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Opel Insignia II

Published in radical-mag.com

Vorher

Solche Veranstaltungen hinterlassen «radical» immer ziemlich hilflos. Da durften wir also einen aussen und innen getarnten Opel Insignia II etwa 20 Kilometer weit fahren, es war dunkel, vorne bremste ein «Pace Car», fahrerisch am anspruchsvollsten waren die zwei Kreisel, ansonsten gab es viel Verkehr; eine Strecke also, die man sich freiwillig so nicht antun möchte. Solche Veranstaltungen macht Opel gerne, das heisst dann «Vaildation Drive», also: Abnahmefahrten, doch bringen tut es halt nicht viel. Geblieben ist uns eigentlich nur eines: ja, der neue Insignia ist leichter als sein Vorgänger, auch agiler. Viel mehr können nach dieser Ausfahrt leider nicht vermelden.

Doch wir haben das Fahrzeug, das neu Insignia Grand Sport heissen wird, ja auch noch gesehen. Und den Sports Tourer auch, beide 1:1. Und Bilder vom Country Tourer. Die alle drei im nächsten Jahr auf der komplett neuen E2-Plattform auf den Markt kommen werden. Und wir wissen, dass er 55 Millimeter länger sein wird (neu also: 4,9 Meter) und 29 Millimeter flacher (neu also: 1,47); wichtiger erscheint der Zuwachs beim Radstand von stolzen 92 Millimetern auf 2,83 Meter, das riecht dann schon fast ein bisschen nach Oberklasse-Innenraum. Tatsächlich erhalten die hinteren Passagiere aber nur 25 Millimeter mehr Knieraum – und trotz der weiterhin sehr deutlichen Coupé-Form auch mehr Kopffreiheit. Interessant: die Sitzposition vorne konnte um 30 Millimeter tiefer angesetzt werden, das ist dann wohl auch der Grund für den «Sport» in der Bezeichnung. Hätten wir nicht darum gewusst, dann wäre uns das aber nicht aufgefallen auf der kurzen Probefahrt – was viel damit zu tun hat, dass Opel seit einigen Jahren wirklich hervorragende Sitze verbaut, man schon im ersten Insignia bestens sass.

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Vom Kofferraumvolumen des Neuen wollte uns Opel noch nichts erzählen, aber es wird sein wie bisher, sprich: reichlich. Und der Sports Tourer hat eine deutlich steiler stehende Heckscheibe als bisher, das riecht fast ein bisschen nach «best of class». An den Country Tourer mit etwas mehr Bodenfreiheit werden wie bisher Plastik-Abenteuer-Teile angeklebt, das kann gefallen. Oder dann halt nicht so.

In Sachen Antrieb verspricht Opel den fortschrittlichsten Allrad im Segment, FlexRide wird noch einmal verbessert, und für ein sportlicheres Fahrgefühl soll «torque vectoring» sorgen. Neu wird es einen 1,5-Liter-Benziner mit 165 PS geben als Basis-Motorisierung, gegen oben ist (vorerst) bei 250 PS aus dem bekannten 2-Liter-Turbo fertig, verbunden mit einer neuen 8-Gang-Automatik, fertig. Selbstverständlich kommt nur die neue Motorengeneration zum Einsatz, auch bei den Selbstzündern, die sollten für einen vernünftigen Verbrauch sorgen. Und in diesem Zusammenhang gibt es die vielleicht grossartigste Verbesserung am Insignia II zu vermelden: bis zu 170 Kilo leichter als vergleichbare Vorgänger-Modelle wird er sein. Oh ja, das ist beachtlich – und dürfte den guten Erfahrungen mit den Astra geschuldet sein. Und jenem Eindruck von Leichtigkeit, den wir auf der ersten Fahrt hatten.

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Und wie schaut das aus? Noch schwierig zu beschreiben. Von der Studie des Monza, die Chefdesigner Mark Adams so gerne als Vorbild, können wir ihm Gegensatz zu ihm nicht mehr so viel erkennen. Im Vergleich zum Vorgänger ist der Insignia II irgendwie ein bisschen: konservativer? Sicher ist: rund ist nicht mehr. Mehr Kante, mehr zugespitzt, also: so ein bisschen Peugeot 508, aber sauberer geschnitten. Überhaupt gefallen auf den zweiten Blick die Vereinfachungen, er wird positiv auffallen, der neue Insignia, keine dieser Wucherungen, die sowieso drei Monate nach der Präsentation schon alt aussehen – er trägt ein Kleid, das nicht so schnell aus der Mode kommen wird. Uns gefällt das Heck besser als die Front, hinten ist alles schön klar, vorne ragt die Nase weit in den Wind, um dann sehr abrupt zu enden (wie bei den neuen Volvo). Beim Kombi gefällt eine Chromleiste, die sich über die gesamte Länge des Dachs hinzieht und den Wagen flacher erscheinen lässt.

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Auch innen erfindet Opel den Insignia neu. Es gibt zwar schon noch Knöpfchen, angeordnet auf drei Leisten, doch auch hier ist die Vereinfachung das oberste Prinzip. Je nach Ausstattung wird die Grösse des Touchscreen angepasst, wer mehr bezahlt, erhält logischerweise mehr. Man darf sich einen Astra vorstellen, aber edler, hochwertiger, noch mehr auf den Punkt gebracht. Und so fühlt es sich auch an, wenn man drin sitzt, also: gut. Direkt vor den Augen des Piloten befindet sich ein zweiter Screen, dessen Inhalt man sich individuell anpassen kann; er ist nicht so gross wie im Passat, aber man muss ja auch nicht alles kopieren. Dass man sich in der Dunkelheit in einem Fahrzeug mit komplett getarntem Innenraum zurecht findet, darf man als gutes Zeichen für eine g’scheite Ergonomie werten.

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Immerhin 900’000 Insignia wurden seit 2009 verkauft. Einverstanden, das ist kein Vergleich zu früheren Opel im Segment der oberen Mittelklasse, aber man muss klar sehen, dass Limousinen nicht mehr Traum aller Kunden sind, auch die klassischen Kombi immer mehr von den SUV bedrängt werden (was man nicht verstehen muss). Dass Opel weiterhin am klassischen Muster festhält, ist löblich – dass man sich selber ein wenig höher als bisher positionieren will, ist auch verständlich. Der neue Insignia wird als Limousine und Kombi in Genf im März 2017 seine Weltpremiere erleben, die ersten Exemplare werden noch im Frühling zu den Händlern rollen.

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In diesem Zusammenhang möchten wir auf unseren Beifahrbericht vom neuen Opel Ampera-e verweisen, wo wir auch ein bisschen etwas zur zukünftigen Strategie und den weiteren Neuheiten von Opel im Jahr 2017 geschrieben haben; gibt es hier. Von einer teilweisen Elektrifizierung des Insignia wollen die Rüsselsheimer aber nichts wissen, obwohl sie gerade 200 Millionen in den Ausbau der Forschung investieren. Und mehr Opel haben wir in unserem Archiv.

Der Beitrag Opel Insignia II erschien zuerst auf radicalmag.