Der Fusselblog Test: Der neue Audi A3 (8V)
Es ist ein Experiment von beiden Seiten. Audi wagt es bewußt einen Altmetallblogger einen Neuwagen testen zu lassen und ich als Altmetallblogger wage mich in einen Neuwagen. Glücklicherweise hatte ich mit Wolfram von EinfachNachhaltig jemand an meiner Seite, der sich mit neuer Technik auskennt, wie man sie bedient und was sie können sollte, denn ehrlich gesagt: Ich beschäftige mich nicht wirklich mit dieser Technik. Mein jüngstes Auto ist 30 Jahre jung. Dafür traue ich mich, so einen Wagen schamlos durch die Kurven zu dreschen - eine gute Kombination.
Die Karosserie
Die dritte Auflage des A3 läßt sich eindeutig noch als Audi A3 erkennen. Die Grundform ähnelt den beiden Vorgängerversionen, wobei das Gesicht noch aggressiver geworden ist durch die Scheinwerfer, die es auch als reine LED Version geben wird.
Auch die zweigeteilten Heckleuchten sind neu, nehmen die Familienerscheinung der Audi Familie auf.
Der neue A3 ist das erste Fahrzeug auf der neu entwickelten Plattform, auf der später dann auch die Geschwister aus dem Konzern, also der VW Golf, der Skoda Octavia und der Seat Leon basieren werden.
Es ist schon interessant, wie man versucht, Autos effektiver zu machen. Das geht über die Aerodynamik und das Gewicht. Ganz klar - freistehende Stoßstangen sind in der Sicht von Freunden der Altautotreter hübscher, aber Luftwiderstandtechnisch eher suboptimal und inzwischen sucht man selbst am Unterboden noch Optimierungsmöglichkeiten. So haben die kleineren Motorisierungen eine strömungsoptimalere Hinterachse, die stärkeren Motorisierungen eine für die Performance optimierte Hinterachse. Beim Gewicht setzt man auf die Kombination von hochfesten Materialien, um mit weniger Material größere Stabilität zu bekommen und auf leichte Materialien. So konnte gegenüber dem Vorgänger anständig Gewicht gespart werden. Trotzdem ist der Kompaktwagen ca. 100kg schwerer, als ein VW Passat 32B Variant aus den 80ern, der einfach weniger Ausstattung und Technik mitschleppen mußte.
Das Interieur
Für mich, als Mensch über 2m, war natürlich interessant: Bietet der neue A3 auch genug Platz für so große Menschen. Ich habe verschiedene Ausstattungsvarianten getestet. Höhen- und tiefenverstellbares Lenkrad und vernünftige Kopffreiheit machen den Wagen wirklich komfortabel zu fahren, wobei man in der S-Line Ausstattung merkbar höher sitzt und nicht ganz so angenehm ist. Bei großen Fahrern, also nicht nur bei mir als Riese, seh ich den A3 als 2 Sitzer, denn will man vorne bequem sitzen, reicht der Platz hinten nicht mehr wirklich aus, um da bequem zu sitzen.
Die Mittelkonsole ist breit, als großer Mensch hat man stets Vollkontakt mit dem Bein an der Konsole.
Und dann natürlich die Katastrophe für mich als Kettenraucher: Den Aschenbecher muß man extra bestellen. Von den Testwagen hatte keiner einen, er wird wohl in einem der Becherhalter untergebracht. Eine Lösung, die ich eher Lieblos empfinde unter dem Motto: Na gut, wenn Ihr unbedingt einen Aschenbecher braucht, dann improvisieren wir einen rein. Etwas absurd: Trotzdem hat jeder Wagen einen Zigarettenanzünder, damit der Wagen eine Bordsteckdose hat. Den Anzünder an sich könnte man dann auch weglassen. Was zündet man damit an, wenn man keinen Aschenbecher für Zigaretten hat?
Das Cockpit an sich ist sehr gefällig gestaltet und wird dominiert von 4 Luftausströmern.
Die Größe und Anordnung der Düsen erinnert mich ein wenig an den guten alten Mercedes W123, bei dem ich diese Düsen immer als störend empfand. Beim Audi ist das aber nicht so, hier sind die an ein Raketentriebwerk erinnernden Düsen ein nettes Designelement.
Insgesamt ist alles sehr hochwertig verarbeitet, manches für einen Altautofahrer gewöhnungsbedürftig, wie z.B. daß die Handbremse keinen simplen Hebel hat, sondern nur einen kleinen Knopf hat, der Platz sparen soll. Das schafft Platz für andere Bedienelemente, wie das Bedienelement für das Navi, Radio etc. Und der Drehknopf auf der Mittelkonsole ist gleichzeitig auch ein Touchpad, auf dem man Buchstaben malen kann, anstelle zu tippen.
Ein sichtbares Radio sucht man vergeblich, alles läuft über das Display auf dem Armaturenbrett. Vorbei die Zeiten, wo man sich im Zubehör das neuste Radio geholt hat und ins Armaturenbrett geschraubt hat. Die Entertainmenteinheit sitzt im Handschuhfach und kann da mittels SD Karte etc. gefüttert werden, oder über ein iPhone etc. in einem Ablagefach in der Mittelkonsole.
Die Elektronik
Womit wir auch schon bei der Elektronik wären. Hier kann man den A3 wirklich mit jeglichem Schnickschnack wählen. Ich drücke es mal so aus: Es geht komplett ohne, aber so manches ist wirkliche nice to have. Nehmen wir z.B. die adaptive cruise control.
Ist diese abschaltbare Funktion aktiviert, bremst der Wagen automatisch herunter, wenn man einem vorausfahrenden Fahrzeug zu nahe kommt. Gerade bei langen Autofahrten und daraus resultierender nachlassender Konzentration ein nettes Feature. Genau wie Funktionen, daß in Tunneln das Licht automatisch angeht etc.
