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Test Ford Galaxy

Published in radical-mag.com

Schulbus

Die Mini-Vans sind ja arme Schweine. Das Segment ist längst nicht mehr das, was es eh noch nie so richtig war, obwohl es ja wenig vernünftige Gründe gibt, sich anstatt eines, wir nehmen hier jetzt den Ford Galaxy, ein fettes SUV zu kaufen. Man muss es doch klar sehen: so ein Galaxy packt etwas weg. Als 7-Sitzer hat er immerhin noch 300 Liter Kofferraum-Volumen; als 5-Sitzer sind es stolze 1301 Liter, und wenn hinten alles abgeklappt ist, dann sind es 2339 Liter. Damit schafft man den Umzug einer Einzimmer-Wohnung; das schafft so ein SUV nicht. Und auch den Transport von sieben Personen kann so ein Selbstdarstellungsmöchtegern-Offroader niemals im gleichen Stil wie der Galaxy erledigen. In dem man, sofern man nicht gerade eine Basketball-Profi-Karriere im Aug hat, auch in der letzten Reihe ganz angenehm sitzt. Diese hintersten Sitze lassen sich im Galaxy, und das ist endlich wieder einmal eine sinnvolle Weltneuheit, nicht nur auf Knopfdruck abklappen, sondern ebenfalls per Knopfdruck auch wieder hoch. So muss das sein, so ist es gut.

Der neue Galaxy, der wirklich ganz neu ist, nicht bloss so ein dürftiges Facelift, ist eine erstaunlich feine Fahrmaschine. Gut, das ist jetzt nicht das primäre Ziel bei einem Mini-Van, auch ist der Galaxy mit seinen 4,85 Metern Länge und der respektablen Breite von 1,92 Metern sicher nicht das ideale Gefährt, um wild über Nebenstrassen oder Pässe zu hobeln. Aber: er macht tatsächlich Spass. Zu verdanken ist dies sicher der neuen Adaptiv-Lenkung, die beim Rangieren leichtgängig ist, beim flotten Gleiten über die Landstrasse aber fast schon sportlich direkt. Und er ist höchst erfreulich komfortabel geblieben. Was für einen Mini-Van sicher eine gute Voraussetzung ist. Denn solche Fahrzeuge bewegt man ja auch gerne über längere Strecken. Wie das «radical» auch gemacht hat, fünf Personen, zwei Wochen Ferien im Norden (also nicht Badehosen, sondern Gummistiefel), nicht im Hotel (also auch jede Menge Futter). Und es ging nicht nur problemlos, sondern so richtig kinderfreundlich. Denn die sitzen hoch genug, dass sie auch etwas sehen, sowohl nach vorne wie auch aus dem Auto, sie haben genug Platz, um Verstecken zu spielen, und die Soundanlage ist gut genug, um die Eltern zu ärgern.

Womit man aber sonst nicht so ganz begeistert sein kann, ist das restliche Infotainment-System. Ein wichtiges Asset in solch einem Fahrzeug, in dem ja eben auch einmal eine Grossfamilie unterhalten werden will. Einverstanden, die Sprachsteuerung von Ford gehört eigentlich zu den besten, die es überhaupt gibt – und es dürfte an unserem Akzent gelegen haben, dass das Navi nicht alles fand, was wir ihm diktierten. Doch die Bedienung, gerade des Navi, ist einfach zu kompliziert, zu viele Schritte, zu klein alles, während der Fahrt macht man da besser gar nichts. Und das es in diesem ganz neuen System keine aktive Stau-Umfahrung gibt, erscheint uns etwas bitter. Da besteht also schon noch Potential nach oben, gerade auch deshalb, weil das Innenleben sonst sehr angenehm ist, gute Sitze, wohnliche Stimmung, gute Übersicht. Und Ablageflächen ohne Ende. Was dann aber nach den Ferien bei der Reinigung für einige unliebsame Überraschungen sorgte. Und wir haben es schon andernorts geschrieben: Putzen lassen sich diese grossen Ford nur schwer, irgendwie wollen sie sich an Sand, Staub und Krümmeln festkrallen.

Wir fuhren den 180 PS starken Diesel mit Automat und Allradantrieb – und hatten, wie schon erwähnt, ziemlich viel Freude. Es gibt noch mehr Diesel, 120 PS, 150 PS, 210 PS, die meisten auch mit Automat, den 150- und den 180-PS-Selbstzünder sogar mit Allradantrieb, dazu kommen noch zwei Benziner, 160 und 240 PS. Die Qual der Wahl ist also bei den Antrieben gross, dass es 4×4/Automat/Diesel gibt, ist gerade für die Schweiz aber ein gutes Argument. Noch ein gutes Argument: der von uns gefahrene Diesel war erfreulich ruhig, fast nicht zu hören, das dürfte also auch für die anderen Motorisierungen gelten. Und zog mit seinen 400 Nm maximalen Drehmoment, die ab 2000/min zur Verfügung stehen, auch voll beladen noch gut durch. In einem vernünftigen Rahmen befinden sich auch die Verbrauchswerte, zumindest auf dem Papier, 5,9 Liter will so ein mindestens 2,2 Tonnen schwerer Galaxy konsumieren. Das schafften wir dann allerdings nicht, voll beladen auf der deutschen Autobahn waren es dann deutlich über 10 Liter, und auch das Cruisen in der Schweiz schafften wir nicht unter 7.

Es wird dem Galaxy, der auf der gleichen neuen Plattform aufbaut wie der S-Max, trotzdem nicht viel nützen: sie sind einfach zu wenig schick, diese Mini-Van, sie leiden unter dem falschen Image. Arme Schweine. Was sie überhaupt nicht verdient haben, denn sie sind wirklich ausserordentlich praktisch, flexibel, clever. Und sehen doch auch gar nicht so übel aus, oder? Die Preisskala für dieses Vielstzweckauto beginnt bei 40’400 Franken, unser Diesel mit Allradantrieb und Automat war mit ab 51’700 Franken angeschrieben. Das ist ein vernünftiger Preis für so viel Auto, Schulbus, Raumschiff, Reisebegleiter.

Mehr Ford gibt es in unserem Archiv.

Der Beitrag Test Ford Galaxy erschien zuerst auf radicalmag.