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Fahrbericht Porsche Panamera Sport Turismo

Published in radical-mag.com

Benutzerfreundlichkeiten

Das Erstaunliche ist, wie gut so ein Porsche Panamera Sport Turismo als Plug-in-Hybrid das wahre Leben eines (ambiotionierten) Automobilisten abbildet. Er lässt sich so richtig grob treten, macht dann auch jede Menge Freud‘ (ok, er ist vielleicht ein bisschen gross sowie definitiv: schwer), marschiert auch dank Elektro-Boost richtig schön vorwärts. Und dann, wenn wieder einmal gar nichts läuft, also in gefühlt etwa 95 Prozent aller Verkehrssituationen, dann rollt man schönst entspannt über doch längere Strecken rein elektrisch. Und dies sogar noch mit einigermassen gutem Gewissen, weil die beim Angasen zwangsläufig entstehende Wärme der Bremsen wieder schönst rekuperiert wird. Man kann beide Seiten der Medaille, und das fühlt sich irgendwie noch vernünftig an. Und nein, wir wollen das jetzt hier weder ausrechnen noch diskutieren, was das alles wirklich bringt, Plug-in-Hybrid bei einem solchen Fahrzeug, es geht nicht um die Gesamtenergiebilanz und den Energieaufwand bei der Herstellung der Batterien, auch nicht um den gemäss NEFZ absurden Durchschnittsverbrauch und nicht um das zusätzliche Gewicht, das man spazieren fährt (es sind etwa 300 Kilo…), wir nehmen das jetzt mal einfach so hin, als gegeben.

Die 230-V-Steckdose gibt es nur im Kombi (sorry, das darf man ja nicht so schreiben, es heisst: Sport Turismo, weshalb auch immer). Und auch der adaptiver Dachspoiler bleibt eben diesem Sport Turismo vorbehalten (logisch, die Panamera-Limousine in Coupé-Form braucht sowas ja nicht). Die 2+1-Rückbank, die sich im Verhältnis von 40:20:40 umklappen lässt, wird hingegen wahrscheinlich auch bald im klassischen Modell erhältlich sein. Und damit hat es sich dann eigentlich schon mit den Unterschieden zwischen dem kombiförmigen ST und der coupéhaften Limo. Nein, halt, Stopp: 20 Liter (in Zahlen: zwanzig) Liter mehr Kofferraum-Volumen hat die neue Variante auch noch, 520 anstatt 500 Liter (und bei abgeklappten Rücksitzen: 1390 anstatt 1340 Liter). Das ist doch immerhin: ein Koffer. Allerdings ein ziemlich kleiner. Dieser kann dafür über eine deutliche tiefer liegende Ladekante gehievt werden, 15 Zentimeter weniger sind es, und das kann ganz schön viel sein.

Und damit sind wir dann bei der Benutzerfreundlichkeit. Diese nämlich betont Porsche gern beim Sport Turismo. Und dann spricht man noch von Lifestyle. Es ist eine andere Kundschaft, die angesprochen werden soll und kann, vielleicht etwas jünger, vielleicht etwas sportlicher, auch einmal mit dem Fahrrad unterwegs, das dann weggepackt werden will. Und deshalb muss der Wagen dann halt eben auch benutzerfreundlicher sein, solche Kleinigkeiten wie die Steckdose zählen da. Doch seien wir ehrlich: abgesehen von der Marketing-Strategie und dem unterschiedlichen Design ab der B-Säule sind die beiden Fahrzeuge identisch. Das Geld liegt in der Marktlücke, abgesehen von Mercedes hat sonst kein Hersteller so ein Oberklasse-Lifestyle-Gerät im Angebot, und da lassen sich schon neue, auch andere Kunden überzeugen.

Der Sport Turismo fährt sich – wie ein Panamera. Wir fuhren besagten E-Hybrid (462 PS Systemleistung, 2190 Kilo)und auch einen Turbo (550 PS, 2035 Kilo, also 40 Kilo mehr als die Limousine); natürlich macht die böse Version mehr Spass, sie tönt auch massiv besser, sie vermittelt die Strasse besser, sie ist ingesamt souveräner. Auch deshalb, weil sie nicht ständig den richtigen Fahrmodus suchen muss, es gibt da beim Plug-in-Hybriden nämlich schon manchmal eine Gedenksekunde, den Übergang von E auf Verbrenner haben wir bei anderen Herstellern schon sanfter erlebt. Perfekt: das 8-Gang-PDK, bei beiden, sehr sanfte Übergänge (auch unter Volllast), blitzschnell, wenn man mehrere Stufen überwinden will. Auch sonst ist das Fahrverhalten: ausgezeichnet. Mehr als genug Komfort, mehr als genug Sportlichkeit, und wem es noch nicht genug ist, der kann mit den Fahrprogrammen spielen. Ob es ihn schneller macht (oder mehr Komfort bringt), das wollen wir gar nicht wissen. Den Kombi gibt es übrigens nur als Allradler, das ist noch ein Unterschied. Aber Farben und Innenausstattungen, die sind gleich.

Selbstverständlich ist auch innen alles so wie sonst, zumindest für die vorderen Passagiere. Tolles Gestühl. Das haben sie schön hingekriegt im neuen Panamera, auch wenn die Stuttgarter den letzten Schritt nicht gegangen sind, nicht wie Audi beim A8. Weil er aber auch als Sport Turismo bedienungsfreundlich sein soll, gibt es keinerlei Rätsel beim Infotainment und der Connectivity, das versteht sogar unsereins als ü50. Die 2+1-Sitzbank ist, hmm, für die Füx, das Mitteldings ist mehr so eine Strafbank. Und macht die beiden Sitzgelegenheiten aussen auch nicht besser. Aber vielleicht gibt es ja den eiligen Vater, der drei Kinderchen zum Frühchinesisch bringen muss, dann braucht man sowas halt.

Den E-Hybrid Sport Turismo gibt es ab 137’000 Franken (er steht eh ziemlich allein da, ein vergleichbares Fahrzeug gibt es nicht), das ist ein Schnäppchen im Vergleich zum Turbo, der mit 193’500 Franken angeschrieben ist; der Lifestyle-Aufpreis beträgt jeweils 3500 Franken (da ist die Steckdose aber inbegriffen) gegenüber der Limo; die verlängerte Version, Executive, gibt es nicht. Und haben wir eigentlich schon etwas zum Design geschrieben? Der Sport Turismo ist definitiv – cooler. Nicht ganz so sehr Kombi, wie wir uns das gewünscht hätten, wie auch die Studie von 2012 war, aber schon speziell, aussergewöhnlich, mutig. Und solches passt ja dann wieder zu: Lifestyle.

Mehr Porsche haben wir in unserem Archiv.

Der Beitrag Fahrbericht Porsche Panamera Sport Turismo erschien zuerst auf radicalmag.