Abarth und die Rekorde
Ein Hoch auf den gelben Wagen
Im Sommer 1965 setzte sich Carlo Abarth selber auf Diät. In kurzer Zeit nahm er 30 Kilo ab. Sein Ziel: Er wollte sich in das Cockpit eines Formel-2-Rennwagens zwängen. Und obwohl er ja selber keine Karriere im Automobilrennsport gemacht hatte, wollte er der Welt (und wohl auch sich selber) beweisen, dass er auch mit bald 60 Jahren einen Rennwagen noch so schnell bewegen konnte, wie er das von seinen Fahrern verlangte. Im Oktober 1965 schaffte er höchstpersönlich den 100. Rekord für seine Marke. Und fuhr bei dieser Gelegenheit gleich noch vier weitere Rekordmarken, so etwa die Viertelmeile in 11’55 Sekunden sowie die 500 Meter in 13’37 Sekunden, dies in besagtem Formel-2-Renner, der mit einem etwa 100 PS starken 1-Liter-Motor ausgestattet war.
Carlo Abarth hatte schon früh erkannt, dass Rekordfahrten ein ausgezeichnetes Werbemittel für seine Fahrzeuge waren. Es begann 1956, als ein von Franco Scaglione auf Basis eines Fiat 600 entworfener Einsitzer in der Klasse H den 24-Stunden-Weltrekord auf sagenhafte 3743,6 Kilometer schraubte, was einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 155,985 km/h entsprach. (Dieses Fahrzeug werden wir zu einem späteren Zeitpunkt noch zeigen.)
Es ging fleissig weiter. Pinin Farina zeichnete auch windschnittige Fahrzeuge, ein Fiat-Abarth 600 (mit 747 cm3) schaffte 1957/58 insgesamt 23 Rekorde, darunter auch eine Höchstgeschwindigkeit von 206,8 km/h. Aber am meisten Aufsehen erregten wahrscheinlich jene Rekordfahrten, die zwischen dem 13. und 20. Januar 1958 mit einem Fiat Abarth 500 (Limousine, also 26 PS) stattfanden: In den sieben Tagen schaffte der Winzling eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 108,252 km/h, was das Vertrauen der potenziellen Kundschaft in den Fiat 500 enorm steigerte. Fiat war Abarth ausgesprochen dankbar für die hervorragende Werbung. (Es geschah so etwas wie ein Wunder: FCA Heritage will genau dieses Fahrzeug erst kürzlich entdeckt haben, per Zufall – und zeigte es auf der Retromobile. Wo es allerdings kaum beachtet wurde.)
Doch der Magier hatte noch einen anderen Trick auf Lager: Er berief Journalisten in das Fahrerteam dieser Weltrekordfahrten. Einige von ihnen waren auch dabei, als der gleiche Fiat Abarth 500 im Herbst 1958 in Monza auf kürzere Distanzen auf über 165 km/h getrieben wurde. Die Journalisten schrieben Artikel, in denen sie selbstverständlich ihre eigene Leistung nicht schmälerten – und damit für Abarth ausgezeichnete Werbung machten. Was wiederum Fiat sehr erfreute.
Bei jenen legendären Rekordfahrten in Monza war ausserdem ein 500er-Einsitzer, gestaltet von Pinin Farina, mit von der Partie. Das gelbe Fahrzeug ist heuer in Genf ausgestellt. Auch dieser Wagen, nur gerade 370 Kilo schwer und 36 PS stark, schaffte fast Unglaubliches: In zehn Tagen fuhr er über 28’000 Kilometer weit, dies mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 116,380 km/h.
Mehr Abarth gibt es in unserem Archiv – dort findet sich auch so etwas wie ein Bilderbuch.
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