Open Menu
Open Menu
 ::

Chevrolet Impala SS 409

Published in radical-mag.com

Gazelle – bärenstark

Der Impala begann seine Karriere unter nicht besonders begeisternden Vorzeichen: 1958 war er eine Sonderversion des Bel Air, eine Art Versuchsballon von Chevrolet, ein bisschen teurer, ein wenig sportlicher. Doch das galt alles nur für die Optik – die Impala waren 1958 erkennbar an den sechs Rückleuchten, der Bel Air hatte nur deren vier. Was genau daran sportiver sein soll, mag nicht ganz klar sein, aber die Impala-Variante des Bel Air war 1958 derart beliebt, dass es ab 1959 sowohl einen Impala als auch einen Bel Air gab; die Unterscheidung bestand weiterhin in den sechs statt vier Heckleuchten. Schon in seinem ersten Modelljahr war der Impala das meistverkaufte Chevrolet-Modell – was sicher auch seinen eindrücklichen Heckflossen zu verdanken war -, und 1960 wurde er zum meistverkauften Auto der USA. Und das blieb er ein ganzes Jahrzehnt lang. 1965 wurde über eine Million Exemplare verkauft, und mit über 13 Millionen gebauten Fahrzeugen ist der Chevrolet Impala heute noch die meistverkaufte Oberklasse-Limousine der Welt.

Die gewöhnlichen Impala waren ab 1959 einerseits mit einem 3,9-Liter-Reihensechser, aber auch mit dem klassischen Small-Block-V8 ausgerüstet, 283-ci (4,6 Liter Hubraum), den es mit 185 oder satten 290 bhp gab. Doch schon 1958 hatte Chevrolet eine neue Serie von «W»-Triebwerke eingeführt, etwa einen 348-ci (5,7 Liter Hubraum), der mit drei Doppel-Vergasern auf 315 PS kam (bhp, brake horse power, im Vergleich zu den Pferdestärken so etwas wie Pony-Stärken). Mit dem Sechszylinder kostete die Basisversion des teuersten Modells, des Cabrios, 2849 Dollar; den kleinen V8 gab es gegen 118 Dollar Aufpreis. Und auf Wunsch konnte man erstmals in einem Chevrolet auch einen elektrisch verstellbaren Fahrersitz bestellen, der den schönen Namen «Flexomatic» trug.

i_20110208-150414-809

Kurz vor Weihnachten 1960 gab es ein zusätzliches Geschenk von Chevrolet, ein 409-ci-V8 (6,7 Liter Hubraum), der ab 1961 im Impala SS (Super Sport) erhältlich war. Das war dann eine ganz grobe Fuhre, mit zwei Vierfach-Vergasern (die Serie hatte nur einen Vierfachen) waren über 400 PS möglich (sprich: bhp). Der «409» war so ein bisschen der Traum aller Amerikaner, die «Beach Boys» produzierten sogar ein Liedchen mit diesem Titel. Den SS gab es nicht für alle Karosserie-Varianten, nur für den Zwei- und Viertürer sowie das Cabrio, nicht aber für den sechsplätzigen Kombi, der den Beinamen Nomad trug. 1961 wurden aber nur 456 SS verkauft. Die 61er-Impala sahen im Vergleich zu den wilden 58er- und vor allem 59/60er-Modellen sehr zurückhaltend aus – von den Heckflossen war nur noch eine Andeutung übrig.

i_20110208-150505-564

Natürlich war der Impala SS ein ausgezeichnetes Renngerät, vor allem für die seriennahe Stock-Car-Serie. Don Nicholson gewann 1961 die in Europa unbekannten, aber in den USA wichtige NHRA Winternationals in der Klasse der «Stock Eliminator» und konnte diesen marketing-technisch wichtigen Sieg 1962 wiederholen. Doch bei Chevrolet wusste man, dass man kaum mehr Kraft aus dem 409er prügeln konnte. Also verordnete man dem Impala SS – deren stärkste Gegner die aus dem gleichen Konzern stammenden Pontiac Tempest mit ihren 6,9-Liter-Motoren waren – eine Diät. Motorhaube, Kotflügel und andere Teile wurden in Alu gebaut anstatt im üblichen Schwermetall, und so konnten 120 Pfund (54 Kilo) eingespart werden. Der Wagen wog jetzt weniger als 1600 Kilo. Weil vor allem vorne weniger Gewicht verbaut wurde, wurden die hinteren Räder besser belastet, was zu einer deutlich verbesserten Beschleunigung führte. Es gibt verbürgte Zahlen dafür, dass ein 62er Impala Lightweight SS in Indianapolis in 12 Sekunden auf 180 km/h beschleunigt hat. Da ist fast 50 Jahre später ein allradgetriebener und deutlich stärkerer Audi RS6 auch nicht schneller. Die 62er Impala waren im Vergleich zu den 61er eh weniger bombastisch, da passte die Diät noch besser. Ja, das waren noch Zeiten, als die Amerikaner Jahr für Jahr teilweise deutlich aufgefrischte Modelle auf den Markt brachten. Nur 18 Impala SS – von denen nur noch zwei existieren sollen – erhielten diese «lightweight»-Kur im Jahr 1962. Ihr Listenpreis lag bei 3600,25 Dollar. Und eine Handvoll wurde 1963 noch einmal aufgerüstet mit dem mysteriösen Z11-Motor. Aber das ist eine andere Geschichte.

i_20110208-150855-378 i_20110208-150944-527 i_20110208-150822-0 i_20110208-150739-39 i_20110208-150630-172

Der hier gezeigte 62er Chevrolet Lightweight Impala SS 409 stammte aus der berühmten «Muscle Car»-Sammlung von Milton Robson und wurde vor einigen Jahren von RM Auctions für 132’000 Dollar versteigert. Das 61er Impala SS 409 Convertible aus der gleichen Sammlung kam auf 99’000 Dollar. Noch gesuchter als die frühen Impala sind heute jene der Jahrgänge 63 und 64. Die Dinger haben Kultstatus erreicht, wohl auch deshalb, weil noch manch ein Rap-Star so ein Teil in seinen Videos hat auftreten lassen. Und weil sie gern als Basis für einen «lowrider» benutzt werden. Unterdessen gibt es den Impala in der neunten Generation – und leider ist er nur noch ein Schatten seiner besten Tage. Aber so ist das halt bei den Amerikanern – ausser der Corvette und einigen in unseren Breitengraden leider seltenen Mustang ist eigentlich nichts übrig geblieben aus der guten Zeit der «muscle cars».

Mehr schöne Amerikaner haben wir in unserem Archiv.

Der Beitrag Chevrolet Impala SS 409 erschien zuerst auf radicalmag.