Auto fahren, Audi Avant RS2-1785
Audi Avant RS2
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Es war ja: der Hohn. Angekündigt war, dass wir den Audi RS2 ein bisserl fahren dürfen. Nicht flott, «man wolle ja noch viele Jahre Freude haben an diesem Fahrzeug», aber halt als Vergleich zum neuen RS4, jüngste Ausbaustufe als «Nogaro». Es ging dann etwa 500 Meter geradeaus, eine 180-Grad-Kurve, dann wieder etwa 500 Meter zurück, eine 180-Grad-Kurve - man kann es sich vorstellen. Dann rollt man dann mit 60 einher - und dann rollten wir halt auch, ungebremst, mit 60 durch das Kürvlein. Und staunten, im Positiven, wie wenig der RS2 über die Vorderräder schiebt, wie wenig Seitenneigung er hat. Und staunten, im eher negativen Bereich, wie unknackig das Getriebe ist, wie lang die Wege...
Aber bevor wir uns weiter zum RS2 auslassen, wollen wir noch das mit dem «Hohn» erzählen. Der betrifft nämlich den RS4. Der geht ja bekanntlich: wie Sau. Geradeaus zumindest, also auf den 500 Meterchen - ein Viech. Aber dann da im Kürvlein - nein, wirklich: nein. Alles ausgeschaltet an elektronischen Helferlein, dann gehste flott in den Bogen, dann haste die ersten Probleme, weil das Ding einfach zu schwer ist, schiebt und schiebt und schiebt, aber das kann man ja noch halten. Und dann willste flott raus, gut auf dem Pinsel, nicht zu sehr, halt mit Feeling. Und dann ereilt dich: der Tod. Er kommt ja dann hinten, der RS4, das ist vorausspürbar. Dann lenkste gegen, leicht, bereit für mehr, sanft, aber gut am Gas - doch das macht er nicht mit. Er bricht einfach ein, er will das nicht; er kann das nicht. Er ist ein Graus. 450 Pferde - und sie können einfach nur geradeaus.
Doch man sah es ja bei den Journalisten und anderen Mitfahrern, die den RS4 um den das Micky-Maus-Kürschen bewegten: Auf der Geraden wird der Pinsel getreten, dass er fast durch Bodenblech unten wieder raus kommt. Dann wird frühfrüh sanftsanft gebremst, dann rollten die Herren durch die Kurve, und dann, etwa 80 Meter nach dem Scheitelpunkt, wurde wieder massiv draufgetreten.
Mit «Auto fahren» hat das etwa so viel zu tun wie McDonalds mit einem Drei-Sterne-Restaurant, wie Schweizer Banker mit Demut und Kundenverständnis, wie deutsche Fussballer mit, äh, das lassen wir besser... Wobei der Vergleich mit dem deutschen Fussball ja eigentlich bestens zum RS4 passen würde.
Der RS2 dagegen - es sei ein bisschen geplaudert vom ersten RS-Modell, das vor genau 20 Jahren lanciert worden war. Er war damals, ab Februar 1994, das erste Audi-RS-Modell, entstanden noch in Zusammenarbeit mit Porsche. Der bei Audi weiterhin so hoch geschätzte 2,2-Liter-Fünfzylinder kam auf eine Leistung von 315 PS, der High-Performance-Kombi auf ein Leistungsgewicht von 5,1 kg/PS. In 5,4 Sekunden schaffte er - vielleicht - den Sprint von 0 auf 100 km/h, das doofe Gedöns mit den elektronisch abgeriegelten 250-km/h-Höchstgeschwindigkeit gab es damals noch nicht, er durfte 262 km/h rennen, der RS2.
In der Pressemitteilung von 1994 stand, dass Walter Röhrl so urteilte: «Das Auto ist sehr gutmütig und wunderbar einfach zu fahren. Du gibst Gas und der RS2 mit seinem permanenten Allradantrieb fährt sauber der Lenkung nach.» Da geben wir dem grossen Meister Recht (wie immer...), eben, wir durften ja weder weit noch schnell noch grob, aber im Gegensatz zum elektronisch vermaledeiten aktuellen RS4 macht der 20-jährige RS2 tatsächlich das, was man will, fährt so schnell dorthin, wie man ihn ebendort haben will. Röhrl: «Der Avant RS2 untersteuert im Grenzbereich leicht. Dann nimmt man einfach das Gas weg und das Auto ist wieder auf Kurs.» So haben wir es doch auch gelernt, oder?
Was wir von den 20-jährigen Röhrl-Kommentaren heut nicht mehr unterschreiben mögen: «Das Ansprechverhalten des Turbotriebwerks ist sensationell, vor allem aus dem unteren Drehzahlbereich heraus.» Nedu, so richtig abgehen tut der RS2 nicht, es waren wohl eher 315 Ponies als Pferde. Aber das sind die Zeichen der Zeit: was sind wir verwöhnt unterdessen mit gewaltigem Drehmoment und Wahnsinnskräften. Auf dem Papier sind die 410 Nm bei 3000/min des RS2 zwar schon grossartig, auch die 400 Nm, die zwischen 2800 und 4000/min immer bereitstehen, tönen nach viel. Sind sie aber nicht, der RS4 geht da ganz anders zur Sache. Auch die Bremsen packen ganz anders zu als die einstigen Porsche-Hochleistungsdingers, da liegen Welten in diesen 20 Jahren. Wenigstens da...
2200 Stück wollte Audi einst bauen und zum Preis von happigen 98'900 Mark verkaufen. Es wurden dann bis 1996 insgesamt 2891 Exemplare; vor allem die Schweizer kauften das Teil wie blöd, Allrad, Kombi, teuer, das sind halt die Insignien, auf die die Eidgenossen stehen. Heut sind sie selten geworden, die RS2, manch einer endete an der Wand oder im Tal, deshalb sind die Gebrauchtwagenpreise - erstaunlich tief, für 25'000 Franken gibt es anständige Exemplare. Man darf davon ausgehen, dass so ein RS2 eine gute Investition ist, noch tiefer werden die Preise nicht sinken.
Wir wollen ihn empfehlen, den Avant RS2 (to be honest: der Autor dieser Zeilen kennt das Fahrzeug ja schon seit seiner Premiere, er hat damals, 1994 , auch einen Test geschrieben; den er leider nicht mehr findet). Röhrl hatte in seiner Einschätzung recht: «Ich sehe in der heutigen Zeit einen der größten Vorteile dieses Modells darin, dass es mehr wie ein normales Familienauto ausschaut, jedoch die Fahrleistungen eines reinrassigen Sportwagens bietet. Der RS2 ist eine echte Sportwagenalternative mit viel Platz für Personen und Gepäck. Motorleistung, Fahrverhalten, Bremse - das ist ein homogenes Ganzes, da passt alles zusammen.» Er mag nicht so grob abgehen wie ein neuer RS4, aber dafür kann mit ihm noch: Auto fahren.
Müssen wir auch noch was schreiben zu 20 Jahren RS-Modelle? Nö, die Dinger verkaufen sich ja gerade in der Schweiz wie von selbst (in China: nicht...). Zum bald neuen RS3 wollten man uns nichts erzählen, den aufgefrischten RS7 konnten wir leider nicht fahren, über alle anderen aktuellen Modelle haben wir schon geschrieben. Das finden Sie im Archiv von www.radical-mag.com.
Es gibt ausser dem quattro keine weiteren Audi bei uns im Klassik-Archiv, denn Audi gibt es in der heutigen Form erst seit 1969, hat also: zero Heritage.
Original: radical