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Pascal Schmutz

Published in radical-mag.com

Produkt, Produkt, Produkt

Und dann sagt Pascal Schmutz* etwas Erstaunliches: «Wenn man auf einem sehr hohen Niveau kocht, dann hat man mehr Zeit». Deshalb sei er damals, als er im Waldhaus Flims im Restaurant Epoca als Küchenchef arbeitete, viel unterwegs gewesen, mit dem Auto, mit dem Fahrrad, auch zu Fuss. Und weil ihm der Beruf des Kochs auch eine Berufung ist, hat Schmutz sehr viel Zeit investiert, um lokale Produzenten zu besuchen. Doch es ging ihm dabei nicht nur darum, die besten Produkte der einheimischen Bauern, Winzer, Bäcker zu finden, sondern: Menschen. Kenner. Freunde. Schmutz: «Ich bin ständig auf der Suche nach innovativen Produzenten, deren Gemüse, Fleisch oder Fisch einzigartig schmecken, ich suche ich nach Partnern, die auch mutig genug sind, mich in den Produktionsprozess zu integrieren». Denn Schmutz geht es immer auch um Diskussionen, Ideen, Inspirationen: Er hat zwar meist schon eine klare Vorstellung davon, was er haben will, doch er hört halt gerne auch zu. Weil er weiss, dass der Bäcker mehr von Brot versteht als er selber, dass der Bauer die Natur besser kennt, dass der Winzer tiefer im Wein drin ist – dass man den Spezialisten vertrauen kann und soll.

Es sind viele schöne Freundschaften entstanden in jenen Jahren. Jetzt ist «radical» mit Pascal Schmutz im Volvo XC90 CC unterwegs im Bündnerland, um einige dieser Freunde zu besuchen. Es ist für Schmutz auch eine Einkaufstour, er hat all diese Beziehungen über Jahre gepflegt, er holt den seinen geliebten Completer bei Donatsch in Malans persönlich ab, er will wissen, wie es weitergeht mit «seinen» Hühnern, er will sich selber ein Bild machen, wie es nach diesem traurigen Frühling aussieht im Rebberg und in den Gärten. Der riesige Kofferraum des Volvo wird voll werden auf dieser kleinen Genuss-Reise. Und man darf froh sein, dass man mit dem Auto unterwegs ist mit ihm, denn Schmutz sagt auch Dinge wie: « Manchmal braucht es nicht viel. Schon ein Sturz während einer Radtour in den Bergen, bei dem ich bis zum nächsten Brunnen von Sand-, Laub- und Erdgeschmack im Mund begleitet werde, inspiriert mich zu neuen Gerichten».

Der Seeländer Pascal Schmutz ist ein ganz besonderer Koch. Er hat eine steile Karriere hinter sich, lernte sein Handwerk von der Pike auf etwa im Chesa Pirani in La Punt und bei Pierre-André Ayer in Fribourg, arbeitete lange für und zusammen mit Ivo Adam, war dann Küchenchef im Vitznauerhof, im BamBou in Luzern, im Epoca in Flims, schliesslich Geschäftsführer und Küchenchef im Zürcher in-Lokal Kaufleuten. Er ist nicht der typische Koch mit grosser Wampe und viel Sitzfleisch, er ist jung, sportlich, dynamisch, sieht auch weit über den Tellerrand hinaus. Er interpretiert das Kochen sehr modern, will allen Trends voraus sein (und macht sie nicht mit, wenn er sie als sinnlos erachtet), versteht mindestens so viel von Unternehmens- und Teamführung wie von Saucen. Schmutz, weit gereist und vielsprachig, wird nicht überall geliebt, weil er halt auch einmal deutlich ausspricht, was ihm nicht passt, in der Szene, in der sich selber gern bemitleidenden Branche, doch an seinen Kochkünsten gibt es keinen Zweifel.

