Die "Hure" - Bauernbenz für den Urlaub
Genau genommen war der Urlaubsbenz - liebevoll "Hure" getauft, nur zu 25% mein Auto. Wir teilten uns das Auto unter 4 Freunden, um damit nach Spanien in den Urlaub zu fahren.
Ich weiß das Baujahr gar nicht mehr genau, es war auf jeden Fall ein 240er Diesel. Ein Schleppanker. Harald, einer aus der Mafia, arbeitet damals bei einem Mercedeshändler als Gebrauchtwagenverkäufer und besorgte die Karre. Auf ihn war der Wagen auch angemeldet, deshalb war keine 907 auf dem Kennzeichen. Beim Kauf war der Kühler am Sack und Harald lies einen neuen einbauen. Wäre es nach mir gegangen, wäre da sicher ein Gebrauchtteil drin gelandet. Vor der Abfahrt Richtung Spanien wurde der Wagen auf der Auffahrt meiner Eltern noch gepimpt. Sprich wir verklebten irgendwelche wild ausgeschnittenen Fetzen DCV-Fix Folie auf den Wagen und diverse Milchwerbung. Thomas - ein weiterer Eigentümer des Wagens, war der Sohn des Chefs eines Milchhofes.
Legendär: Der Pornoneer Kleber auf der Heckscheibe. Zusammengesetzt aus 2 Pioneer Aufklebern.
Natürlich war eine 907 auf dem Auto in Form eines gefakten Rallye Aufklebers. Den fehlenden Stern ersetzten wir passend zum Thema Spanienurlaub gegen einen Gummistier. Das war so ein wabbeliges, hohles Gummiteil, das hätte sicherlich sogar der TÜV abgesegnet.
Wir hatten auch "Ministerstander", das waren Papierfähnchen - natürlich vom Milchhof. Die Milch macht’s. Die hielten natürlich den Fahrtwind nicht aus, die kamen erst am Urlaubsort zum Einsatz.
Die Sitze bekamen Unterhemden übergezogen, der Fahrersitz die berühmte Holzkugelauflage - hey, was habbich dieses Drecksding gehaßt. Bequem is was anderes. Aber es war eben schon damals schön trashig und wer schön sein will, muß leiden.
So gerüstet ging´s auf nach Spanien. Wir hatten uns Schichten eingeteilt, jeder fuhr - laßt mich lügen - 3 Stunden, dann wurde durchgewechselt. Ganz optimal lief der Bock nicht, immer wenn er heiß war, sprang er nicht mehr an. Sprich: z.B. nach jedem Tanken wurde eben angeschoben. Und Öl brauchte der Bock - und das nicht zu knapp. Scheißegal. Wir sind gut "unten" in Spanien angekommen.
Legendär unsere Touren innerhalb Spaniens. Wir sind mehrmals in den Nachbarort gefahren, weil da einfach die geilste Bodega war, die wir von einem früheren Urlaub kannten und haben um Sangria Mäxchen gespielt. Einer war immer der Arsch, weil er die Heimfahrt lenken mußte. Die gefährliche Serpentinenstraße an der Küste entlang. Ab und an hatte ich da schon Bammel, vor allem als einer der Fahrer 2x unterwegs angehalten hat, um die Milchfähnchen zu wechseln...
Der Stier auf dem Kühlergrill wurde uns leider geklaut, aber so is das eben, wenn man seinen Urlaubswagen mitten zwischen besoffenen Urlaubern parkt.
Die Heimfahrt war eine der grausamsten Autofahrten, die ich jemals mitgemacht habe. Wir hatten den Urlaub verlängert, wir hatten unverständlicherweise noch Restgeld, jeder noch Urlaub, aber irgendwann hieß es: Übermorgen müssen wir wieder arbeiten, jetzt müssen wir zurückfahren. Also los. Was etwas ärgerlich war: In Frankreich war Generalstreik. LKW Fahrer machten alle Autobahnen dicht, wirklich nix ging mehr. Aber wir mußten heim, da beißt die Maus keinen Faden ab. Wir hatten uns vorab beim ADAC mit Karten eingedeckt. Ein Drecksmaterial. Da waren nur große Straßen eingezeichnet und Orte unter 100.000 Einwohnern wurden großzügig ignoriert. Erschwerend kam hinzu: Keiner von uns kannte außer "Voulez vous coucher avec moi" irgendein Wort Französisch. Wie soll man da durch Frankreich kommen? Wir haben es irgendwie geschafft über wackelige Landstraßen, die teilweise garnicht auf unserer Karte waren über irgendeinen Paß nach Italien(!) durchzukommen. Legendäre Szene: Strömender Regen an der Grenzkontrolle, 4 Junx springen aus dem Auto und küssen italienischen Boden. In Italien gönnten wir uns die einzige Pause. Einer von uns hatte damals eine Kreditkarte - es gab den Euro ja noch nicht und wir hatten keine Lira. Es gab eine Pizza...
Weiter ging’s nach Österreich, wo es wie aus Kübeln regnete. Wir schwammen mit viel Aquaplaning weiter nach Deutschland. Da kam für mich dann die grausamste Phase der Fahrt. Einer der Fahrer sagte verantwortungsvoll, als er mit seiner Schicht dran war, daß er übermüdet ist und nicht fahren könne. Der Fahrer der vorherigen Schicht sagte, wenn der nicht fährt, fährt er weiter, obwohl er ebenfalls komplett übermüdet war. Ich war einigermaßen fit, aber ich wurde nicht ans Steuer gelassen. Hätte ich mich mal durchgesetzt. Hätte meine Nerven geschont. So saß ich hinter dem Fahrer und mußte ihn ständig wecken, weil er ständig in einen Minutenschlaf fiel. Das war deutlich nervenaufreibender, als selber zu fahren. Die anderen 2 haben das nicht mitbekommen, die schliefen selig.
Nach lächerlichen 26 Stunden erreichten wir letztendlich heil die Heimat.
Im Urlaub hatte ich ein paar durchgeknallte Junx kennengelernt, die ein Stockcar Rennen planten und so machte ich mit den anderen einen Deal: Wir behalten den Benz noch bis zum Rennen, denn der Wagen hatte einen Zigeunerhaken. Ich kann damit meinen Stockcar zum Rennen ziehen und im Gegenzug entferne ich die Aufkleber wieder und mache den Wagen sauber für den Verkauf.
Die Reinigung war ekelig. Der Benz stand wochenlang in der Sonne und im Fußraum lagen halbe Salamis und andere Essensresten - Hilfe hat der Bock innendrin gestunken.
Aber auch den Trip hat der Benz gut hinter sich gebracht.
Nervig natürlich, daß ich den Wagen nicht ausmachen konnte, wenn er warm war. Wie schon geschrieben - er hatte im warmen Zustand ein Startproblem. Und mit Hänger und Auto hinten drauf den anschieben - ach nöööö...
Auch das stemmte die Hure letztendlich mit Bravur. Nach dem Trip verkaufte Harald den Bock wieder. Und nur eine Woche später kam die Meldung, daß die Maschine verreckt war. Analyse: Riß im Motorblock. Es könnte gut sein, daß der Riß schon da war, als wir nach Spanien gestartet sind. Besser nicht drüber nachdenken...
Original: Fusselblog