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50 Jahre Porsche 911 (10), 50 Jahre Porsche 911 (10)-1810

Published in radical-classics.com

«Mechthild» im Porsche 996 GT3

Noch nicht erstellt
Viel und ausführlich ist zum goldenen Jubiläum der Sportwagen-Ikone 911 schon geschrieben worden. Das wollen wir nicht - stattdessen lieber fahren. Und uns daran versuchen das Gefühl „neun-elf“ zu erklären. Am Beispiel: 2001 Porsche 911 GT3. Baureihe 996, erste Serie.



Nur zwei Sitze. Das gefällt der besseren Hälfte gar nicht. Schliesslich müssen die Zwillinge zum Kindergarten gebracht werden. Aber zum Glück gibt es ja die Exclusive-Abteilung in Stuttgart, welche kurzerhand die normalen Carrera-Notsitze in den GT3 installierte.

Mama glücklich, Kinder glücklich - Papa glücklich. Und es müssen Jungs gewesen sein, anders sind die blauen Gurten nicht zu erklären. Schnelle Jungs auch, denn die Fahrwerkseinstellung, mit der der väterliche GT3 heute noch auf der Strasse steht, ist wirklich scharf. Tief, mächtig Sturz und eine gute Portion Nachspur an der Hinterachse. Das treibt dem GT3 seine leicht untersteuernde Tendenz aus – so weit man das auf den leicht überalterten Pirelli-Reifen erfahren kann. Denn diese zeichnen sich primär dadurch aus, der um die Mittellage sehr direkten Lenkung erst ansatzlos zu folgen, um danach abrupt die Haftung zu verlieren. Was die Ausfahrt mit dem schnellen 996 noch nervöser werden lässt.



Auch wenn ihn der mächtige Bumerang am Motordeckel ziert und die Stossstange vorne millimeternah an der Strasse kauert – aerodynamisch ist der erste GT3 weit von Perfektion entfernt, er produziert selbst bei hohem Tempo immer noch Auftrieb. Dazu kommen die hohen Bedienkräfte. Kupplung, Bremse, Lenkung und Schalthebel, all das will mit Nachdruck bedient werden. Vielleicht, damit Du nichts überstürzt? Dich langsam an die Sache herantastest, bevor Du ihn so richtig von der Leine lässt?

Weil ja, von der Leine lassen willst Du ihn. Schliesslich geht es beim GT3 um nichts Anderes. Maximale Integration ins Fahrgeschehen. Maximale Fahrfreude.
Porsche 911 GT3 (996).
Porsche 911 GT3 (996).
Und die gibt es eben nicht beim stop&go in der Stadt, sondern auf einer leeren Landstrasse. Einer geschwungenen, vielleicht sogar ein wenig schlecht instandgehaltenen. Und hohem Tempo. Denn dann kann das Fahrwerk mit der Arbeit beginnen, die Lenkung die Fährte der Ideallinie aufnehmen und der 360 PS starke Boxer das erste Mal dem Begrenzer entgegenfräsen.



Dort oben klingt er dann auch. Natürlich, es ist nicht so, dass er im Leerlauf ein Waisenknabe wäre. Wer genau hinhört, macht den leicht unsauberen Lauf aus, merkt, wie er sich die Luft durch den schmalen Spalt im Bumerang wie durch einen Strohhalm in die Brennräume saugt. Doch verglichen mit dem Klappenauspuffwahnsinn moderner Elfer, auch gar gemeiner Mittelklasse-Sportler, klingt der erste GT3 untenrum ein wenig dünn.Porsche 911 GT3 (996).
Porsche 911 GT3 (996).
Porsche 911 GT3 (996).
Porsche 911 GT3 (996).
Porsche 911 GT3 (996).
Aber er ist eben kein Schauspieler, sondern Sportler. Und dann, wenn kurz vor der 7000er-Marke das Steuergerät die Klappen der Resonanzsauganlage schliesst und der Boxer nur noch durch die ganz kurzen Trichter saugt, weisst Du: so muss ein Motor klingen. Bei 7500 Umdrehungen gipfelt die heisere Symphonie hart im Drehzahlbegrenzer und Du hast so ein bisschen das Gefühl, dass da noch deutlich mehr ginge. Sei es drum. Dort oben passen die Ganganschlüsse dafür perfekt und dann drehst Du einfach die nächste Welle wieder voll aus und geniesst das Spektakel.

Denn: je härter Du den GT3 benutzt, je schneller Du ihn fährst, je später Du bremst, desto besser funktioniert er. Dann fängt er an zu tanzen. Keilt aus, springt, giert. Will das stramme Zügel spüren. Und dann ist es da. Das Gefühl, dass Du in völligem Einklang mit dem Auto bist, es Dir auf den kleinsten Befehl gehorcht.



Natürlich können die modernen Elfer alles besser als der Bumerang, sind schneller, präziser. Doch der erste GT3 war ein wichtiger Schritt für Porsche. Die ganz Wahnsinnigen hatten wieder einen Fixstern. Die Wasserkühlung war nicht mehr nur der Antichrist und das nahende Ende, sondern der Anfang. Der Anfang einer Reihe von Fahrmaschinen, wie sie nur die Wenigsten verstehen. Und deshalb grosses Lob an den weisen Vater, der seine Jungs mit dem Bumerang in den Kindergarten gebracht hat.



Denn sie werden sicher nicht das Auto dem Handy vorziehen. Auch keinem Nissan GT-R und schon gar keinem Elektroauto huldigen. Weil ihnen niemand den 911 und die Freude am Fahren erklären muss. Das Verständnis dafür hat ihnen der GT3 in die Wiege gelegt.

Danke an Fabian Mechtel. Danke.

Mehr Porsche gibt es im Archiv. Und den Überblick über unsere Reihe zu 50 Jahren Porsche 911: hier.

Unten, in der Galerie, da hat es auch noch ein paar Original-Bilder aus der Zeit.


Porsche 911 GT3 (996).

Original: radical

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