Philipp Grendelmeier ist auch so ein schräger Kerl. Kein Wunder, dass Schmutz und der studierte Lebensmittel-Ingenieur sich so gut verstehen. Der ins Bündnerland ausgewanderte Zürcher sagt von sich: «Ich bin ein Rebell». Und: «Ich muss mit dem Kopf durch die Wand». Es dauerte viele Jahre, bis er seinen Wein endlich dort hatte, wo er ihn haben wollte: eigenständig, intensiv, naturnah – und vor allem: authentisch. In diesem konservativen Geschäft macht man sich damit nicht nur Freunde, doch Grendelmeier, der auch mit Kraft Gitarre spielt, ist immer seinen Weg gegangen. Und das nicht nur bei seinen Reben, die auf rund 550 Meter über Meer auf einem Rüfischuttkegel gedeihen, sondern auch mit seinen Früchten. Auch da steckt ganz viel Herzblut und noch mehr Arbeit dahinter. Wie bringt man das alles unter einen Hut? «Ach, eine Trennung von Arbeit und Freizeit kenne ich nicht», erklärt Grendelmeier mit seinem ansteckenden Lachen, «ich mache das, was ich mache, gern – oder gar nicht». Schmutz sitzt im gemütlichen Weinkeller neben Grendelmeier, er nickt; die beiden verstehen sich auch ohne Worte. Was auch deshalb verständlich ist, weil die Säfte, Konfitüren, Schäpse und der Balsamico von Grendelmeier ziemlich sprachlos machen.

Genau wie Philipp Grendelmeier ist auch Roman Clavadetscher ein Berg (und Bild) von einem Mann; wenn er den schmächtigen Pascal Schmutz in die Arme nimmt, dann verschwindet der Koch unter den Schultern des Bio-Bauern. Doch es ist auch eine äusserst herzliche Umarmung, mit der sich die beiden Männer begrüssen – es ist dies nicht das Verhältnis von Produzent zu Kunde, es ist dies viel mehr. Schmutz hatte einst ein paar vielleicht wirr erscheinende Idee, mit Schokolade oder Trüffel gefütterte Hühner wollte er haben; ob Clavadetscher damals den Kopf geschüttelt hat ob des eigenartigen Ansinnens des Kochs, das wollen die beiden nicht erzählen. Doch Clavadetscher hat einige Ideen von Schmutz umgesetzt – und beliefert heute mit seinen Bio-Bio-Bio-Hühnern einen schönen Teil der Schweizer Spitzen-Gastronomie. Man ist fast ein bisschen eifersüchtig auf das Getier, das in einer schönen Landschaft friedlich im Freien mit anderen Hühnern aufwachsen darf, viel Platz hat, auch Zeit.

Clavadetscher bittet aufs Feld. Er hat da Knoblauch angebaut. So ganz frisch hat die Knolle eine Kraft, die wunderbar ist. Doch da wächst oben auch ein Blütenstengel, der ist noch viel gehaltvoller. Schmutz probiert – und entwickelt sofort neue Ideen, wie er das Gewächs verwenden könnte. Asiatisch inspiriertes Süppchen vielleicht? Gibt es einen Moment im Leben des 32jährigen Pascal Schmutz, der derzeit als Geschäftsführer der Basler Osteria Acqua wirkt, in dem er nicht ans Essen, ans Kochen denkt? Schmutz: «Als leidenschaftlicher Tüftler hole ich mir meine Ideen ausserhalb der Küche mitten in der Stadt oder in der Natur. Wenn ich sagen würde, dass sich mein ganzes Leben ums Kochen dreht, wäre es vielleicht ein wenig klischeehaft. Aber mit gutem Essen lebt es sich definitiv besser». Clavadetscher hätte noch ein paar glückliche Gänse. Und Enten. Und sofort beginnt Schmutz damit, in seinem Kopf Gerichte zu kreieren. Süsskartoffeln baut Clavadetscher seit diesem Jahr übrigens auch noch an, ein teures, für das Bündnerland bisher einmaliges Experiment – und es ist ziemlich wahrscheinlich, dass Schmutz auch zu seinen Kunden gehören wird, irgendeine Idee wird er noch haben.

