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Fahrbericht Porsche Panamera GTS

Published in radical-mag.com

Kernbotschaft

Sie machen das schon bravourös, die Porsche-Leut‘. In Häppchen servieren sie ihr Modellprogramm, es gibt wahrscheinlich ein Computer-Programm in Zuffenhausen, das aufgrund der tagesaktuellen Verkaufszahlen auf die Woche genau berechnen kann, wann genau wieder ein neues Derivat auf den Markt kommen muss, damit das Interesse an der Baureihe nicht abflacht, damit Marketingmassnahmen und Presseberichte (wie dieser hier) mit schönen Bildchen und Filmlein wieder oder weiterhin fruchten. GTS ist sowieso ein gutes Anhängsel, das funktioniert bei 911 und 718 so gut wie bei den Nutzfahrzeugen Cayenne und Macan (der ist ja unterdessen auch erneuert), also funktioniert das sicher auch wieder beim Panamera, zum dritten Mal unterdessen. Auf den ersten Blick ist es ja nicht viel, was den GTS von seinen Brüdern unterscheidet, mehr schwarze Anbauteile, mehr Alcantara, mehr Pferdchen als ein S – und das zu einem doch happigen Aufpreis. Nicht nur beim Panamera schliesst der GTS die Lücke zwischen 4S und Turbo – und ist deshalb, und jetzt kommen wir endlich zum Punkt, so etwas wie das Herzstück im Programm, jenes Modell, das am meisten Porsche sein darf. Denn, Hand aufs Herz, all diese Turbo und Turbo S sind des Guten eigentlich: zu viel. Und ausserdem, und darum geht es Porsche in erster Linie: für den Geschäftsgang ist so ein Panamera GTS die wahre Freud‘.

Denn der Preis ist schon sehr wild: ein Basis-Panamera, mit 330 PS nicht wirklich untermotorisiert, ist mit seinen Preis ab 120’100 Franken nicht gerade das, was man ein Schnäppchen nennen würde. Der GTS ist mit seinen 460 Pferden ist nun aber mit 183’600 Franken angeschrieben. Das macht pro PS einen Aufpreis von knapp 500 Franken; gut, die Ausstattung ist auch besser. Aber da kommt ja dann noch so einiges dazu, eines der besten Features, die Vierrad-Lenkung, ist ja nicht inbegriffen – und so wird dann wohl problemlos eine 2 vorne stehen, wenn man da noch ein paar Wünsche in seinen Traumwagen hineinkonfiguriert hat. Es gibt den Panamera GTS ja auch als, nein, wir vermeiden das K-Wort, als Sport Turismo also, da sind dann noch einmal 3800 Franken mehr fällig, a priori. Es ist dies keine Kritik, Porsche hat wohl besser als jeder andere Hersteller verstanden, wie hoch die preisliche Schmerzgrenze zu setzen möglich ist – und fährt deshalb auch die schönsten Margen der ganzen Branche ein.

Die zweite Generation des Panamera ist ja überhaupt eine Freude, dem Vorgänger optisch sicher deutlich überlegen – und als Sport Turismo wirklich aussergewöhnlich. Gerade dem, nein, nicht das K-Wort, stehen die GTS-Insignien bestens, wenn man dann auch noch eine kräftige Farbe wählt, das heftige Rot etwa, das freche Grün, dann ist der Auftritt schon sehr fein. Auch innen mögen wir den Panamera, eigentlich – es kann aber nicht verheimlicht werden, dass es da schon noch etwas gar viele Knöpfe und Schalter gibt auf der Mittelkonsole; da gibt es sicher konsequentere Lösungen. Andererseits ist der Porsche-Kunde wohl etwas konservativer, mehr auf die Fahrfreude konzentriert, und beachtet das alles gar nicht. Nein, die Bedienung gibt keine Rätsel auf, ja, es gibt selbstverständlich alles, was es heute an Connectivity- und über Infotainment-Dingers so gibt, und auch bei den Assistenzsystem steht Porsche sicher nicht hinten an. Die Frage darf aber schon sein, ob so ein standhafter Spurhalter wirklich das ist, was den Geist, den Charakter eines Porsche ausmacht.

Auf der Strasse ist so ein GTS nun auch nicht viel anders als andere Panamera, er gleitet wunderbar, sehr komfortabel, die Langstrecke ist eh sein Ding. Selbstverständlich ist er ein mächtiger Wagen – 5,05 Meter lang – und auch nicht gerade leicht (mehr davon später), doch unter den Limousinen ist und bleibt er der Sportwagen, macht auf der Landstrasse viel Freud‘ mit der sehr präzisen Lenkung, den hervorragenden Bremsen, dem wunderbaren 4-Liter-Achtzylinder mit doppelter Aufladung, der neben 460 PS halt auch noch diese Drehmomentwand von 620 Nm zur Verfügung stellt. Geschaltet wird über das bekannte 8-Gang-Doppelkupplungsgetriebe, das «benchmark» ist in der Industrie – und die Kraft auf alle vier Räder verteilt. Selbstverständlich gibt es verschiedene Fahr-Modi, «Sport» ist in 95 Prozent aller Fahrsituationen die beste Wahl. Wenn man es wissen will, geht er in 4,1 Sekunden von 0 auf 100 km/h, oben ist erst bei 292 km/h Ende (Sport Turismo: 289 km/h). Und der Verbrauch soll trotzdem bei noch moderaten 10,3 Litern liegen (Sport Turismo: 10,6 Liter).

Uns war aber auch noch das Vergnügen gegeben, den Panamera GTS ausführlich über die Rennstrecke zu hauen. Es ist zwar schön, dass Porsche diese Möglichlichkeit bietet, obwohl wohl nicht viele Panamera-Kunden beim Trackday auflaufen. Und ja, auf dem Track merkt man dann halt auch, dass der GTS zwar der Sportwagen unter den Luxus-Limousinen ist, aber auch ziemlich genau 2 Tonnen schwer. Da schiebt ganze Wagen in schnellen Kurven nach aussen, auch das beste Fahrwerk – und das im gegenüber einem 4S um 10 Millimeter tiefer gelegten GTS gehört dazu – kann die Gesetze der Physik halt nicht durchbrechen; wir mussten dann teilweise schon etwas andere Radien fahren als der 911 Turbo S vor uns. Und was uns auch aufgefallen ist, etwas, was uns auf der öffentlichen Strasse nicht aufgefallen wäre: die Vorderachse ist eine Spur zu weich. Wenn man dann massiv auf der Bremse in einen engen Bogen einlenkt, dann taucht er etwas gar tief ein, und dann muss man ihn gut festhalten, dann geht auch ein bisschen die Präzision verloren. Andererseits: wie er da Runde um Runde um den Kurs zog, immer volles Rohr und ohne die geringsten Schwächen, das ist dann schon sehr beeindruckend. Nein, der Panamera GTS ist definitiv keiner dieser aktuell zu sehr überhand nehmenden reinen Längsdynamiker, er kann Kurven – er kann ganz viel Fahrspass.

Ja, so ein K, tschuldigung, Sport Turismo als GTS in Rot, das wäre ziemlich genau unser Ding; wir sind auch ein bisschen erstaunt, dass wir diese Karosserie-Variante nicht öfter sehen auf unseren Strassen. Es geht nicht um die 20 Literchen mehr Laderaum, es ist eine reine Frage des (guten) Geschmacks. Oder doch lieber ein neuer 911er?

Mehr Porsche haben wir in unserem Archiv.

Der Beitrag Fahrbericht Porsche Panamera GTS erschien zuerst auf radicalmag.