Crazyness, Cadillac Eldorado Bougham (1)-1709
Cadillac Eldorado Brougham
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Blenden wir für die Geschichte zurück ins Jahr 1953. Auf der Motorama wurde die Corvette von Chevrolet präsentiert, ein Fahrzeug, das soviel Aufsehen erregte und eine bis heute dauernde Geschichte schreiben sollte, dass der von Cadillac präsentierte Prototyp «Orleans» völlig unterging. Der Grund für diese Nichtbeachtung war einfach: Der «Orleans» zeigte auf den ersten Blick nichts, was es nicht schon gab. Äusserlich war er ein normales 53er-Modell, das mit mit einer Panorama-Windschutzscheibe, wie sie auch beim Eldorado zu sehen war, aufgerüstet worden war. Doch ein ganz wichtiger Punkt wurde beim «Orleans» fast immer übersehen: Er war der erste viertürige Sedan, dessen Hardtop keinen Mittelpfosten aufwies.
Ein Jahr später erweckte der direkte «Orleans»-Nachfolger auf der Motorama bedeutend mehr Aufsehen. Obwohl mit seinen Heckflossen, den gewaltigen Stossstangenhörnern und der grosszügigen Verwendung von Chrom ganz klar als Cadillac erkennbar, stellte der «Park Avenue» genannte Prototyp eine neue Ära im Cadillac-Design dar. Und er war ein ausserordentlich gefälliger Anblick: Im Gegensatz zu dem noch sehr hohen «Orleans»-Dach wurden die Linien sehr flach gezogen, ausserdem wurde das Hardtop wie beim «El Camino» aus von Hand poliertem Aluminium gefertigt. Ein Rückschritt war allerdings der Mittelpfosten, der das Dach stabilisierte.
Harley Earl, immer wieder er, sah natürlich sofort die grossen Möglichkeiten für eine Serienproduktion eines solchen Fahrzeugs. Entsprechend leicht fiel es ihm, seinen Chef Don Ahrens zu überzeugen, der noch immer nicht ganz zufrieden war mit seinen Fahrzeugen und den es nach ständigen Verbesserungen gelüstete. Ausserdem wussten sowohl Ahrens wie auch Earl, dass Lincoln im Herbst 1955 ein sensationelles Fahrzeug präsentierten würde. Dieser Continental war vor allem von den Ford-Händlern immer wieder gefordert worden, damit sie die Kunden, die bis 1948 diesem edelsten Namen unter allen Ford-Produkten treu geblieben waren, wieder in ihre und weg von den Cadillac-Verkaufsräumen locken konnten.
Direkt nach dem Krieg und auch zu Beginn der 50er Jahre war Ford allerdings finanziell nicht in der Lage, ein absolutes Topfahrzeug zu bauen – man hatte sich an fünf Fingern abzählen können, dass ein solches Überauto nur Verluste bringen würde, denn im obersten Marktsegment, in dem Rolls-Royce in den USA gerade einmal 150 Wagen jährlich verkaufen konnte, war die Luft mehr als nur dünn. Trotzdem wollte man bei Ford diesen Schritt wagen, auch wenn man sich absolut bewusst war, wie schwierig es werden würde, ein nicht nur gleich gutes, sondern ein entscheidend besseres Fahrzeug als die Cadillac zu bauen. Denn etwas war den Ford-Verantwortlichen ganz klar: Der Continental musste die Cadillac in jeder Beziehung übertreffen, optisch als auch technisch – der Preis dafür durfte keine Rolle spielen.
Vor allem in Sachen Prestige sollte der Conti Pluspunkte sammlen können, denn hier hatte man bei Ford den Schwachpunkt der Cadillac ausgemacht: Es gab einfach zu viele Cadillac auf der Strasse, wer ein wirklich exklusives Fahrzeug wollte und das nötige Kleingeld dafür hatte, der sollte sich einen Continental Mark II anschaffen.
Earl überzeugte die Cadillac-Bosse schnell, dass ein Continental-Konkurrent auf die Räder gestellt werden musste: «Am 4. Mai 1954 wurden bereits die ersten Beschlüsse gefasst, wie der Eldorado Brougham innen aussehen sollte», erinnert er sich, «es sollte selbstverständlich ein Vierplätzer sein. Wenig später einigte man sich auch auf den Radstand und die Spurbreite, so dass schnell ein Modell mit Sitzen, Lenkrad und den Fusspedalen hergestellt werden konnte. Gleichzeitig gab ich den Auftrag, ein erstes Gips-Modell der Karosserie herzustellen.» Unter der Leitung von Ed Glowacke wurde ein dem «Park Avenue» sehr ähnliches Modell gebaut, mit dem bekannten Aluminium-Dach, allerdings ohne den mittleren Dachpfosten, ohne die verchromten Fensterrahmen und ohne die Lufteinlässe, die bei einem Fahrzeug mit Klimaanlage eh unnötig waren.