Die Winzerstube Ochsen in Malans ist die nächste Station. Es ist dies einerseits ein sehr sympathisches Haus (Öffnungszeiten: bis Feierabend…), anderseits ein auch international hoch angesehenes Weingut. «Seit fünf Generation lebt die Familie Donatsch für den Wein», sagt Martin Donatsch, der erst gerade kürzlich Christina Aguilera einen Degustationskurs gegeben hat («sie war zu Beginn schon etwas zickig»). Sowohl der Chardonnay wie auch der Pinot Noir von Donatsch sind weltberühmt, sogar ins berühmte Restaurant «Noma» in Kopenhagen haben es die Weine der Bündner geschafft. «Doch hauptsächlich beliefern wir die Schweizer Spitzen-Gastronomie», erzählt Martin Donatsch, der wie sein Vater Thomas sehr frankophil ist, was man seinen Weinen auch gut anmerkt. Kein Wunder, dass in den ausgedehnten Kellern des Ochsen alle grossen Namen und hervorragenden Jahrgänge der Spitzenweine aus Bordeaux und dem Burgund lagern. Die man übrigens in der Winzerstube, in der ausgezeichnete Kleinigkeiten auf den Tisch kommen, auch zu sehr fairen Preisen trinken kann.

Schmutz macht eine Fassprobe des letztjährigen Pinot Noir, lässt sich von Donatsch die Feinheiten erklären. Doch eigentlich kommt er aus einem anderen Grund: Bei Donatsch kauft er sich Completer, ein spezieller Wein einer autochtonen Sorte, die einst fast ausgestorben war und von der Familie Donatsch wieder gepflegt wurde. Schmutz liebt die spezielle Säure dieses Weissweins, der sich auch gegen gut gewürzte Gerichte behaupten kann. Das passt bestens zu einer seiner Devisen in der Küche: «Es soll im Mund knallen – ohne, dass man dabei auf ein harmonisches Geschmackserlebnis verzichten muss». Oh ja, gern würde man noch sitzen bleiben auf der lauschigen Terrasse im Ochsen, den schönen Geschichten des eloquenten Martin Donatsch zuhören, so ein bisschen Wein degustieren, doch der Volvo ruft, als nächste Station wartet; es haben sich unterdessen sowieso schon mehrere Stunden Verspätung aufsummiert, weil überall länger geplaudert und gesessen wurde als geplant.

Schmutz ist ein begeisteter Volvo-Fahrer, seit vielen Jahren amtet er als Marken-Botschafter für die schwedische Marke. Erst kürzlich hat er einen V90 CC übernommen, er schätzt aber bereits die Ruhe und den Komfort in diesem Wagen, «ich bin ja viel unterwegs, mache viele Kilometer». Der Koch, sonst immer auf Strom, fährt ruhig, besonnen, kennt sich im Bünderland aus wie in seiner Hosentasche. Wir sind ein bisschen erstaunt, dass der Weg mitten ins Churer Industriequartier führt, wir hatten eine winzige Bäckerei mit Holzofen in einem kleinen Dörfchen erwartet. In der Bäckerei Merz werden wird von Andreas Romer, dem Geschäftsführer, schon sehnlichst erwartet. Er hat eine kleine Versuchsanordnung aufgebaut mit Broten, die in Zusammenarbeit mit Schmutz entstanden sind.

