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More Crazyness, Cadillac Eldorado Brougham (2)-1710

Published in radical-classics.com

Cadillac Eldorado Brougham (2)

Noch nicht erstellt
(Den ersten Teil dieser Geschichte finden Sie: hier.)

Doch was war an diesem so teuren Automobil so besonders? Äusserlich zuerst einmal nicht viel, denn während der Continental sich ganz klar von den billigeren Lincoln-Modellen abhob, war der 13'000-Dollar-Wagen den günstigeren Cadillac-Modellen ziemlich ähnlich. Dies wurde dem Eldorado Brougham denn auch negativ ausgelegt, denn wer soviel Geld für ein Auto ausgab, der wollte auch wirklich etwas Besonderes, ein Fahrzeug, das unverwechselbar und exklusiv war. Gerne hörte man die Kritik bei Cadillac selbstverständlich nicht, man verwies auf die Kunden, die nicht unbedingt protzen wollten, auf die doppelten Lampen vorne, die rechteckigen Nebellampen, die Lufteinlässe für Motor und Innenraum, die speziellen Heckflossen, die dreigeteilte hintere Stossstange, die speziellen Farben, die speziellen Reifen, das spezielle Modellemblem «Eldorado Brougham by Cadillac». Einzigartig war ausserdem das Dach ohne Mittelpfosten sowie die vier Türen, die nicht mehr wie bei den ersten Prototypen und dem «Orleans» in verschiedene Richtungen  – sogenannte Selbstmörder-Türen – öffneten. Doch war das schon genug?

Eindeutig überlegen war der Eldorado Brougham allerdings in der serienmässigen Ausstattung, die beim Continental nicht einmal die Klimaanlage umfasste. Überhaupt war die Ausstattungsliste fast länger als das 549 Zentimeter messende Fahrzeug, im Preis inbegriffen waren Armlehnen hinten und vorne, von innen verstellbarer Aussenspiegel, elektrische Fensterheber, Handbremsen-Warnlicht, Handschuhfach, zwei Heizungen, sechs Innenlampen, Klimaanlage, aus dem Cockpit zu öffnender Kofferraum, Leichtmetallfelgen, automatischer Lichtdimmer, spezieller Luftfilter, Nebellampen, Radio, selbständig abblendender Rückspiegel, Scheibenwaschanlage, Servobremsen, elektrische Sitzverstellung, elektrische Uhr, Weisswandreifen, zwei Zigarettenanzünder (hinten und vorne).Cadillac Eldorado Brougham
Cadillac Eldorado Brougham
Auf einige Dinge war man bei Cadillac besonders stolz, beispielsweise auf die selbständig abblendenden Scheinwerfer, die ausserdem die bei weitem beste Lichtausbeute aller amerikanischen Wagen boten, auf die elektrisch verstellbaren Vordersitze, die mit einer «Memory»-Funktion ausgestattet waren und beim Einsteigen automatisch Platz machten, das Vierklanghorn, das Radio mit den zwei Lautsprechern und der automatisch ausfahrenden Antenne, die in Normalstellung nur bis zur Höhe des Daches reichte, für besseren Empfang aber auch ganz ausgefahren werden konnte, auf die automatisch schliessenden Türen, wenn ein Gang eingelegt war, sowie auf Zündung, die nur auf ON geschaltet werden musste und dann den Motor selber in Gang brachte, wenn die Hydramatic auf Park oder Neutral geschaltet wurde. Selbstverständlich war der Eldorado Brougham auch innen mit allem Luxus ausgestattet, den man sich damals nur vorstellen konnte, so auch einem Parfumfläschen, das ab Werk mit einem Lanvin-Duft gefüllt war.Cadillac Eldorado Brougham
Cadillac Eldorado Brougham
Cadillac Eldorado Brougham
Cadillac Eldorado Brougham
Cadillac Eldorado Brougham
Unter der flachen Haube arbeitete ein verstärkter Motor, der mit seinen zwei Vierfach-Vergasern stolze 325 PS leistete. Doch nicht dieser war es, der das Vergnügen, einen Eldorado Brougham zu fahren, einzigartig machte: Vielmehr war es die Luftfederung, welche die Passagiere wie auf einem Kissen über die Strassen trug. Heute wird Citroën als Erfinder dieser Federung genannt, doch erstens verwendete der französische Hersteller mit der Hydro-Pneumatik ein komplett anderes System, und zweitens hatten die Entwicklungen der jeweiligen Systeme absolut voneinander unabhängig stattgefunden. Die für den Eldorado Brougham verwendete Luftfederung war bei ihrer Einführung nämlich schon fünf Jahre alt, so lange wurde sie nämlich bereits bei verschiedenen GM-Bussen eingebaut. Ausserdem hatten verschiedene Hersteller auf der ganzen Welt schon vor dem 2. Weltkrieg mit dieser Art von Federung experimentiert.

