Abarth-Alfa Romeo 1000
Fussnote
Es hätte gut sein können, dass ein Automobil, das auf dem Salon von Turin 1958 vorgestellt wurde, zur Fussnote in der Automobil-Geschichte verkommen wäre. Wie die Bezeichnung nun genau war, darüber gibt es verschiedene Aussagen, das Fahrzeug sei hier als Abarth-Alfa Romeo 1000 bezeichnet; der Aufbau stammte von Bertone, gezeichnet hatte ihn (einmal mehr) Franco Scaglione. Und auch wenn es ein sehr hübsches Fahrzeug war, das damals viel Aufmerksamkeit erregte, so war es doch alles unter dem Blech, was wirklich spannend war. Abarth und Alfa Romeo hatten 1954 zum ersten Mal zusammengearbeitet, es entstand ein ziemlich eigenwilliges Gefährt auf Basis des Alfa Romeo 1900, das von Ghia eingekleidet und sehr speziell lackiert wurde. Und ein Einzelstück blieb. Doch beim Abarth-Alfa Romeo 1000 ging die Zusammenarbeit viel weiter – eigentlich hätten beste Voraussetzungen bestanden, dass da eine dauerhafte Kooperation hätte entstehen können. An was es am Ende scheitere, das weiss man nicht mehr – es heisst, Abarth hätten die finanziellen Mittel gefehlt für eine Serien-Produktion. Andere Quellen beschreiben Carlo Abarth als sehr störrisch – und wieder andere die damaligen Strukturen bei Alfa Romeo als zu träg und zu kompliziert.
Abarth war verantwortlich für den Antrieb, Alfa Romeo steuerte die Plattform bei. Und die war sehr interessant, ein von Mario Colucci entworfener Gitterrohr-Rahmen, der nur gerade 50 Kilo wog. Darin eingebaut wurde ein 1-LIter-Vierzylinder, dessen Basis der 1,3-Liter aus der Giulietta war. Alfa Romeo hatte zur Bedingung gemacht, dass der Abarth-Alfa nur in Rennkategorien eingesetzt werden sollte, in denen die Mailänder keine Ambitionen hatten, deshalb wurde der Hub auf 58 Millimeter gekürzt. Die kleine Maschine leistete aber trotzdem 88 PS, geschaltet wurde über ein 5-Gang-Getriebe «System Porsche». Der nur gerade 3,69 Meter lange und 1,20 Meter hohe Wagen wog 640 Kilo. Es heisst, dass mindestens zwei, wahrscheinlich drei Exemplare gebaut wurden – die alle bei den gleichen Testfahrten auf der Avus in Berlin verunfallten. Ein Wrack soll zum Berliner Alfa-Romeo-Händler Herbert Schulze gebracht worden sein, wo es ein junger Mann namens Lutz Colani (später berühmt-berüchtigt als Luigi Colani) sich der Überreste bemächtigte und sie mit einer Fiberglas-Karosse einkleidete; dieses Fahrzeug existiert noch heute. Ob die Unfälle der Grund waren, weshalb das Projekt nicht weiter verfolgt wurde, ist nicht bekannt.
Warum ist dieser Abarth-Alfa Romeo 1000 nun aber doch sehr wichtig für die Automobil-Geschichte? Aus zwei Gründen: Bei der Zusammenarbeit mit Alfa Romeo lernte Carlo Abarth Mario Colucci kennen – und warb ihn gleich mit einem grosszügig dotierten Vertrag ab. Colucci, man darf es nicht vergessen, war ein wichtiger Mann bei Alfa Romeo gewesen, beim 1900er angefangen, doch vor allem zur Giulietta trug er massgeblich bei; der Abgang des Ingenieurs traf die Mailänder hart. Und dann war da noch das Gitterrohrrahmen-Chassis: Alfa Romeo hatte dafür anscheinend nicht nur viel Zeit investiert, sondern auch Geld. Und trieb die Arbeit daran wahrscheinlich auch nach 1958 noch weiter, denn weniger Gewicht war immer ein gutes Argument, insbesondere im Rennsport. Dass man sich an diese Arbeiten erinnerte, als die ersten Gedanken an einen neuen Sportwagen aufkamen (die dann zum TZ führten), das ist: ganz logisch.
Mehr schöne Klassiker finden sich in unserem Archiv. Diese Geschichte steht aber selbstverständlich in einem engen Zusammenhang zu unserer Alfa-Romeo-TZ-Geschichte.
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