«Brot ist die Visitenkarte eines guten Restaurants», sagt Schmutz, «und Brot gefällt mir extrem in seiner Vielseitigkeit». Das darf man wörtlich nehmen, denn in enger Zusammenarbeit mit Roni Merz und Andreas Romer hat Schmutz seine ganz eigenen Brote entwickelt, etwa eines, das blau schimmert. «Ich wollte ein Brot, das schmeckt wie der Rhein hier oben im Bündnerland, also nach frischem Wasser, kühl», erzählt er mit einem Lachen, während Romer die Augen verdreht. «Er hat manchmal schon sehr eigenartige Vorstellung, der Pascal», sagt der Bäcker – und erzählt, wie er dann einfach geräuchte Forellen-Filets in den Teig gegeben habe, damit das Rhein-Brot so schmeckt, wie es sich Schmutz vorgestellt habe. Und tatsächlich: das blaue Brot schmeckt frisch, etwas metallisch – und nach Fisch. «Solche Brote können wir in der Bäckerei nicht verkaufen, das will niemand – aber für die Spitzen-Gastronomie passt es bestens», meint der Unterländer mit dem roten Bart. Weitere Variationen, die sich Schmutz erdacht hat: ein Randen-Flieder-Brot, leicht erdig von den Randen, schön leicht und süss vom Flieder. «Grossartig», sagt Schmutz selber. Und dann probieren wir noch das «Sterneföifi»-Brot, das an den berühmten Wurst-Grill in Zürich erinnern soll, also Wurst und Senf und Brot in einem Brot. Und ja, es funktioniert.

Eigentlich wollten wir ja noch weiter, in die Fleischtrocknerei Bischofsberger in Churwalden, in die Sennerei Andeer, in die Ranch Farsox in Bad Alvaneu. Alles Freunde von Schmutz, bei denen er ganz besondere Produkte einkauft – und mit denen er ganz besondere Projekte aufgezogen hat. «Der Alois macht in Churwalden seit Jahren Salsiz zersermich zuerst trockengelagert – und dann zwei Monate noch im Nierenfett aufbewahrt. Es war, Entschuldigung, so richtig geiles Fleisch», erzählt er. «Und der Floh von der Sennerei Andeer ist ein wunderbarer Philosoph, ich schätze es sehr, mich mit ihm auch über das Leben zu unterhalten. Er hat recht, wenn er sagt: Im Sommer reinigt die Alp den Menschen, im Winter reinigt sich die Alp vom Menschen». Doch es ist schon zu spät, wir werden diese Produzenten auf einer anderen Reise mit Schmutz besuchen. Oder sollen wir doch noch nach Bad Alvaneu? «Die Forellen muss man probiert haben, geräucht sind sie sensationell» ist Schmutz enthusiastisch, möchte noch aufbrechen, noch hinfahren. Die Liebe dieses Kochs zu «seinen» Produkten ist nicht bloss ansteckend, sondern auch höchst bewundernswert – als Gast bei Schmutz wird man das zu schätzen wissen.

*Pascal Schmutz ist einer der schillerendsten Jungstars in den Schweizer Küchen – und auch deshalb Marken-Botschafter von Volvo. Und er zeichnet sich nicht bloss durch Charme und Geist aus, sondern fast noch mehr durch seine ganz besondere Liebe zu speziellen Produkten.

Photos: Valeriano di Domenico.

Die Adressen:
– Pascal Schmutz an der Arbeit findet man in der Osteria Acqua, Binningerstrasse 14, 4051 Basel, Tel. 061/564 66 66, www.acquabasilea.ch.
Die hier vorgestellten Produzenten können – gern auf Voranmeldung – auch besucht werden:
– Philipp Grendelmeier, Grendelmeier Weine, Im Tschalär, 7205 Zizers, Tel. 081/300 02 70, www.zizerser.ch
– Roman Clavadetscher, Oberdorfgasse 17, 7208 Malans, Tel. 081/322 66 50, www.gallina.bio
– Winzerstube zum Ochsen, Martin Donatsch, 7208 Malans, Tel. 081/322 11 17, www.donats.ch
– Bäckerei Merz, verschiedene Standorte in Chur, www.merzchur.ch
– Alois Schlager, Haupstrasse 64, 7075 Churwalden, Tel. 081/382 11 39, www.bischi.ch
– Sennerei Andeer, 7440 Andeer, Tel. 081/661 13 15, www.sennerei-andeer.ch
– Ranch Farsox, Sola Dafora, Farsox 2, 7473 Alvaneu-Bad, 078/621 76 46, www.ranch-farsox.ch

Mehr Food-Stories gibt es in unserem Archiv. Diese Story entstand im Auftrag von «Vectura».

Der Beitrag Pascal Schmutz erschien zuerst auf radicalmag.