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Umwege: Verona

Published in radical-mag.com

Antica Bottega del Vini

Es gibt kein Bier. Es gibt auch keinen Kaffee – und Wasser nur nach mehrmaligem Nachfragen – in der «Antica Bottega del Vini». Das steht ja auch klar im Namen, wobei da niemand so ganz sicher ist, wie das Lokal mitten in der Altstadt von Verona denn nun wirklich heisst, ob es nur «vino» ist oder halt doch die Mehrzahl «vini». Was Sinn ergeben würde, dieses Vielfache, denn sie horten über 20’000 Flaschen von rund 4000 Produzenten in ihrem Keller, dazu kommen noch die Schnäpse, teilweise aus dem 19. Jahrhundert, und die Champagner. Ja, es gibt in diesem so sehr italienischen Lokal auch die besten Lagen aus Frankreich, es geht schliesslich um den Genuss, nicht um Patriotismus – ein anständiger Rausch kennt ja schliesslich auch keine Grenzen. Heute gehört das Lokal, dessen Wurzeln auf das 16. Jahrhundert zurückgehen und das kaum Besitzerwechsel kannte, «Le Famiglie dell’Amarone d’Arte», einem Konsortium der zwölf bekanntesten Wein-Produzenten des Valpolicella. Was auch eine Garantie ist dafür, dass hier Qualität serviert wird.

Es ist ganz einfach. Über der Bar hängt eine mächtige Schiefertafel in einem barocken Goldrahmen, auf der das Angebot an offenen Weinen angeschrieben steht. Das Angebot ist gross, die Preise mehr als nur fair. Rechts neben der Bar befindet sich eine Glasvitrine mit Kleinigkeiten, cicchetti, die man gleich im Stehen vernaschen kann, zwei Euro das Stück, Brötchen mit Sardinen, Culatello, Mortadella, Käse mit in Senf(körnern) eingelegtem Gemüse, mostarda, winzige Pfännchen mit Polenta und dieser so grossartig fetten Wurst, cotechino. Man bestellt ein Glas Franciacorta, zwei, drei Brötchen, setzt sich an einen der Tische oder nach draussen oder lässt sich in den hinteren Teil des Lokals treiben, wo weiss eingedeckt ist und abends Klassiker der italienischen Küche serviert werden, das Menu ist wie eine Reise durch ein Kochbuch mit dem Besten, was südlich des Gotthard auf den Tisch kommen kann. Den Cotechino con Cren und Kartoffelstock muss man als Antipasti probiert haben, die drei unterschiedlichen Polente sowieso, bei den Primi ist der Risotto con Vino Amarone gesetzt, bei den Secondi tendieren wir zu den Tintenfischen und dem Brasato und dem Hühnchen, nicht zwingend in dieser Reihenfolge. Oder doch lieber die Spezialitäten des Hauses, die Leber, das Kalbskotelett, die am Knochen gebratene Bistecca? Die Weinkarte umfasst gut 200 Seiten, man kann die Wahl gut dem grossartigen Personal überlassen. Oder unter Hunderten von schon geleerten Flaschen, die als Dekoration dienen, noch mehr Franciacorta trinken. Das ist sowieso nie falsch.

Nein, Parkplätze gibt es keine. Auch in der Nähe nicht. Aber wahrscheinlich ist man eh froh, wenn man noch ein paar Schritte gehen kann, danach. Nein, «radical» sieht kein Problem darin, Automobile und Alkohol in Verbindung zu bringen: Es braucht ja meist ein Fahrzeug, um zu den besten Lokalen zu kommen. Die wir in Zukunft vermehrt auf unseren Umwegen vorstellen wollen. Klar, da gibt es auch eine Adresse: Antica Bottega del Vini, Via Scudo di Francia 3, 37121 Verona, Tel. +39 045 800 4535, www.bottegavini.it.

Der Beitrag Umwege: Verona erschien zuerst auf radicalmag.