Big Beauty, Bentley S1 Continental Park Ward-1724
Bentley S1 Continental Park Ward
Eigentlich hat der Bentley S1 ja ein Problem.
Es war ja keine schöne Geschichte. Bentley hatte seit seiner Gründung 1919 wunderfeine Automobile gebaut, W.O. Bentley darf sicher als einer der grossen Namen der Automobilgeschichte bezeichnet werden. Die Rennerei war so ein bisschen sein Ding, in Le Mans gewannen die schnellsten Lastwagen der Welt, wie sie Ettore Bugatti bezeichnete, 1924 und dann gleich viermal hintereinander, von 1927 bis 1930. Doch dann wurde das Geld knapp, so knapp, dass Bentley an Napier verkaufen musste. Oder zumindest: wollte. 103'675 Pfund wollte Napier bezahlen, dies sollte vor Gericht besiegelt werden. Doch am 20. November 1931 platzierte während dieser öffentlichen Verhandlung ein völlig unbekanntes Unternehmen mit dem Namen «British Central Equitable Trust Limited» ein neues Gebot. Der Richter ordnete an, dass beide Parteien bis 16.30 Uhr Zeit hatten, ein letztes Gebot abzugeben - und der Trust war wieder höher als Napier. Wenige Tage später wurde Bentley an Rolls-Royce übergeben. W.O. Bentley war der Gelackmeierte, er blieb zwar noch im Unternehmen bis 1935, doch als Rolls-Royce ihm sein liebstes Spielzeug, die Rennwagen-Abteilung, wegnahm, hielt ihn nichts mehr.
Nach dem 2. Weltkrieg kam dann zuerst der Mark VI, der zwar auf dem Rolls-Royce Silver Wraith basierte, aber noch so einigermassen selbständig stehen durfte. Es folgte ab 1952 der nur geringfügig veränderte R-Type, von dem es erstmals die so genannten Continental gab, etwas sportlichere Ableger - die Bezeichnung soll daher kommen, dass auf dem Festland, dem Kontinent, damals höhere Reisegschwindigkeiten möglich waren als auf der Insel. Und 1956 kam dann der S-Type, und der war dann eigentlich bis auf Kühlergrill, Insignien und einige Karosseriedetails identisch mit dem 1955 vorgestellten Rolls-Royce Silver Cloud. Und damit der erste Bentley, der kein Bentley mehr sein durfte.
Als Motor diente weiterhin der bekannte Bentley-Sechszylinder, unterdessen bei 4887 cm3 Hubraum angelangt; Leistungsangaben gab es selbstverständlich keine (bei Rolls-Royce hiess es einst: genügend), doch man darf von etwas mehr als 130 PS ausgehen. Die Höchstgeschwindigkeit lag bei etwa 160 km/h, das war damals ganz flott für dieses riesige Trumm (nur die Cadillac waren schneller und komfortabler und trotzdem fahrdynamischer, aber das haben die Europäer bis heute nicht begriffen). Geschaltet wurde manuell über 4 Gänge (selten) oder dann über eine 4-Gang-Automatik (häufig). Die S1 (es gab ja dann später noch weitere S-Type) kamen mit zwei Radständen, 3,124 Meter sowie ab 1957 auch mit 3,226 Metern. Gesamtlänge: mindestens 5,4 Meter. Die Karosserie kam vom Werk, auf Wunsch baute Park Ward aber Cabrios - und es entstanden diverse Sonderaufbauten vom S1 von Graber, Hooper, James Young und auch H.J. Muliner.
Und dann gab es auch wieder einen Continental, der sechs Monate nach dem S1 eingeführt wurde. Hier gab es nur Sonderaufbauten, insgesamt 431 Stück (vom S1 entstanden stolze 3107 Stücker). Am bekanntesten ist sicher ein viertüriges Coupé von H.J. Muliner, doch auch Park Ward, James Young und Hooper konnten schöne Fahrzeuge liefern. Grossartige Unterschiede zum S1 gab es ansonsten nicht, doch die Bentley-Fans mussten einen Continental haben (auch heute noch...), denn der «normale» S1 war zu sehr ein Rolls-Royce. Und zu «normal».
Wir zeigen hier einen wunderschönen 58er S1 Continental von Park Ward, Er wird am 16./17. Januar von RM Auctions in Scottsdale versteigert. Die Contis vom S1 und S2 sind teuer geworden, aber da hat es wohl in Zukunft trotzdem noch Potenzial gegen oben, ganz besonders für jene mit den selteneren Karosserieaufbauten.
Mehr Bentley haben wir noch nicht im Archiv, aber es wird mehr geben, versprochen.
Original: radical