«Am 10. August 1954 war das erste Modell fertig», weiss Harley Earl, «die hinteren Überhänge wurden reduziert, um das Manövrieren zu erleichtern und das ganze Fahrzeug kompakter zu machen. Dann sah sich das Topmanagement das Modell an, kritisierte einige Dinge, dann ging das Fahrzeug wieder zurück ins Cadillac-Studio.» Unterdessen wurde hart am Interieur gearbeitet, neue, bedeutend grössere Sitze wurden ausprobiert, in denen sich die Passagiere vom schieren Luxus umgeben fühlen sollten. Im September wurde das Interieur in Gips geformt, am 6. November konnten die Ingenieure mit dem Bau des endgültigen Modells beginnen – genau 74 Tage, bevor die Motorrama beginnen sollte. Am 10. Januar war der Wagen dann bereit für die Bemalung, blieb dann aber noch bis zwei Tage vor der Eröffnung der Show für letzte Korrekturen bei Cadillac.
Als der Wagen dann endlich in New York ankam, fiel er um zwei Uhr in der Früh dann auch noch vom Lift, der ihn in die Ausstellungshalle bringen sollte, und hatte einige unschöne Beulen. Als die Motorama dann allerdings am folgenden Nachmittag mit einer kleinen Party eröffnet wurde, drehte sich der erste Eldorado Brougham auf seinem Präsentierteller, wie wenn nichts geschehen wäre.
Und es geschah danach auch nicht viel, auch wenn der Chamäleon-grüne Eldorado Brougham auf der Motorama noch mit glühenden Worten gepriesen wurde: «Der einzigartige Eldorado Brougham zeigt einmal mehr eindrucksvoll die Führungsrolle von Cadillac im Automobil-Design. Gleichzeitig ist er auch ein Versprechen für die Zukunft, in der Cadillac immer bessere amerikanische Automobile bauen wird.» Das war natürlich auch als Seitenhieb gegen den noch nicht angekündigten, aber mit grosser Spannung erwarteten Continental gedacht, den Don Ahrens in seiner Präsentationsrede aber mit keiner Silbe erwähnte. Stattdessen meinte er, dass der Eldorado Brougham «die Leute Rolls-Royce vergessen lassen wird». Ausserdem kündigte Ahrens noch an, dass das neue Cadillac-Topmodell, vom dem jährlich rund 1000 Stück gebaut werden sollten, noch 1955 in Produktion gehen würde und rund 8500$ kosten sollte.
Als der Continental Mark II in Paris am 6. Oktober 1955 allerdings seine Weltpremiere erlebte, da konnte Cadillac nur verkünden, dass die Arbeit für die Produktion des Eldorado Brougham auf dem besten Weg sei. Als Antwort auf den Conti konnte man allerdings in Paris nur den ersten Produktions-Prototyp zeigen. Auch auf der Motorama 1956 war noch einmal ein solcher Prototyp ausgestellt, zusammen mit einer «Dream Car»-Version, einem Eldorado Town Car. Erst am 4. Dezember 1956 konnte Cadillac offiziell verkünden, dass der Eldorado Brougham jetzt produziert werde, was dann am 8. Dezember mit dem dritten überhaupt gebauten Fahrzeug auf dem New Yorker Auto-Salon auch bewiesen wurde. Bis dann die ersten Eldorado Brougham zu den Händlern kamen, vergingen aber weitere vier Monate. Der Preis war im Vergleich zum Continental Mark II, der für 9517$ zu haben war, sehr hoch, verlangte Cadillac für sein Topmodell doch gewaltige 13'074$.
Damit war der Eldorado Brougham fast gleich teuer wie ein Rolls-Royce – und trotzdem noch ein Sonderangebot. Denn Cadillac gab später zu, dass sich allein die Produktionskosten für den Eldorado Brougham auf 23'000$ beliefen, was man jedoch gerne als Kosten für die Verbesserung des Image abbuchte. Und überhaupt, irgendwie musste der Continental Mark II ja in die Schranken gewiesen werden, sonst wären die Ford-Bäume noch in den Himmel gewachsen.
Den zweiten Teil dieser Geschichte finden Sie: hier.
Mehr Cadillac gibt es im Archiv.
Original: radical