
Erlebnis Ford Taunus P5 20M
Ein bisschen Frieden
Projekt 5 kam 1964 auf den Markt, P5 stand für die fünfte Neuentwicklung von Ford Deutschland nach dem 2. Weltkrieg. Es war nicht nur der erste deutsche Ford, der den Markennamen tragen durfte, sondern vor allem auch der erste mit einem V6-Motor; der «Turnier», der 1965 eingeführte Kombinationskraftwagen, gilt gar als erster deutscher Kastenwagen mit sechs Zylindern. Erstaunlicherweise verbanden die Kölner beim P5 relativ fortschrittliche Technik mit einem erstaunlich konservativen Design – nicht einmal einen Übernamen erhielt dieser Taunus, während sein Vorgänger noch als «Badewanne» und sein Nachfolger P7 als «Kummerfalte» bekannt waren. Das könnte allerdings auch daran liegen, dass er nicht einmal drei Jahre angeboten wurde, zwischen August 1964 und Juli 1967 wurden aber trotzdem 710’059 dieser P5 produziert.


Es gab den P5 als zwei- oder viertürige Limousine, als drei- oder fünftürigen Kombi – und als zweitüriges, viersitziges Hardtop-Coupé mit 3,5 Zentimeter tieferer Dachlinie. Ein solches sind wir gefahren, in der stärksten Version, TS, also mit dem 90 PS starken 2-Liter-V6. Nun, da müssen wir allfällige Erwartungen gleich wieder einbremsen: Coupé, V6, Heckantrieb – und nicht der geringste Hauch von Sportlichkeit. Doch das muss auch gleich wieder relativiert werden: Vor 60 Jahren war so ein V6-Taunus die erschwinglichste Art der gepflegten Fortbewegung. Damals galt Ford noch was. Klar fuhr der Herr Doktor damals «Heckflosse», da gab es auch sechs Zylinder, doch das kostete noch so manche Mark mehr, für den Abteilungsleiter der örtlichen Sparkasse war der Ford genau das Richtige. Und wenn der Metzgermeister eine Filiale eröffnen konnte, dann zeigte er das gerne mit einem sechszylindrigen «Turnier» öffentlich. Opel konnte nicht mithalten, auch den zwei Jahre später auf den Markt gekommenen Rekord C gab es nicht mit sechs Zylindern; BMW und Audi dümpelten damals noch tief in der Nische.










Laufruhe, das ist wohl der grösste Vorteil des Sechszylinders. Drehfreudig ist er nicht, auch Drehmomentstärke – 155 Nm bei 3000/min – gehört nicht zu seinen primären Qualitäten. Die Schaltübergänge beim eher hakeligen 4-Gang-Getriebe sind nicht wirklich passend, da fällt dann die mangelnde Elastizität noch mehr auf. Gemäss zeitgenössischen Berichten soll dafür der Verbrauch hoch gewesen sein; immerhin blieben wir auf dieser Ausfahrt nicht ohne Benzin liegen wie kürzlich mit dem Rover P6. In den damaligen Pressemitteilungen wurde hervorgehoben, dass der P5 im Vergleich zum P4 doch 40 Prozent weniger Seitenneigung aufweise; da muss die «Badewanne» aber öfter umgekippt sein. Auch beim P5 ist das Fahrwerk, vorne Einzelradaufhängung, Querlenker, Stabis, hinten Starrachse an Blattfedern, doch auf der ziemlich weichen Seite. Die Lenkung passt aber, die Bremsen – beim 20M serienmässig mit Bremskraftverstärker – ebenfalls. Der TS hat übrigens mit höherer Verdichtung 5 PS mehr als der Basis-20M; die Vierzylinder gab es mit 1,5 Liter (60 PS) und 1,7 Liter Hubraum (65 oder 70 PS). Das Werk war der Überzeugung, dass der TS in 14 Sekunden von 0 auf 100 renne und über 160 km/h schnell sei; man möchte beides heute nicht mehr ausprobieren. Da trauen wir dem Volvo 121 Amazon, den wir erst gerade vorgestellt hatten, irgendwie mehr zu.














Und doch macht das viel Freud’. Tiefentspannt gondelt man durch die Gegend, sucht möglichst früh und möglichst lang den 4. Gang, überhaupt lieber die Landstrasse – und fühlt sich ein bisschen als Wirtschaftswunder. Gern mit dem Ellenbogen aus dem offenen Fenster, Haar im Wind. Der Taunus ist ein Meisterstück an Friedlichkeit, davon müsste es in der heutigen Welt mehr geben. Als Hardtop-Coupé ist er auch ganz hübsch, die Limousinen wirkten etwas gar bieder. Unser Exemplar war am 21. April 1966 erstmals in der Schweiz zugelassen worden, viele Besitzer hatte er anscheinend nicht – und ist mit seinen etwas mehr als 140’000 Kilometer gut «dans son jus». Die wohl unrestaurierte Karosserie scheint gesund, innen hatte der Taunus aber schon seine Gebrauchsspuren. Nun muss man wissen, dass die P5 gut gerostet haben, es kaum mehr anständige Exemplare gibt, trotz der hohen Verkaufszahlen einst. Und so ist dieser Taunus, der auf der Auktion der Oldtimer Galerie Toffen am 22. März 2025 ohne Mindestpreis angeboten wird, sicher eine interessante Gelegenheit.












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