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Lancia Trevi Bimotore

Published in radical-mag.com

Testwagen

(Es ist doch schön, wenn die eine Geschichte zur nächsten führt. Nachdem wir gestern eine kurze Story zum Alfasud Bimotore veröffentlicht hatten, machte uns ein Leser auf diesen Lancia Trevi Bimotore aufmerksam – den wir vorher nicht kannten. Zu dem aber die FCA-Heritage-Abteilung schon einmal eine Geschichte veröffentlicht hat. Die wir hier wiedergeben wollen.)

Es gab keine andere Wahl: Der Nachfolger des ruhmreichen, auch von Walter Röhrl so sehr geliebten Lancia 037, der bei der Rallye-Weltmeisterschaft antreten sollte, musste über Allradantrieb verfügen. Um die neue Mechanik optimal studieren zu können, baute Giorgio Pianta einen ungewöhnlichen Prototypen, der mit zwei Motoren ausgestattet war: den Lancia Trevi Bimotore. Im Jahr 1984 sollte dieser Lancia seinen Vorgänger, den 037 mit Heckmotor, ersetzen. Dieser hatte bereits das Wunder vollbracht, im Vorjahr die Marken-Weltmeisterschaft zu gewinnen und hatte dabei mit Allradantrieb ausgestattete Audis und Peugeots auf die Plätze verwiesen. Die technische Überlegenheit ist jedoch ebenso offensichtlich wie die Erkenntnis, dass die neue Erfolgsformel der Rallye der Allradantrieb ist.

 

 

Im Werk von Chivasso machte sich daher Giorgio Pianta (der vielseitig begabte Fahrer, Testfahrer und Abarth-Teammanager) an die Konstruktion und Umsetzung eines Fahrzeuges, in das er zwei Motoren einbaute, um einen Allradantrieb zu erhalten. Als Ausgangsbasis fungierte der neue Lancia Trevi Volumex, der mit seinem 2-Liter-Motor mit Kompressor ein Drehmoment lieferte, mit dem man Ralliess durchaus erfolgreich hätte bestreiten können.

Anstelle der Rückbank baute Giorgio Pianta einen Durchtritt in den hinteren Teil der Karosserie ein, in dem ein Untergestell (weiter vorne ebenfalls vorhanden) befestigt wurde. Hier wurde der zweite, mit dem ersten Motor identische Motor eingebaut. Im Grunde findet sich alles, was an der Vorderachse montiert ist, Motor, Getriebe, Aufhängung, an der Hinterachse noch einmal. Die Hintertüren wurden verschweisst und mit grosszügigen Lüftungsschlitzen versehen, um den zentralen Motor ausreichend zu kühlen. Um genügend Ansaugluft bereitzustellen, wurde auch der hintere Luftabweiser weiter geöffnet. Auch wenn die rote Lackierung und der Zierstreifen mit den Turiner Farben an den Montebello-Farbton der ruhmreichen Fulvia HF erinnerte, verfügte der Trevi Bimotore über keine ausgeprägte Sport-DNA und «Rennblut» – dennoch erwies er sich als effizienter Testwagen.

Die beiden Motoren sind nicht mechanisch aneinander gekoppelt; eine Verbindung besteht lediglich zwischen den beiden Getrieben, was deren Betätigung mit einem Ganghebel und einem einzigen Pedal an beiden Kupplungen ermöglichte. Die beiden Gaspedale hingegen werden mit einem eher schlichten elektronischen System gesteuert, um zu entscheiden, mit welcher zeitlichen Verzögerung Leistung an die Hinterachse abgegeben werden soll. Dadurch wollte Pianta dem Übersteuern entgegenwirken und den Wagen beim Kurvenaustritt schneller machen, um das Maximum aus seiner Kreation herauszuholen.

Das Instrumentenbrett verfügt über zwei Drehzahlmesser; der zweite ersetzt hier den Tachometer. Die zwei zentralen Anzeigegeräte informieren über Wassertemperatur und Öldruck der beiden Motors. Das «außerirdische» Armaturenbrett ist das serienmässig von Mario Bellini gestaltete (und gern mit einem Emmentaler-Käse verglichene(, wobei aber die eine oder andere Leuchte verändert wurde, um beide Motoren unter Kontrolle zu haben. Das Fahrzeug erwies sich zwar als schnell und sehr wendig, hatte aber aufgrund der doppelten Mechanik ein zu hohes Gewicht. Und der «Mittelmotor» neigte zur Überhitzung. Die Pianta-Kreation fand im nächsten Rallye-Lancia, dem Delta S4, doch keine Anwendung. Kurioserweise schaffte aber das eine oder andere Element dennoch seinen Weg in die Strassenversion des S4, zum Beispiel die zentrale Einbaulage des Motors, der in einem «Gehäuse» eingeschlossen ist, um das herum sich der gleiche beige Stoff zieht, mit dem auch das Interieur gestaltet ist. Exakt diese Lösung hatte Pianta auch im Trevi Bimotore umgesetzt. Doch damit nicht genug: Auch die Reifen sind die gleichen wie bei der Strassenversion des S4, weil der Trevi Bimotore u.a. eingesetzt wurde, um die Spezialreifen von Pirelli zu testen, die eigens für den neuen Lancia hergestellt wurden.

Ja, bei uns existiert Lancia noch – zumindest im Archiv.

Der Beitrag Lancia Trevi Bimotore erschien zuerst auf radicalmag.