Der Über-Leichenwagen: Mercedes Benz 600 (W100)
Der 600er Benz ist ein Kuriosum der Automobilgeschichte. Mercedes baute 1964–1981 den Überbenz ohne Rücksicht auf Verluste - denn Verluste machten sie mit dem Wagen, der als Imageträger produziert wurde und nicht, um direkt Gewinn zu erwirtschaften. Er war in vielen Ländern die bevorzugte Staatslimo und ich muß sagen: sehr eleganter und auch technisch interessanter und potenter Wagen, aber mit normalem Geldbeutel nicht zu bezahlen UND zu unterhalten.
Kann man das noch steigern? Man kann. Man könnte aus dem Wagen einen Leichenwagen bauen. Und so stieß ich auf eine sehr spannende Autovita. Ich liebe solche Geschichten, deshalb habe ich sie für Euch einmal zusammengefaßt.
Ein niedersächsischer Großbauer kaufte sich 1967 einen neuen 600er Mercedes. Damals war der Wagen champagnerfarben metallic mit grüner Innenausstattung. Er war mit dem Wagen eigentlich mehr als zufrieden, aber irgendwann brannte seine Frau mit ihren Liebhaber durch in eben jenem Mercedes und ließen den Wagen einfach am Flughafen von Paris herrenlos stehen. Als der Bauer den Wagen zurückbekam waren zu große schmerzliche Erinnerungen an dem Wagen, daß er ihn 1968 unter Wert an die Bestattungsfirma Holthoff in Hannover verkaufte mit der Auflage, daraus einen Leichenwagen zu bauen. Den Umbau bewerkstelligte die Firma Pollmann. Und ich finde, die haben das wirklich gut hinbekommen, bei dem Wagen stimmen die Proportionen sehr gut.
Daß in dem Fall die hinteren Seitenscheiben die gleiche Höhe, wie die Scheiben der Türen haben, läßt den Wagen so wirken, als ob er so vom Band gerollt wäre und nicht nachträglich umgebaut. Gut, vorne könnte er für meinen Geschmack tiefer zur Erde, aber lassen wir das Kopfkino...
Von hinten sieht man, aber, daß es ein Umbau ist - aber durchaus erträglich.
Der Erstbesitzer soll der Legende nach dem Umbau Bilder von dem Wagen an seine Exfrau geschickt haben. Manche Menschen haben eben einen teuren Humor...
Die Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre wurde der Wagen normal als Bestattungsfahrzeug genutzt und danach wegen technischer Mängel ausgemustert. So gammelte er jahrelang bei einem Händler in Hannover - vermutlich leider im Freien.
Ende der 90er kaufte der amerikanische Mercedes Spezialist Middelhauve den Wagen und holte ihn in die USA, um ihn zu restaurieren. Der Unterbau des Wagens war aber inzwischen so verrottet, daß dieser sich zu einer Radikalaktion entschied. Er setzte den Leichenwagenaufbau auf einen anderen 600er Mercedes.
2004 wurde der Wagen reimportiert nach Deutschland, wo er erneut von Pollmann bearbeitet wurde. Hier wurde der Sargraum an die deutschen Anforderungen angepaßt, da die Amerikaner offenbar ein anderes System haben, was die Füße der Särge angeht. Inzwischen ist dieser Leichenwagen wieder als Bestattungsfahrzeug im Einsatz. Er gehört dem Bestattungsinstitut Baur in Ehingen und wird da in den Sommermonaten eingesetzt. Das Bestattungsinstitut vermietet den Wagen aber auch an andere Bestattungsunternehmen für Überführungsfahrten, es besteht also die Möglichkeit sich deutschlandweit bei seiner letzten Fahrt mit Stil kutschieren zu lassen. Der letzte Wagen ist eben immer ein Kombi...
Quellen: MB Exotenforum, Bestattungskultur, Bestattungsinstitut Baur
Original: Fusselblog