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Test Renault Captur TCe 155

Published in radical-mag.com

Deutlich besser

Der Captur, der 2013 auf den Markt kam, war so ein bisschen eine Verlegenheitslösung. Zwar ist Renault ja berühmt dafür, noch so manch neues Segment definiert zu haben, doch bei den kleinen SUV waren die Franzosen ausnahmsweise nicht ganz vorne mit dabei. Weil sich aber der – eigentlich sehr clevere – Modus eh nicht so gut verkaufte, bastelte man sich auf die Schnelle auf Basis des Clio ein hochgestuhltes Gefährt, dessen wohl herausragendstes Merkmal die zweifarbige Lackierung war. Das sich dann, selbst für Renault überraschend, derart gut verkaufte, dass dem ewigen Primus Clio in manchen Ländern nur noch die Zwei am Rücken blieb. Renault scheint eh ziemlich gut zu sein in Fehleinschätzungen des Marktes, der Twingo hätte nach Berechnungen der Franzosen zum absoluten Frauen-Liebling und Junglenker-Fahrzeug werden sollen. Wurde er aber nicht, genau so wenig, wie der Kadjar zum Bestseller wurde. Der Captur dagegen schon. Da ist auch irgendwie verständlich, dass auf Basis des Clio V fast zeitgleich auch ein neues Kompakt-SUV vorgestellt wurde, mit quasi allen Ingredienzien, die auch den neuen Clio besser machen sollen.

Die CMF-B-Plattform der RenaultNissanMitsubishi-Allianz ist so etwas wie der MQB der FranzosenJapaner. Es werden wohl noch reichlich Fahrzeuge kommen, auch grössere wie der Megane, und das Ding scheint ziemlich flexibel, der Clio verfügt über 2,58 Meter Radstand, beim Captur sind es 2,64 Meter. Man muss aber nicht das Gefühl haben, dass der Captur, der auch 18 Zentimeter länger ist (4,23 Meter) und 14 Zentimeter höher (1,58 Meter) baut, deswegen auch ein Plus an Platz bieten würde – das verläuft sich irgendwie alles im Design. Das man allerdings durchaus loben darf, denn während der Clio V aussieht wie der Clio IV, wirkt der Captur deutlich moderner als sein Vorgänger – und auch als der neue Clio. Innen muss man dann genau hinschauen, damit man einen Unterschied erkennen kann, die Gestaltung gleicht sich wie kein Ei dem anderen, es geht ja auch um Synergien und Gleichteile und Kostendruck. Über das Bediensystem mit dem grossen Tablet über der Mittelkonsole kann man geteilter Meinung sein, der eine und auch andere Zwischenschritt auf dem Touchscreen ist unnötig, doch das hat man schnell im Griff. Erfreulich ist auch, dass Renault sich beim neuen Captur deutlich mehr Mühe bei der Materialwahl gegeben hat, auch die Verarbeitung macht einen klaren Schritt nach vorne.

CMF-B war aber auch nötig, um den Captur im sehr grob umkämpften Segment wieder auf die Höhe zu bringen. So ermöglicht der Umbau der Lenkung jetzt den Einbau diverser Fahrhilfen, einen adaptiven Tempomaten oder einen Spurhalteassistenten gab es früher nicht (die Frage ist dann: hat jemand den Spurhalter vermisst?). Das Fahrwerk ist einigermassen aufwendig, und das wirkt sich im Fahrbetrieb positiv aus – für ein kompaktes SUV ist der Captur erfreulich fahraktiv, man verspürt wenig Seitenneigung, man verspürt eher sogar die Möglichkeit, den Franzosen ganz flott über Landstrassen zu scheuchen. Da profitiert das SUV auf jeden Fall vom Clio, der ja auch einen Ruf zu verteidigen hat. Im Gegensatz zur sehr präzisen Lenkung nicht ganz auf der Höhe ist einzig der Federkomfort, harte Schläge mag der Captur nicht – die Franzosen haben aus dem Franzosen alles rausgenommen, was man früher als typisch französisch erachtete. Das gibt es unterdessen nur noch bei Citroën.

Sicher nicht unschuldig am guten Eindruck, den wir vom Captur gewonnen haben, ist der Antrieb. Der auch in Mercedessen verbaute 1,3-Liter-Vierzylinder kommt mit dem manuellen 6-Gang-Getriebe auf 130 PS und 240 Nm; unser Testwagen verfügte aber über das 7-Gang-Doppelkupplungsgetriebe von Getrag und durfte deshalb mit 155 PS und 270 Nm antreten. Der kleine Vierzylinder ist ein aufgeweckter Bursche, dreht angenehm hoch, ohne deswegen je laut zu werden, hat auch jederzeit genügend Durchzugskraft. Nicht ganz auf der Höhe ist allerdings die Abstufung und Anpassung des DKG an diesen Motor, zu oft sucht es den richtigen Gang, schaltet auch etwas gar ruppig hinunter; anstrengend sind auch die mindestens zwei Gedenksekunden, bis sich das Stop-Start-System dann wieder in Bewegung setzen will. Fast tendiert man dazu, all dies händisch zu machen – was aber wohl kaum im Sinne des Erfinders ist. Der Verbrauch nach WLTP wird vom Werk mit 6,6 Litern angegeben, das erscheint uns durchaus machbar; unser Testverbrauch lag bei genau 7 Litern. Das darf man für ein doch fast 1,5 Tonnen schweres Fahrzeug noch als so einigermassen ok bezeichnen.

Wenn man sich nun fragt, ob es ein Clio sein soll oder doch allenfalls ein Captur, dann spricht erstaunlich viel für das kompakte SUV. Micht bloss ist das Design moderner, auch bietet der Captur mehr Platz. Das gilt sowohl für die hinteren Passagiere (die Rückbank bleibt längs verschiebbar) wie auch im Kofferraum (395 bis 1334 Liter). Andererseits: der Aufpreis für das Aufbocken ist schon ziemlich happig und beläuft sich auf etwa 4000 Franken (je nach Ausstattungslinie und Motorisierung). Es muss dazu aber auch geschrieben sein, dass der Clio zu einem Kampfpreis angeboten wird. Unser Testwagen mit dem stärksten Motor und als sehr gut ausgestattete «Edition One» kam dann mit ein paar wenigen Extras auf über 35’000 Franken. Nein, Allradantrieb gibt es nicht – aber bald Hybrid.

Mehr Renault haben wir in unserem Archiv.

Der Beitrag Test Renault Captur TCe 155 erschien zuerst auf radicalmag.