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Test Opel Zafira

Published in radical-mag.com

Familienmitglied

Andernorts wurde hier auf «radical» schon erwähnt, dass ein MPV einem SUV weiterhin und alleweil vorzuziehen ist, zuletzt im Test des Ford Galaxy. Es gilt dies unbedingt auch für den Opel Zafira, man kennt ihn seit 1999 als sowohl clever wie auch verlässlich, deshalb wurden auch schon fast drei Millionen Exemplare verkauft. Die jüngste Version mag in ihrem Neuheitswert zwar eher enttäuschend sein, doch auch das Verbesserte ist der Feind des schon Guten – und so nimmt man die Anpassungen an die Neuzeit auch bei einem Zafira gerne mit. Denn schliesslich arbeitet Opel auch im Zafira weiter an der Demokratisierung all dieser HiTech-, Infotainment- und Konnektivitätssysteme, die inklusive OnStar zuhauf eingebaut sind. Davon können wir hier aber nicht weiter berichten, es fehlt uns die Phantasie, wie man OnStar denn verwenden könnte; das Navi lässt sich auch ohne Lektüre der Gebrauchsanweisung problemlos bedienen.

Er ist schon als neu erkennbar, der neue Zafira, zumindest von vorne: das Gesicht wurde jenem der restlichen Opel-Familie angepasst und ist jetzt deutlich freundlicher (sowie: langweiliger). Selbstverständlich gibt Opel dem Liebling aller Familien alles an Licht-Höhepunkten mit auf die Strasse, was Opel so zu bieten hat – und das ist ja eine ganze Menge, da gehört die GM-Tochter ja definitiv zu den führenden Herstellern. Es entsteht sogar fast ein wenig das Gefühl, dass der Wagen (also zumindest seine Front) ganz allein um die neuen Lichter herum gezeichnet wurde. Aber die sind ja schon ein Highlight – und es funktioniert auch alles bestens, die selbstabblenden Scheinwerfer können, was der Prospekt verspricht, reagieren wirklich ausgezeichnet auf entgegenkommende Fahrzeuge. Und trotzdem haben wir dann auf «manuelle» Bedienung umgeschaltet, wir möchten die Scheinwerfer halt gerne dann im Einsatz, wenn wir es selber als nötig empfinden, etwa in dunklen Dörfern oder auf engen Landstrassen. Doch das ist auch bei anderen Produkten so.

Wirklich zu loben sind einmal mehr die Opel-Sitze, man fühlt sich auf Anhieb wohl, findet sofort eine gute Position – und ermüdet auch auf langen Strecken nicht. Innen wurde der Zafira ansonsten auf Astra-Niveau gebracht, was bedeutet: klare, einfache Bedienung, viel weniger Schalter und Knöpfchen als bislang zugunsten einer besseren Übersicht, 7-Zoll-Touchscreen. Ergonomisch und haptisch ist der Zafira damit locker so gut wie der Touran, der ihm aus einigermassen unerfindlichen Gründen in Sachen Verkaufserfolg längst davongefahren ist. Denn eigentlich bleibt der Opel ja das gscheitere Auto, flexibler, auch grosszügiger in Sachen Raumangebot, mit deutlich mehr cleveren Detaillösungen. Er kann auch ein Siebensitzer sein, die hintersten beiden Sitzgelegenheiten sind weiterhin im Boden versenkbar; auf längere Strecken möchten dort aber nur kleinere Kinder sitzen müssen. KInder mögen ihn sowieso gern, den Opel, er eignet sich gut für Kletterübungen – und ist auch von hinten her gesehen mit viel Übersicht und Licht gesegnet. Kofferraumvolumen: als Fünfsitzer schon fette 710 Liter, maximal sind es 1860 Liter. Und die sind locker über eine tiefe Kante erreichbar; der Boden ist schön flach. Nein, wir wollen jetzt da nicht schon wieder gegen die SUV wettern, aber sie sind da (und auch beim Raumangebot) halt schon deutlich im Nachteil.

Im Test hatten wir die Top-Motorisierung des Zafira, den 1,6-Liter-Benziner, der zwangsbelüftet 200 PS leistet und ein maximales Drehmoment von 300 Nm zwischen 1700 und 4700/min auf die Vorderräder abdrückt. Damit ist der Opel ausgesprochen souverän motorisiert, da rennt er auf der deutschen Autobahn über 200 km/h als ganz angenehme Reisegeschwindigkeit. Erfreulich ist zudem, dass das manuelle 6-Gang-Getriebe, das zu diesem kräftigen Antrieb geliefert wird, bei weitem nicht mehr so hakelig ist wie frühere Opel-Rührwerke. Dieser böseste Zafira rennt maximal 220 km/h schnell und in 8,8 Sekunden auf 100 – Fahrleistungen, wie sie einst ein Zafira OPC vorweisen konnte. Nicht übermässig begeistert hat uns allerdings der Verbrauch, der mit 7,2 Litern in der Norm schon recht hoch angegeben wird, im Test dann aber bei 8,5 Litern lag. Herausragend ist das nicht, allerdings sei dem Zafira zugestanden, dass wir ihn nicht wirklich geschont haben.

Denn für einen Minivan ist der Zafira erfreulich fahraktiv. Zwar ist die Abstimmung des Fahrwerks ein schöner Kompromiss mit Betonung auf Komfort – der aber auch einer etwas flotteren Kurvenfahrt nicht entgegensteht. Trotz hohem Aufbau spürt man kaum Wankbewegungen, der Opel gibt dem Piloten ein gutes Gefühl; ja, Fahrwerk, das können sie in Rüsselsheim. Die Lenkung ist präzis, die Bremsen kennen auch bei hohen Geschwindigkeiten keine Probleme, wie eine eher grobe Fahrt nach und von Frankfurt aufzeigte (denn Überhol-Prestige hat er keines, der Zafira). Eine Spur mehr Härte würde der Opel aber gut noch ertragen.

Der Einstiegspreis für den erneuerten Zafira liegt bei 25’800 Franken (1,4-Liter-Benziner, 120 PS); unser Testwagen in der Ausstattungslinie Excellence, die dann kaum mehr gross erweitert werden muss, war mit 35’900 Franken angeschrieben. Das erscheint uns als sehr vernünftiger Preis, denn der Zafira bietet wirklich viel Auto, viel Flexibilität, viel Raum – wäre er ein deutlich weniger praktisches SUV, würde er viel mehr kosten. Es verbleibt uns auch deswegen rätselhaft, warum nicht mehr Familien solch einen Mini-Van, solch einen Zafira zum Mitglied machen.

Mehr Opel haben wir in unserem Archiv.

Der Beitrag Test Opel Zafira erschien zuerst auf radicalmag.