Ausverkauf, RM Auctions Paris 2015-1839
RM Auctions Paris 2015
Noch nicht erstellt
Sale – was man sonst nur aus den Schaufenstern Pariser Modeboutiquen kennt, fand vergangene Woche auch im Zelt von RM Auctions statt. Denn, auch wenn man gleich nach der Auktion betonte, wie schön voll es doch gewesen sei, wie hitzig auf manche Lots geboten wurde und so sehr sich der charmante Chef-Auktionator Max Girardo auch bemühte: die Preise blieben im Keller.
Zumindest wenn man den aufgerufenen Schätzpreisen Glauben schenken mag. Kaum eines der teilweise hochangepriesenen Lots konnte auch nur das untere Ende der Estimate-Spanne erreichen, selbst die Stars des Abends – die millionenteure Top Ten – scheiterte klar an der selbst gesetzten Preiseinschätzung. Und die, die darüber hinaus gingen konnte man an einer Hand abzählen. Darunter übrigens ein BMW Z8.
Dass die Preise relativ gesehen trotzdem hoch waren, davon zeugt der Ex-Werks 911 S in Rallyeausführung. Über eine Million Euro für einen 911 ohne Bürzel – soviel ist mit Ausnahme des Filmelfers von Steve McQueen noch nie für einen luftgekühlten Sechszylinder aus Zuffenhausen geboten worden. Doch es reichte nicht, Girardo mühte sich redlich um die Millionenmarke zu knacken, um dann nach zäher Show bei 1'050'000 € das dritte Mal den Hammer fallen zu lassen – zu wenig, der Rallye-Elfer blieb stehen. Ebenso der kurz davor versteigerte 73er 2.7 RS in der begehrenswerten Leichtbau-Version, geadelt von Jürgen Barth und allen verfügbaren Echtheitszertifikaten aus Stuttgart. Mit einem Hammerpreis von 925'000 € blieb er ebenfalls deutlich hinter der Schätzung und vor allem hinter bereits gezahlten Preisen für ein solches Modell zurück. Die 445'000 €, die für einen roten 2.7 RS Touring gezahlt wurden, gehen unserer Meinung allerdings völlig in Ordnung: Wer einem solchen Meisterwerk ein gelbes Lüfterrad lackiert, muss mit einem massiven Preisabschlag bestraft werden. Enttäuschend auch der 904 Carrera GTS. Er verfehlte sein oberes Estimate um gut 50% und wurde mit 1'275'000 € zugeschlagen. Dennoch: das sind immerhin 200'000 € mehr, als er vor vier Jahren in Pebble Beach bei Gooding&Co erlösen konnte.
Doch es gab nicht nur Porsche in Paris, natürlich wurde auch Rares aus Italien versteigert. Ein Ferrari 365 GTB/4 Daytona «Plexi» für 630'000 €. Ein hinreißender Iso Grifo A3/C für 925'000 EUR – bei dem sich die Experten aber nicht so sicher sind, dass es sich hier tatsächlich um die beworbene Originalfarbe handelt (dazu werden wir dann noch etwas schreiben - wir wissen mehr...). Ein Lancia Stratos Stradale schaffte 345'000 €. Und, erstaunlich teuer für diesen Abend: ein Lancia 037 Stradale für 300'000 €.
Die Krone für das teuerste Auto des Abends sollte sich der Dienstwagen von Mussolinis Gespielin Claretta Petacci aufsetzen. Ein Alfa Romeo 6C 2500 Sport Berlinetta mit einer einzigartigen Touring-Karosserie. Das Interesse an ihm war mäßig, die Gebote schafften die erhoffte 2-Mio-€-Grenze nicht, der Wagen blieb stehen. So musste es ein Ferrari 250 Lusso richten, der mit 1'450'000 € aber auch keinen besonders guten Abend erwischte.
Unser Liebling: Tatra T87.
Bestes Business: 69er Mistral.
Dabei hat Paris die Randbedingungen erfüllt, die Stimmung im Saal war blendend, es gab viele Telefonbieter und rege Beteiligung aus dem Internet, Auktionator Max Girardo war charmant, witzig und scharfsinnig wie immer, dennoch blieb die Auktion unter Niveau. Fünf der zehn teuersten Fahrzeuge blieben stehen. Den Werks-Elfer und den Leichtbau 2.7 RS haben wir genannt, den Alfa 6C ebenfalls – doch es erwischte auch noch einen in Le Mans gestarteten Delahaye, der zwar auch siebenstellig wurde, das Estimate aber dann doch klar verfehlte. Ein wunderschöner Countach Periscopio scheiterte dagegen an der Millionenmarke und blieb für 950'000 € stehen.
Natürlich gab es aber auch spannende Lots in Paris. Den BMW Z8 zu Beginn der Versteigerung etwa, rasch sprang er über den Schätzwert hinaus und ging für 165'000 € an einen neuen Besitzer über. Auch ein Ferrari Testarossa stand gut in der Gunst der Bieter und erlöste 150'000 €. Ein Ferrari F40 notierte gar mit 1'050'000 € beim dritten Hammerschlag. Aber die Turbomonster der späten Achtziger erleben derzeit überall einen Höhenflug, siehe hier auch das Preisniveau der Porsche 959. Charmantestes Lot des Abends war allerdings der Maserati Sebring 3700. Wer auch immer die 50'000 € Estimate geschätzt hatte, es sollte das Dreifache werden: 150'000 € Hammerpreis und ein tobender Saal. Auf diesem Niveau hätte RM Auctions sich den Abend wohl gewünscht.
Doch, das was man medienwirksam heraufbeschworen hat, ist nicht immer das, was am Ende tatsächlich gezahlt wird. Diese nicht zu übersehende Diskrepanz hat die Verkäufer trotzdem realistisch bleiben lassen. Denn wer sich die Verkaufsquote angesichts der weit unter «Wert» gebliebenen Gebote anschaut, ist verblüfft: fast alle Autos fanden gestern einen neuen Besitzer. Sogar der Countach LP400S etwa, bei dem der Schätzpreis gar krass verfehlt wurde, wurde für 350'000 € (statt 700'000 €!) verkauft.
Unser Liebling: Tatra T87.
Was zeigt uns das? Der Markt regelt die Preise, gerade hier in Europa, aller PR- und Marketing-Maschinerie zum Trotz, immer noch solide. Natürlich erliegt man der Verlockung absurder Schätzpreise und vielleicht finden sich ja tatsächlich ein paar Wahnsinnige, die sich im Eifer des Bietergefechts gegenseitig hochschaukeln. Nur gestern in Paris, da war es nicht so. Da konnte man teilweise sogar ein Schnäppchen machen. Wie etwa einen wunderbaren 92er 911 Carrera RS in silber. Natürlich sind 180'000 € für einen 964 viel Geld – aber schauen Sie mal, wie viele Sie für diesen Preis mit unter 60'000 Kilometern bekommen. Und vor allem: was die anderen kosten sollen.Herzlichen Dank an Fabian Mechtel für diese Betrachtungen.
Original: radical