Das Navi fand ich teilweise etwas verwirrend. Sowohl ich als auch mein Mittester sind mehrfach verkehrt abgebogen, weil die Anweisungen entweder sehr spät oder mißverständlich angegeben wurden. Ob das mangels Gewöhnung war oder da Nacharbeit nötig ist, will ich dahingestellt lassen. Die Anbindung an Google Earth konnten wir nicht richtig testen - auf Mallorca ist die UMTS Abdeckung nicht optimal. Allgemein muß man sagen, um alle Features komplett nutzen zu können, sollte man sich intensiver einarbeiten - nur macht das jeder? Hand aufs Herz: Kennt Ihr alle Funktionen Eures Smarthandys?
Ich bin da - übrigens genau wie beim Handy - Purist. Ich brauch das alles einfach nicht. Und wieder einmal aus Sicht des Altwagenfahrers gesehen: Was ein Auto nicht hat, kann auch nicht kaputt gehen. Solange das Auto neu ist, sind das schöne und teilweise durchaus sinnvolle Spielereien, kommt der Wagen in die Jahre, wird das schwierig zu reparieren, wenn es einmal ausfällt. Da kommt man mit 17er Schlüssel, WD40 und etwas Improvisationstalent nicht weiter.
Der Antrieb
Der neue A3 startet mit 3 verschiedenen Motorisierungen. Einem 1,4er TFSI mit 122PS, einem 1,8er TFSI mit 180PS und einem 2,0er TDI mit 150 Gäulen. Ende des Jahres kommt noch ein 1,6er TDI dazu mit 105PS.
Wir konnten auch den "kleinen" Diesel Probefahren. Und selbst der erscheint nicht untermotorisiert. Ich fand gerade den Probe zu fahren interessant im Vergleich zu meinem Alltagsauto, einem 30 Jahre alten Urgestein von Turbodiesel ohne Elektronik und "nur" ausgelutschten 84PS. Die Beschleunigung aus dem Stand ist akzeptabel und durchaus subjektiv besser, als die beim Technikopa, beim Überholen fehlte mir aber ein wenig der Kick, weshalb ich bei einer Überlandfahrt dann doch auf einen Überholgang verzichtete. Sportlich gefahren, was man durchaus damit kann, ist der angegebene Durchschnittsverbrauch von 3,8l auf 100km vollkommen utopisch. Bei mir pendelte sich die Verbrauchsanzeige um die 7l Diesel ein - Werte, die ich auch mit der vorsintflutlichen Technik hinbekomme, wenn ich ihn trete.
Die Top Motorisierung mit 180PS macht natürlich mehr Spaß, wobei mir da etwas die Sound Emotionen fehlen. Klar, man hört, daß es ein Turbo ist, aber ich hätte mir ein böseres Geräusch gewünscht. Aber das paßt nicht zum angestrebten Image.
Die Getriebe, egal ob S-tronic oder 6gang Schalter, schalten Sauber, die Kombination von Automatik und Schalter in der S-tronic mit Doppelkupplung hat was, kommt der Faulheit entgegen und bietet trotzdem die Option zum autonomen schalten.
Die Dämpfer, Lenkung etc. lassen sich elektronisch durch verschiedene Einstellungen auf Sportlichkeit, Komfort oder Effizienz einstellen. Und es gibt den Wagen sowohl als Frontkratzer, als auch als Quattro. Doch selbst als Frontkratzer kommt man gut durch die Serpentinen von Mallorca. Da entscheidet dann eben das fahrerische Können und nicht das blinde Vertrauen auf die Technik.
Mein Fazit
Es ist ziemlich offensichtlich, welche Zielgruppe Audi mit dem neuen A3 ansprechen will. Er verbindet viele Ausstattungsmerkmale und technische Lösungen, die man eigentlich eher in der Oberklasse suchen würde mit einer kompakten Karosserie. Es ist sicherlich auch durch den Preis kein Einsteigerauto für den Fahranfänger oder der Allrounder für die junge Familie, sondern eher das Zweitauto für den gehobenen Anspruch, oder der Wagen für den finanziell ausgeglichenen Fahrer, der ein übersichtlich kompaktes Fahrzeug haben will, dabei aber auf die Annehmlichkeiten einer Oberklasselimo nicht verzichten will. Und aus der Perspektive gesehen ist das Konzept rund und die Umsetzung gelungen.
Um dem Wagen wirklich auf den Zahn zu fühlen, dafür war das Lifestyle Event auf Mallorca sicherlich nicht die optimale Gelegenheit. Dafür gab es zu viele verschiedene Variationen des Wagens zum testen, zu wenig Autobahn und - ich gebe es ganz offen zu - dafür fehlen mir als Altautotreter auch die Vergleichsmöglichkeiten zu anderen Fahrzeugen aktueller Produktion. Ich bin eben kein Neuwagentester, es war ein schöner Ausflug ins "andere Lager".
Ob der Wagen jemals in der Oldtimerszene ankommen wird, steht noch in den Sternen. Denn sicherlich hat er - wie die meisten aktuellen Autos - das Problem, daß vieles nur mit viel Elektronik realisiert werden kann. Und Elektronik ist schön, solange sie funktioniert. Reparieren will und kann man das aber nicht mit Hausmitteln. Das wird ein Fall für Experten...
Die Berichte der anderen Bloggern zum Thema (Liste wird noch erweitert, viele fahren erst in den kommenden Wochenenden zum Test nach Mallorca):
- Autorild
- SmartDroid
- Audi4ever
- MobiFlip
Original: Fusselblog