte keinen weiteren Nutzen als den Genuss von Musik beinhaltet sind die beiden dieses Auto gefahren, um es einmal zu fahren. Mehr nicht. Nach etwas über zwei Stunden steht das Cabrio wieder sonor vor sich hin schrabbelnd vor der heimischen Garage. Morgen hat die beiden der Alltag wieder, und die besagten Mühlen laufen wieder an. Aber heute haben wir gesehen, dass der Beau aus Osnabrück es noch immer kann. Vielleicht weckt er bei jungen Menschen in diesem Jahrtausend keine Assoziationen von Italien mehr sondern eher ein Knuddelbedürfnis – aber er macht so viel Spaß wie damals, 1967. Vielleicht sogar noch mehr, denn er kann in einer schnellen, komplizierten und digitalen Welt eine angenehm einfache und entschleunigende Insel sein. Und diese Freude ist zeitlos. So etwas verstehen wohl nur Menschen, die mal ein anderes Auto als ihren effizienten Alltags-Neuwagen gefahren sind. Oldtimer-Liebhaber wie ihr und ich – und ab heute auch Pia und Mira.

Leider schon wieder zurück.

Habt ihr auch einen Oldie, den ihr hegt und pflegt? Dann schaut euch doch mal die Spezialtarife von Hiscox an. Und wer wie ich schwärmend im Netz unterwegs ist nun überlegt, sich einen lang ersehnten Klassiker anzuschaffen, kann natürlich auch mal schauen, was der ihn denn kosten würde. Das sind oft Überraschungen dabei, keine Überraschung wiederum ist der Versicherungsbeitrag für eine Hiscox Oldtimerversicherung (denn den kann man ja vorher erfragen 😉 ). In diesem Fall mache ich gern Werbung. Wir sehen uns auf der Landstraße!

Sandmann

 

VW Karmann Ghia Cabriolet
Baujahr: 1967
Motor: Vierzylinder Boxer
Hubraum: 1.493 ccm
Leistung: 32 KW (44PS) / 4000 U/min
Max. Drehmoment: 100Nm bei 2000 U/min
Getriebe: Halbautomatik, 3 Fahrstufen
Antrieb: Hinterräder
Länge/Breite/Höhe: 4140/1700/1280mm
Leergewicht: 1130 kg
Beschleunigung 0-100 km/h: 28s
Top Speed: 130 km/h
Wert: ca 26.000 Euro
Neupreis 1967: 7.995 DM

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