Fahrbericht Porsche 911 Targa, 1967, 50 Jahre Porsche 911 (7)-1807
50 Jahre Porsche 911 (7)
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Wenn Porsche zum 50-jährigen Jubiläum des Typs 911 einlädt und dazu drei Exemplare aus der riesigen Sammlung der 300 Autos des Porsche-Museums in Stuttgart bereitstellt , ist ein besonderer Tag angesagt. Denn die drei Autos stammen jeweils aus den ersten drei Jahrzehnten und sollen von der Lenzerheide über Flüela- und Albula-Pass zum Testvergleich gefahren werden, bei bestem Wetter und grossartiger Kulisse, versteht sich. Das älteste der Fahrzeuge, über das hier berichtet werden soll, ist der 911 Targa aus dem Jahr 1967 in kirschroter Bemalung und unrestauriertem Originalzustand.
«Der Targa ist weder ein Cabriolet noch ein Coupé, weder ein Hardtop noch eine Limousine, sondern etwas völlig Neues»: Mit diesen Worten stellte Porsche 1965 den ersten 911 Targa auf der Frankfurter IAA vor. Er war die Antwort auf das Drängen der amerikanischen Porsche-Händler, endlich eine offene Version des 911 anzubieten, nachdem das Vorgängermodell 356 in den USA vor allem als Cabriolet sehr erfolgreich war.
Andererseits wurden gerade in den USA die Sicherheitsvorschriften für Cabriolets immer restriktiver, so dass mehr und mehr Hersteller diese Variante vollständig aus ihrem Programm strichen. Aus der Not eine Tugend zu machen, war die Lösung von Porsche dazu, auch wenn sie zunächst mehr Kopfschütteln als Bewunderung verursachte. Denn was Porsche den Journalisten als genialen Streich weismachen wollte, wurde zunächst als wenig ästhetischer Kompromiss wahrgenommen, so quasi weder Fisch noch Vogel.
Der immer in Naturfarbe von Edelstahl belassene breite Überrollbügel hinter den Sitzen wurde von Porsche als Schutzschild bezeichnet, in Anlehnung an die Übersetzung der italienischen «targa» für Schild. Tatsächlich wurde aber der Name dem sizilianischen Strassenrennen Targa Florio entlehnt, wo Porsche schon 1956 erstmals Gesamtsieger wurde und in der Folge bis 1973 noch weitere zehn Mal gewinnen sollte.
Der Targa wurde 1965 vorgestellt.
Weder Fisch noch Vogel...
Auch wenn Puristen den Targa nicht als Cabriolet akzeptieren wollten, konnte man durch Entfernung des vorderen Dachteils und bis zum Modelljahr 1969 auch des Stoffverdecks hinter dem Bügel genügend frische Luft schaffen, um echte Cabrio-Gefühle zu erwecken. Die Teile werden mit wenigen Handgriffen zusammengefaltet und im Kofferraum untergebracht. Jedenfalls bestand das von Porsche als «Sicherheitscabriolet» bezeichnete Fahrzeug die strengen Auflagen für die Zulassung in den USA und die Ästhetik tat der Beliebtheit keinerlei Abbruch: bereits Anfang der Siebziger Jahre lag der Targa-Anteil der 911-Baureihe bei rund 40 Prozent.Jetzt aber zur Ausfahrt. Im Cockpit fühlt man sich auf Anhieb wohl. