Fahrbericht Porsche 718 Cayman
Gut
Es sei dies klar, deutlich und auch einigermassen emotionsfrei geschrieben. Wenn Sie also einen Sportwagen suchen, eine feine Fahrmaschine, und so 60’000 Franken und ein paar Zerquetschte investieren können, dann kaufen Sie einen Porsche 718 Cayman. So nackt wie möglich (macht ihn leichter), unbedingt als Handschalter (dient auch der Werterhaltung), nicht als S (der kann nur mehr (theoretische) Längsdynamik), nicht als Boxster (das ist kein Sportwagen, sondern ein Cabrio). Also, merken Sie sich: Porsche 718 Cayman. Das Beste, was Sie derzeit für ein noch vernünftiges Geld kaufen können.
Dass der Cayman, eingeführt 2005, schon in der Vergangenheit ein feiner Wagen war, hat er mehrfach bewiesen (siehe auch: GT4). Jetzt haben ihn die Stuttgarter umgetauft (718, in Erinnerung an einen grossartiger Sieger in den 50er Jahren), neu positioniert (das Coupé ist erstmals günstiger als der Boxster) und in vielen Details überarbeitet. Neue Laternen, nur noch zwei Lamellen auf der Seite für die Belüftung des Mittelmotors, andere Türgriffe, Türen mit stärkeren Konturen – so erkennt man ihn auch von aussen. An der Lenkung wurde nochmals geschraubt (10 Prozent direkter), auch am Fahrwerk, selbstverständlich an all den elektronischen Finessen und Fahrmodi und tralala. Weil man es halt kann, wie die Schwaben so gerne sagen.
Entstanden ist dabei der feinste aller Cayman (mit Ausnahme des GT4), den es bisher gab. Dort von Innertkirchen den Susten hoch, eine der schönsten Bergstrassen der Schweiz, teilweise sehr enge Spitzkehren, dann wieder weite, breite, schön geschwungene Landstrassen, dort also ist der 718 Cayman einfach nur die wahre Freud‘. Er liegt wie das sprichtwörtliche Brett, ohne deswegen unkomfortabel zu sein, wunderbarst präzis auch bei hohen Tempi, und dabei immer so freundlich und handzahm, dass man gar nie in Verlegenheit kommt, von Auto und seinen eigenen Fähigkeiten überfordert zu werden. Zum Drift muss ihn geradezu zwingen, auch im schärfsten Modus Sport plus gibt es eine Ewigkeit Grip, bevor er dann hinten ein bisschen geht; gut, beim Rausbeschleunigen aus den Spitzkehren, im ersten Gang, da kann er schon. Aber halt auch dann vorhersehbar, angenehm. Ansonsten ist man einfach nur schnell. Und fröhlich. Und zufrieden. Mehr braucht auch der ambitionierte Sportfahrer wirklich nicht, zumindest nicht auf öffentlichen Strassen.
Der ganz neue Motor, ein Zweiliter-Turbo mit 300 PS, macht das alles auch bestens mit. Ach ja, ein kleines Loch hat er schon, oder schreiben wir: hätte, denn man bewegt einen Porsche ja gern in Drehzahlbereichen, in denen die Zwangsbeatmung sowieso schon sehr aktiv mittut. Oberhalb von 6000/min kommt so etwas wie eine zweie Luft, da schiebt er noch einmal massiv nach, auch wenn die Freud‘ eine relativ kurze ist, man muss ja dann die nächste Welle einwerfen. Aber auch da: perfektes Getriebe, sehr kurze Schaltwege, perfekte Übergänge – ein Traum. Dank Turbo ist das Drehmoment wie eine Wand, viel massiver als im freisaugenden Sechszylinder von früher, was viel zu einer entspannteren Fahrweise beiträgt. In Zahlen: 380 Nm maximales Drehmoment stehen zwischen 1950 und 4500/min zur Verfügung. Mit PDK und Sport-Chrono-Paket rennt der kleine 718 Cayman in 4,7 Sekunden auf 100, unser Handschalter will es in 5,1 Sekunden schaffen. Und gegen oben ist erst beim 275 km/h Schluss. Das ganze Spiel soll sich mit einem theoretischen Durchschnitssverbrauch von 7,4 Liter (PDK: 6,9 Liter) ausgehen.
Aber, ja, selbstverständlich kommt da jetzt auch noch das «Aber»: nein, so richtig berauschend ist die Geräuschentwicklung nicht. 4 Zylinder, Boxer, Turbo, die Voraussetzungen sind schwierig, und wahrscheinlich machen die Stuttgarter Klangkünstler ja das Beste draus. Doch unsere Begeisterung hält sich in eher engen Grenzen; auch bei geöffneter Klappe kommt da nichts, was uns Gänsehaut bescheren könnte. Dies soll auch den ersten Satz dieser Zeilen erklären, jenes «einigermassen emotionsfrei», denn von einem Sportwagen erwarten wir, hmm: mehr. Oder zumindest: anderes. Aber wahrscheinlich muss man sich daran gewöhnen, wie auch an das automatisierte Zwischengas im Sport-Modus, das wir so ein bisschen als Beleidigung unserer eigenen Fahrkünste betrachten. Das braucht es nicht, werte Ingenieure, die einen können es selber – und alle anderen haben es nicht verdient. Und irgendetwas mit der Kupplung ist da auch noch, aber da müssen wir noch nachfragen. Doch wie erwähnt: es sind andere Zeiten, auch Sportwagen sind nicht mehr, was sie einst waren (siehe auch Fahrbericht Ferrari GT4Lusso, jenen ohne T). Die Epoche der wahren Fahrmaschinen ist still und leise gestorben – und sie wird nicht mehr zurückkehren.
Ansonsten ist auch der günstige aller Porsche ein echter Porsche, sehr sauber verarbeitet, schöne Materialien (auch bei den Stoffsitzen), es ist nicht nur alles da, was es braucht, sondern halt noch viel mehr. Sehr gute Sitzposition, bequemes Gestühl auch auf längerer Fahrt (und trotzdem herausragender Seitenhalt). Gleich zwei Kofferräume hat der 718 Cayman, vorne 150 Liter, hinten 275 Liter, das macht ihn auch alltagstauglich. Ansonsten herrscht auf den 4,38 Meter Länge und 1,8 Meter eine angenehme Enge, so, wie man sich das von einem echten Zweisitzer auch wünscht. 1335 Kilo gibt Porsche als Leergewicht an für den Handschalter, das ist ein guter Wert.
Wir wiederholen unsere Einschätzung gerne: der 718 Cayman ist ein wirklich gutes Angebot, unbedingt seinen Preis wert, denn er bringt eine vorzügliche Leistung. Wer mehr (akkustische) Emotionen verlangt von einem Sportwagen, der muss vielleicht bei Alfa Romeo nachschauen – oder bei den Occassionsangeboten, bei den verstorbenen Sechszylinder-Cayman mit Saugmotoren. Es könnte allerdings gut sein, dass der Markt für solche Fahrzeuge bald schon sehr trocken sein wird.
Mehr Porsche haben wir in unserem Archiv. Die Photos stammen von Dirk Michael Deckbar, zeigen auch den 718 Cayman S und entstanden während einer von Porsche Schweiz veranstalteten Probefahrt über die Pässe Furka, Grimsel und Susten.
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