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Ideen

Published in radical-mag.com

Alle Jahre wieder

Sie kennen das: Der Nachwuchs schläft unruhig, man will nur kurz mucksmäuschenstill schauen, sehen ob man die Situation vor der Eskalation noch einmal retten kann und dann passiert es:

Wie eine kleine Explosion, wie vierhundert Nadelstiche auf einmal, fährt es aus dem Fuß direkt ins Hirn. Ein Schmerz fast ohne Gleichen. Vor allem wegen der völligen Unvorhersehbarkeit. Wegen der absoluten Hintertücke.

Ein Legostein.

Schön tief vergraben im Teppich. Listig, gemein. Und mit der vollen Wucht seiner acht Noppen. Druck ist gleich Kraft mal Fläche. Hier steht so ein Legostein in einem klaren Unverhältnis zu unserer vorweihnachtlichen Lockdown-Körpermasse.

Man wünscht diese Erfahrung niemandem. Ganz anders ist das mit dem Bugatti Chiron von Lego Technic. Den wünschen wir eigentlich jedem, auch wenn von ihm nicht nur die Gefahr eines vergessenen Steins ausgeht, sondern derer 3‘599. Aber man baut ihn sowieso gleich besser zusammen und überlässt die Einzelteile nicht dem Nachwuchs.

Warum es dieser Bausatz in unsere Empfehlungsliste für Weihnachten geschafft hat? Weil er nicht nur sehr schön gemacht ist – er steht hier in einer Reihe mit dem GT3 RS, dem Huracan und auch dem neuen Defender – sondern weil man sich in 1:8 ein Auto bauen kann, dass in seiner technischen Wahnwitzigkeit einzigartig ist.

Allein dieser Motor.

Wer den W16-Motor in seinen Einzelteilen zusammenfügt und am Ende ein bewegliches Aggregat auf dem Küchentisch liegen hat, der versteht sofort: so etwas wird es nie wieder geben. Man bekommt wieder ein Verständnis für Diffrenziale, für die Kinematik einer Doppelquerlenkerachse, ja sogar für die verschiedenen Spoiler-Positionen der aktiven Aerodynamik des Chiron.

Und selbst wenn einen die Superlative des 420km/h-Franzosen nicht wirklich interessieren, so ist es dann doch der Akt des Aufbaus an sich, der glücklich macht. Ruhe, Konzentration, ein gutes Glas Wein, oder auch drei.

Eine Funktionsprüfung am Ende ist allerdings dringend empfohlen: Bei uns gab es am Ende des Projekts sechs Rückwärtsgänge und nur einen nach vorn. Es war dann wohl doch vom guten Wein zuviel. Denn an den beiden Anleitungsbüchern, die mit vielen Bildern aus Molsheim für Kurzweil sorgen, kann es nicht gelegen haben, denn sie sind wirklich exzellent gemacht.

Der Preis für den Bausatz variiert, offiziell ist er eigentlich für über 350 EUR angeschrieben, das Internet listet ihn aber deutlich darunter. Für uns ist er nicht nur deshalb eine klare Empfehlung und hat seinen festen Platz im Redaktionsregal gefunden.

Der Beitrag Ideen erschien zuerst auf radicalmag.