Die Alpine-Geschichte
Schöner, schneller
1946
Jean Rédélé wird mit 24 Jahren Renault-Händler in der zerbombten Ärmelkanal-Stadt Dieppe.
1951
Der logische Einstieg in den Motorsport mit einem Renault 4CV – schon sein Vater war Testfahrer bei Renault. Im Lauf der Jahre gelingen ihm Klassensiege bei zahlreichen Klassikern. Sein Talent scheint vorhanden, aber nicht zwingend, ausserdem geht Rédélés Ehrgeiz ohnehin in eine andere Richtung, den eigenen Sportwagen. den eigenen Sportwagen.
1952
Rédélé lässt bei Michelotti eine leichte Alu-Karosserie auf Basis des 4CV entwickeln. Nach einigen Siegen bei unbedeutenden Rennen verkauft Rédélé das Projekt an einen reichen amerikanischen Industriellen, der das Fahrzeug unter dem Namen «The Marquis» auf der Motorshow in New York 1954 präsentiert, danach schläft die Sache ein.
1955
Auf dem Pariser Salon zeigt Rédélé einen Sportwagen, der optisch verblüffende Ähnlichkeit mit dem verkauften Projekt aufweist. Der bedeutendste Unterschied zum «Marquis» entstand eher durch einen Zufall: In Dieppe hatte sich gerade ein Karosseriebauer etabliert, spezialisiert auf die damals exotische GFK-Bauweise. Das gedrungene 4CV-Coupé wog mit Kunststoff-Karosserie nur 500 kg. Wohl um die eigenen Grosstaten zu würdigen – u. a. Klassensiege bei Coupe des Alpes, Monte und Mille Miglia –, nennt Rédélé den Sportwagen Alpine A106 Mille Miglia. Die Alpine-Geschichte beginnt mit 750 ccm und 42 PS in der schärfsten Tuningstufe.
1957
Das grössere und elegantere A108 Cabriolet basiert auf dem neuen Renault-Modell Dauphine, zwei Jahre später kommt ein Coupé dazu. Im Rennsport konzentriert man sich weiterhin auf den A106.
1960
Für einen Einsatz bei der Tour de France 1960 wird die A108 bei der Aerodynamik überarbeitet, Bertone half bei der Umgestaltung mit. Diese A108 Berlinette genannte Rennversion zeigt bereits alle Designmerkmale der späteren A110.
1962
Präsentation der Alpine A110, die nun auf die Technik des Dauphine-Nachfolgers Renault 8 zurückgreift. Wichtigster Unterschied ist eine überarbeitete Heckpartie und ein Zentralrohrrahmen. In die Fiberglas-Karosserie einlaminierte Stahlverstrebungen erhöhen die Festigkeit. Einzelradaufhängung vorne und die für Sportwagen nicht unproblematische Pendelachse hinten stammen ebenfalls vom R8. Scheibenbremsen gibt es trotz des geringen Gewichtes von nicht einmal 600 kg. Am Anfang stehen verschiedene Renault-Motoren zwischen 40 und 70 PS mit maximal einem Liter Hubraum zur Wahl. Im gleichen Jahr beweist Jean Rédélé sein Verkaufsgeschick, indem er einen Lizenzvertrag mit der brasilianischen Tochter des Jeep-Herstellers Willys Overland abschließt. Täglich werden vier Alpine unter dem Namen Interlagos produziert.
1965
Die Lizenzproduktion in Mexiko beginnt unter dem Namen Dinalpine. Zudem darf Rédélé seine Alpine endlich über das Renault-Händlernetz verkaufen. Damit hat er sich endgültig gegen Konkurrenten René Bonnet durchgesetzt, der seinen Mittelmotorsportwagen Djet ebenfalls auf Basis des R8 baute. Gleichzeitig gibt es mit dem Erscheinen des R8 Gordini einen ordentlichen Leistungsschub. Mit diesem Motor hat sich Amédée Gordini selber übertroffen. Der 1100er leistet für damalige Verhältnisse schon in der Serienversion unglaubliche 86 PS, bei durchaus akzeptablen Alltagsfähigkeiten.
1966
Beginn der Lizenzproduktion in Spanien bei der Renault-Tochter FASA. Der Motor aus dem R8 Gordini 1300 eröffnet mit strassentauglichen 115 PS eine neue Leistungsdimension.
1968
Revolution, auch bei Alpine: Beginn der Lizenzproduktion in Bulgarien unter dem Namen Bulgaralpine. Man bezieht ein modernes, vier Mal so grosses Werk am Stadtrand von Dieppe. Und Renault bezahlt nun alle Motorsportaktivitäten. Alpine bedankt sich, indem man bei der Monte mit dem 1300er den Zweiliter-Neunelfern ernsthafte Schwierigkeiten bereitet. Und die Aussichten sind rosig: Mit dem 1,6-l-Triebwerk aus dem Renault 16 TS will man endlich satisfaktionsfähig werden. Gleichzeitig wandert der Wasserkühler nach vorne, um die Gewichtsverteilung zu verbessern.
1970
Die 1600er sind endlich homologiert. Monte geht voll in die Hosen, aber man wagt sich an erste Werkseinsätze jenseits des französischen Horizontes. Jean-Luc Thérier gelingen Gesamtsiege bei der San Remo- und Akropolis-Rallye. Bei der RAC fällt er auf der letzten SP aus, sonst hätte man die Markenwertung vor Porsche gewonnen. Der Titel holperte eh noch ein wenig: «Europäische Meisterschaft für Marken».
1971
Das Jahr des Ove Andersson. Der Schwede war in der Rallyeszene als hoffnungsloser Loser abgeschrieben, zeigte bei der Monte aber den versammelten französischen Alpine-Artisten (man war mit sechs Werksautos am Start!), wie das wirklich geht. Es folgten drei weitere Siege, damit gewann Andersson die Markenwertung quasi im Alleingang. Mit dem A310 wird der Nachfolger präsentiert, der mit seiner grösseren und komfortableren 2+2-Karosserie Porsche endlich auch kommerziell Paroli bieten soll. Vorerst ist die A310 allerdings nur mit dem bekannten 1,6-Liter mit 126 PS erhältlich. Das reicht nicht. Auf den Rallyepisten reicht es auch nicht, da erweist sich die A310 als zu schwer und unhandlich.
1972
Vor allem Getriebeprobleme radieren bei der Monte das komplette Werksteam aus. Maximale Schmach. Den Rest der Saison hält man sich von der internationalen Rallyebühne weitgehend fern und überarbeitet die A110.
1973
Mit Jahresbeginn übernimmt Renault die Aktienmehrheit an Alpine, Jean Rédélé bleibt Vorstandsvorsitzender. Mit dem aufgebohrten 1800er und der moderneren Hinterachse des A310 gelingt in der ersten Rallye-WM ein Durchmarsch. Renault-Alpine wird erster Marken-Weltmeister.
1977
Produktionsende des letzten A110-Modells.
1978
Alpine wird komplett von Renault geschluckt.
Wir bedanken uns bei der «auto revue» für diesen Text. Mehr Alpine gibt es im Archiv, selbstverständlich auch die Neue.
Der Beitrag Die Alpine-Geschichte erschien zuerst auf radicalmag.