Maserati 200S/SI
Der Vernascher
Kundensport wurde bei Maserati immer schon gross geschrieben, und obwohl Maserati mit dem A6GCS immer noch noch respektable Ergebnisse möglich waren, mussten die Italiener 1954 anerkennen, dass dieses Modell nicht mehr ganz vorne mitmischen konnte. Also wurden in Modena gleichzeitig die Modelle 150S und 200S als geeigneter Ersatz entwickelt. Beide Modelle, die unlogischerweise Tipo 53 bzw. Tipo 52 genannt wurden, verfügten über ein weitgehend ähnliches, konventionelles Rohrrahmenchassis sowie über 1,5- bzw. 2-Liter-Versionen eines völlig neuen Vierzylindermotors mit Doppelzündung.
Die Vorderradaufhängung bestand bei beiden Modellen aus herkömmlichen Doppelquerlenkern und Schraubenfedern. Während der 150S hinten mit einem De-Dion-Rohr und querliegenden Blattfedern ausgestattet wurde, musste der 200S – zumindest zu Beginn seiner Karriere – mit einer sehr klassischen Starrachse vorlieb nehmen. Weil sich aber schon die ersten 200S-Kunden beschwerten, wurde die Hinterradaufhängung bei allen Fahrzeugen – bis auf wenige Ausnahmen – geändert.
Die Entwicklung des 200S erwies sich als problematisch, da das Auto bei Langstrecken- und Strassenrennen von Getriebeproblemen geplagt wurde. Die Siege von Jean Behra beim Gran Premio di Bari und Gran Premio di Roma im Jahr 1956 retteten jedoch die Würde der Marke, ebenso wie der gute zweite Platz von Stirling Moss und Cesare Perdisa beim Supercortemaggiore in Monza (hinter dem Ferrari 500 Testa Rossa von Mike Hawthorn und Peter Collins). Die Umstellung auf das Reglement des Anhangs C für das Jahr 1957 führte dazu, dass der Wagen in den 200SI (Sport Internazionale) umgewandelt wurde, der mit einer breiten Windschutzscheibe, zwei funktionierenden Türen, einem Reserverad und einem doch sehr provisorischen Stoffverdeck ausgestattet war.
Als Antrieb kam im 200S ein 2-Liter-Vierzylinder aus Alu zum Einsatz, wie erwähnt mit Doppel-Zündung, hemisphärischen Brennräume, Trockensumpfschmierung, mindestens 180 PS stark. Die Fahrzeuge wurden zumeist von Fantuzzi eingekleidet und wogen etwa 660 Kilo, wohl etwa 30 Exemplare entstanden. Und sie waren schnell, richtig schnell, bei einem Rennen 1956 vernaschte Stirling Moss gleich vier Ferrari 500TR.
Wir zeigen hier Chassisnummer 2427, ein 200 SI aus dem Jahre 1957 mit einem feinen Fantuzzi-Aufbau. Als erster Kunde ist Vincent Dyckman Andrus bekannt, der den Wagen kaufte, um ihn John Fitch für SCCA-Rennen an der Ostküste zur Verfügung zu stellen. Fitch, der den für ihn weiss-blau lackierten Wagen liebte und ihn als eines der Fahrzeuge mit dem besten Fahrverhalten überhaupt lobte, holte sich reihenweise Klassensiege; für die grossen Töpfe reichte es nicht. Später ging 2427 durch die Hände einiger berühmter Sammler, wurde irgendwann wieder rot – und wird am 19./20. August 2022 vom RM Sotheby’s versteigert. Schätzpreis gibt es noch keinen.
(Wir hatten schon einmal eine kleine Story zu den Maserati 200 S/SI, doch da gibt es technische Probleme. Die wir hoffentlich bald lösen könnnen.) Mehr Maserati haben wir in unserem Archiv – und unbedingt empfehlenswert erscheint uns die Story zum grandiosen 450 S.
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