Erfunden hatten die GM-Luftfederung L.J. Keyhoe und V.D. Polhemus, den Bedürfnissen eines Personenwagens wurde die bestehende Luftfederung der Busse von Lester D. Milliken und Fred H. Cowin angepasst, die dem Eldorado Brougham einen über einen Elektromotor betriebenen Luftkompressor verpassten.

Sowohl die amerikanischen als auch die europäischen Tester waren begeistert von der Cadillac-Federung. Zu Recht fragten sie sich allerdings, weshalb ein solcher Aufwand überhaupt nötig war, waren doch schon die konventionell gefederten Cadillac alles andere als unkomfortabel. Einzig auf wirklich schlechten Strassen sah man gewisse Vorteile und verglich den amerikanischen Strassenkreuzer sogar mit dem bedeutend leichteren und in Sachen Federung wirklich sensationellen Citroën. Trotzdem wurde die Luftfederung schon vier Jahre später wieder aufgegeben – sie war zu teuer, zu kompliziert und zu störungsanfällig, vor allem Kälte und Feuchtigkeit schadeten ihr sehr.Cadillac Eldorado Brougham
Auch der Eldorado Brougham erlitt das gleiche Schicksal, nach vier Jahren und weniger als 1000 gebauten Exemplaren – 400 1957, 304 1958, 99 1959 und 101 1960 – kam das Aus. Während der ersten zwei Jahre wurden die Fahrzeuge bei Fleetwood in Detroit von Hand zusammengebaut, danach wurden die Chassis für die Fertigung nach Italien zu Pininfarina verschifft. Was genau der Grund für diese Reise nach Turin war, ist heute nicht mehr ersichtlich. Die niedrigeren Arbeitskosten konnten es nicht gewesen sein, da allein die Transportkosten eine gewaltige Summe darstellten. Ausserdem mussten die italienischen Eldorado Brougham jeweils in Detroit noch kräftig nachbehandelt werden, damit sie die Cadillac-Ansprüche an die Qualität erfüllen konnten. Ein Grund könnte gewesen sein, dass man die Fleetwood-Fabrik ein wenig von dieser aufwendigen Produktion entlasten wollte, eine andere Möglichkeit war vielleicht, dass Cadillac dem sehr exklusiven Eldorado Brougham mit dem feinen Namen von Pininfarina noch einen gewissen exotischen Touch geben wollte.

Besonders beliebt waren und sind die italienischen Cadillac allerdings nicht, heute werden für diese Eldorado Brougham einiges tiefere Preise bezahlt als für die 1957 und 1958 produzierten Exemplare. Auch die «The Milestone Car Society» hat nur die amerikanischen Ausführungen in ihren ehrenwerten Club aufgenommen, in dem nur wirklich ausserordentliche amerikanische Automobile Platz finden.

Im Vergleich zum 622 Zentimeter langen Continental Mark II macht der Eldorado Brougham eigentlich eine schlechte Figur – allerdings nur, was die Verkäufe betrifft. Die in vier Jahren produzierten 904 Eldorado Brougham standen in nur zwei Jahren 4660 gebaute Conti gegenüber. Beiden Fahrzeugen muss und darf allerdings zugebilligt werden, dass sie einzigartige Beweise der amerikanischen Automobilbaukunst waren, der Cadillac als technisch sehr fortschrittlicher Wagen, der Continental Mark II als Wiedergeburt des klassischen Luxuswagens. Dass beide Fahrzeuge nicht zu grossartigen Verkaufserfolgen wurden, das lag einserseits an ihrem hohen Preis, andererseits daran, dass die Zeit noch nicht reif war für solche Feinschmecker-Automobile.

(Wir wären übrigens sehr dankbar für Bilder von einem 59/60er Eldorado Brougham...)

Mehr Cadillac gibt es im Archiv.


Original: radical

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