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Test Nissan X-Trail

Published in radical-mag.com

Im Flow

Eigentlich hatten wir noch einen Espresso trinken wollen. Doch dann haben wir angeregt geplaudert und waren schon über die Grenze, und dann waren es nur noch 200 Kilometer bis ans Ziel, also haben wir es dann halt ohne Halt durchgezogen. Völlig entspannt, locker, den Tempomat gesetzt, der Wagen fuhr uns einfach. Auch nach Paris und zurück transportierte er uns absolut problemfrei, einmal tanken, das war’s. Wir erfreuten uns an der angenehmen Ruhe, wir sassen auch auf diesen langen Strecken sehr bequem – genau so, wie es auf langen Reisen sein soll. Früher hätte man solches gerne in einer grossen Limousine gemacht, doch wir hatten einen Nissan X-Trail, ein SUV, schwarz – und es war so, wie es sein musste. Nein, keine schweissnassen Hände ob eines allzu groben Vorwärtsdrangs, auch kein Herzklopfen, weil so wunderschön, aber: zuverlässig, cool, easy. So und so souverän, wir müssen es eingestehen, hätten wir es nicht erwartet.

Der X-Trail ist der grössere Bruder des ewigen Bestsellers Qashqai. Und auch noch der Nachfolger des nicht mehr angebotenen Qashqai 2+2; es gibt ihn deshalb auch als 7-Plätzer, mit einer dritten Sitzreihe. Mit 4,69 Metern Länge ist er ziemlich genau 30 Zentimeter länger als sein kompakterer Bruder – und bietet reichlich Kofferraum, nämlich 565 Liter, mit abgeklappter Rücksitzbank sind es fast 2000 Liter (Qashqai 430 bis 1585 Liter). Es ist allgemein gut, das Raumangebot, vorne ist es fast schon luftig, die Passagiere in der zweiten Reihe beklagen sich sicher nicht über mangelnde Bein- oder Kopffreiheit, und, eben, er packt so richtig reichlich weg. Und das auch noch über eine schön tiefe Ladekante in einen sehr ebenen Laderaum. Halt noch etwas, was man gerade auf längeren Reisen schätzen wird. Das Problem ist so ein wenig: je nach Ausstattung liegt die Zuladung dann bei nur noch knapp 500 Kilo – das ist nicht so richtig grosszügig. Aber wir haben es halt auch mit bis zu 1,9 Tonnen Leergewicht zu tun, wie etwa bei unserem Testwagen, einem voll ausgestatteten 2-Liter-Diesel, Automat und Allradantrieb.

Dieser Selbstzünder ist ein sehr freundlicher Zeitgenosse. Man hört eigentlich nicht, dass es sich um einen Diesel handelt – spürt es aber, denn die 177 PS und vor allem das maximale Drehmoment von 380 Nm schon bei 2000/min sorgen für ein anständiges Vorwärtskommen. Zwar nennt Nissan für den Paradesprint von 0 auf 100 km/h eine nicht gerade berauschende Zeit von 10 Sekunden (und eine Höchstgeschwindigkeit von 196 km/h), doch er fühlt sich recht flott an, der Japaner (die bei diesen Fahrleistungsangaben eh deutlich zurückhaltender sind als die manchmal etwas gar optimistischen Europäer). Etwas gar optimistisch ist Nissan dafür bei den Verbrauchsangaben: die 6 Liter im Schnitt schafften wir bei weitem nicht. Mit viel (ausländischer) Autobahn kamen wir auf 8,2 Liter im Durchschnitt, in der Schweiz waren es 7,5 Liter. Klassenbester wird der X-Trail damit nicht, aber man braucht da schon ein wenig zu relativieren, die ansprechenden Fahrleistungen und das grosszügige Platzangebot kommen halt nicht gratis.

Bei der Gestaltung des Innenraums folgten die Japaner nicht den jüngsten Mode-Trends. Der zentrale Touchscreen ist relativ klein, es gibt noch so einiges an Knöpfchen und Schalterchen, nicht nur in der Mittelkonsole, sondern auch links vom Fahrer und auf dem unten abgeflachten Lenkrad. Auch gibt es reichlich Plastik, immerhin aber nicht in der harten Version, sondern haptisch ganz angenehm. Dank grosszügigem Einsatz von Klavierlack entsteht aber doch ein hochwertiger Eindruck – und irgendwie ist die Bedienung trotz allem logisch, rätselfrei. Und irgendwie schätzen wir es auch, wenn sich die Lüftung blind bedienen lässt, wenn es noch einen anständigen grossen Knopf gibt, über den sich die Lautstärke regeln lässt, wenn der Tempomat sich mit dem Daumen bedienen lässt. Denn da ist noch ein Punkt: die Qualitätsanmutung im X-Trail ist bestens, man hat das Gefühl, da könne gar nichts kaputtgehen. Da kann der Nissan allgemein gelobt werden, keine Geräusche, kein Knacken, auch auf schlechten Strassen nicht; das schafft Vertrauen.

Wie zwischen den Zeilen schon erwähnt: das Fahrverhalten des X-Trail ist ebenfalls lobenswert. Er ist ist ein SUV, kein Sportwagen, für die Hatz über den Berg wird man ihn nicht an oberste Stelle der Wunschliste setzen. Doch er ist sehr übersichtlich, man sieht alle vier Ecken und Enden, die Lenkung ist präzis genug und vermittelt eine gute Rückmeldung von der Strasse, so dass man auch durchaus sportlich um die Kurven mag. Die Seitenneigung und die Wankbewegungen halten sich in Grenzen, dies im Gegensatz zum Komfort, der vorbildlich ist. Und so fährt man dann halt locker, easy, sucht auch gar nicht nach Limiten – und wird ganz entspannt ans Ziel kommen.

Den auch optisch zurückhaltenden X-Trail gibt es ab 28’290 Franken. Mit dem 2-Liter-Diesel, Automat, Allradantrieb sind ziemlich genau 40’000 Franken fällig – damit ist der Nissan kein Schnäppchen mehr. Doch es scheint uns dieses Verhältnis von Preis zu Leistung ein faires, er kann noch so manches gut, der Japaner, und noch mehr sehr gut. Es ist halt auch ein gutes Gefühl zu wissen, dass man eigentlich gar nichts falsch machen kann mit diesem Wagen. Und dann sind ja auch noch die Wiederverkaufswerte gut. Was wiederum am guten Gesamtpaket liegt.

Mehr Nissan haben wir in unserem Archiv.

Der Beitrag Test Nissan X-Trail erschien zuerst auf radicalmag.