Lancia Rally 037
Heckschleuder
Irgendwann war dann auch die Zeit des grandiosen Stratos abgelaufen. Doch Lancia wollte unbedingt weiterhin Rally-Sport betrieben. Viel Geld kosten durfte es allerdings nicht, und so ersann man sich in Turin, in enger Zusammenarbeit mit Abarth und Pininfarina, ein Fahrzeug mit dem Projektnamen SE037. Aus dem dann die wenig schöne Bezeichnung Lancia Rally 037 wurde; auch die Italiener sind manchmal etwas trocken.
Das Reglement verlangte die Verwendung der Fahrgastzelle eines Serienprodukts, also nahm man einen Lancia Beta Montecarlo, setzte ihm den bekannten 2-Liter-Lampredi-Vierzylinder vor die Hinterachse, gab dieser Maschine noch einen Roots-Kompressor mit auf den Weg – und damit war das Gerät eigentlich schon fertig. Als Design konnte man den Entwurf von Pininfarina nicht wirklich bezeichnen, da folgte die Form extrem der Funktion. Und da hatte Lancia noch eine gute Idee: alle wesentlichen Bauteile des Fahrzeugs waren mit Schrauben und Muttern in nur gerade zwei unterschiedlichen Grössen befestigt. Das vereinfachte die Servicearbeiten – und brachte dem Lancia oft den entscheidenden Vorteil bei den Rennen.
Trotzdem: Eigentlich hatte er ja keine Chance, der Rally 037. Audi fuhr schon den quattro, Peugeot den 205 T16 – und der Lancia verfügte im Gegensatz zu seinen 4×4-Konkurrenten nur über Heckantrieb. Trotzdem gewannen die Italiener 1983 mit dem 037 die Marken-Weltmeisterschaft, Walter Röhrl wurde Zweiter in der Fahrer-Wertung, Markku Alen Dritter. 1985 kam dann das richtige Gruppe-B-Vieh von Lancia, der Delta S4, der wieder alles in Grund und Boden fuhr.
Insgesamt wurden 257 Exemplare des 037 gebaut. 200 davon in der Version «Stradale». Die hatten dann im Gegensatz zum Rennfahrzeug anstatt bis zu 335 PS nur 205 PS, doch das reichte für mehr als nur anständige Fahrleistungen des über ein ZF-5-Gang-Getriebe geschalteten Lancia, der nur auf etwa 1100 Kilo kam. Das Fahrverhalten wird als abenteuerlich bezeichnet, doch das darf wohl so sein bei einem Wagen, der in den Händen
von Profis nur Rennen gewinnen wollte.
Bis vor kurzem gab es gute Exemplare noch für 100’000 Franken zu kaufen, dann ging aber die Post ab, 2015 wurde so ein Stradale für 336’000 Euro versteigert. Es ist aber davon auszugehen, dass die Preise für solche Lancia weiter anziehen werden, auch deshalb, weil die legendäre Marke unter der Führung von Sergio Marchionne ja einen langsamen, qualvollen Tod sterben musste. Und weil solche Sportwagen aus den 80er Jahren weiterhin sehr begehrt sind. Und weil der 037 zwar ein Tier ist, aber im Unterhalt trotzdem nicht das ganz grosse Geld kostet, sprich: bei historischen Rennen eine sehr gute Figur macht. Fahrzeuge mit Renngeschichte kosten mindestens rund das Doppelte eines Stradale.
Gerne machen wir auf die wunderbare Story von Fabian Mechtel aufmerksam, der mit Walter Röhrl über den 037 gesprochen hat, hier. Mehr Lancia haben wir im Archiv.
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