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Fahrbericht Nissan Micra

Published in radical-mag.com

Was wirklich zählt

Etwas darf man bei all dem Hype um die SUV nicht vergessen: Kleinwagen sind es, die weiterhin am meisten gekauft werden. Und mit gekauft meinen wir: mit dem eigenen Geld bezahlt, nicht von der Firma oder der Bank. Doch in diesem B-Segment ist halt viel weniger Marge als bei Premium oder eben den SUV, deshalb gibt es auch kaum noch Bewegung, deshalb werden jene Fahrzeuge, welche die «echte» Kundschaft wirklich interessieren, von den Herstellern etwas stiefmütterlich behandelt. Doch jetzt passiert endlich wieder etwas, den C3 von Citroën durften wir schon fahren und haben ihn bereits vorgestellt, jetzt kommt hier auch noch der Fahrbericht Nissan Micra (und es folgen dann auch noch der Suzuki Baleno und der Ford Ka+). Der Japaner ist einer der erfolgreichsten Kleinwagen der vergangenen drei Jahrzehnte – und soll Nissan auch im B-Segment wieder auf die vorderen Plätze der Verkaufsrangliste bringen. Was in den vergangenen Jahren ja nicht mehr der Fall war, die vierte Generation Micra war im Vergleich zu seinen Vorgängern so etwas wie ein Flop.

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Würde allein das Design, der erste Blick von aussen zählen, dann würde dem Erfolg des Nissan Micra wohl nichts im Wege stehen. Das sieht gut aus, nicht mehr nur niedlich und kugelig (und langweilig) wie bisher, sondern fast schon ein wenig sportlich. Dass man da auch ein wenig Renault Clio sieht beim Micra, das ist nicht weiter überraschend: die beiden Fahrzeuge teilen sich die Basis (und werden auch auf dem gleichen Band gebaut, bei Renault). Auch dagegen ist nichts einzuwenden, der Clio gehört zu Recht zu den Bestsellern im B-Segment – und weil es ja immer um die Verbesserung der Marge geht, ganz besonders bei den Kleinwagen, sind solche symbiotischen Verbindungen innerhalb eines Konzerns ein vernünftiger Weg.

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Die Japaner arbeiten beim neuen Micra gerne mit farblichen Akzenten, Orange spielt da eine wichtige Rolle. Diese Möglichkeiten zur Personalisierung dienen in erster Linie der Verbesserung der Marge und sind ja längst mehr als nur eine Mode – und würden sie von der Kundschaft besser und häufiger genutzt, dann wären unsere grauen Städte fröhlichere Orte. Ob das beim Micra funktionieren wird (wie etwa beim Mini oder dem Fiat 500), wird sich dann weisen müssen; 125 Varianten soll es geben, aber sehr wild ist das Angebot im Gegensatz zu anderen Anbietern nicht, da bleiben die Japaner – wie immer – zurückhaltender.

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Unser Proband, ein silberner Micra mit orangen Anbauteilen aussen, wurde auch innen von der Farbe Orange dominiert. Und dominiert ist das richtige Wort – wir fühlten uns fast ein bisschen erschlagen. Überhaupt ist das Innenleben des Micra ein wenig ein Fragezeichen, ein etwas gar wilder Mix von Materialien, von Retro und doch Moderne. Die Übersicht und auch die Bedienungsfreundlichkeit halten sich in eher engeren Grenzen – da hätten die Japaner wohl besser mehr Elemente vom Clio übernommen. Oder noch besser: von den neuen Renault wie dem Megane oder dem Scenic, denn der Clio ist ja unterdessen auch schon fünf Jahre auf dem Markt. Die Sitzposition ist erstaunlich tief, die Sitze sind erstaunlich hart, das Raumgefühl leider auch nicht gerade überragend; da gibt es schon eine ganze Reihe von Kleinwagen, die sich bedeutend weniger als ebensolche anfühlen. Nissan bittet uns in diesem Zusammenhang zu bemerken, dass es sich bei den zur Verfügung gestellten Testwagen um «early prototypes» handelt. Was wir hiermit getan haben.

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Ob sich da noch grosse Unterschiede zu den Serienprodukten ergeben werden, wissen wir nicht. Am Fahrverhalten hatten wir nämlich nichts zu bemängeln, das macht der Kleine gut, auch wenn seine Abstimmung eher auf der sportlicheren Seite liegt. Das bedeutet aber auch, dass man den Micra ganz schön flott in die Kurve jagen kann, da bleibt er erfreulich lange neutral. Er lenkt präzis, er bremst anständig – was man von einem modernen Kleinwagen auch erwarten darf. Einzig auf schlechten Strassen rumpelt er ein bisschen, aber dies dürfen wir wohl wirklich den «early prototypes» zuschreiben.

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Das Fahrwerk würde denn auch stärkere Maschinen ertragen als das Angebot, mit dem der Micra Anfang des nächsten Jahres zu den Händlern rollen wird. Es ist dies ein 1,5-Liter-Diesel aus der Renault/Nissan-Allianz, den wir nicht gefahren sind, sowie ein 0,9-Liter-Dreizylinder aus eigener Entwicklung, beide mit Turbo und 90 PS; nachgereicht wird noch die Sauger-Version des Dreizylinders, diese dann mit 73 Pferdchen. Übermässig viel Saft ist das jetzt nicht, es ist sogar eine eher lahme Sache, mehr so ein «gasoline-to-noise-converter». Man muss dann da schon immer im richtigen der fünf Gänge sein, sonst kommt die Fuhre kaum vom Fleck. Der Diesel kann das wahrscheinlich besser als der Benziner; leider ist noch keine dieser Versionen homologiert, deshalb gibt es auch keine Angaben zum Drehmoment und dem Verbrauch. Immerhin ist das Getriebe aber gut abgestuft, die Wege angenehm kurz – und der Ganghebel liegt bestens zur Hand. Wie auch immer: einmal mehr fragen wir uns, ob Downsizing bei den Motoren wirklich der richtige Weg ist, denn man muss ihn ordentlich treten, den Micra, damit er vorwärts eilt. Was sich nicht unbedingt positiv auf den Verbrauch auswirken muss. Und ja, auch in Sachen Geräuschentwicklung ist der Japaner dann auch mehr auf der offensiveren Seite; immerhin tönt der Dreizylinder nicht wie ein kaputter Staubsauger.

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Eines der entscheidenden Kaufargumente bei den Kleinwagen ist sicher der Preis. Bloss, auch darüber können wir noch nichts erzählen. Und deshalb ist es auch schwierig, den Micra endgültig einzuordnen. So rein optisch macht er sicher eine deutlich bessere Figur als sein Vorgänger, was ihm auch zu deutlich mehr Erfolg verhelfen dürfte. Aber ob er damit gleich zum grossen Renner wird, der kleine Nissan, wird sich noch weisen müssen.

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Mehr Nissan haben wir in unserem Archiv.

Der Beitrag Fahrbericht Nissan Micra erschien zuerst auf radicalmag.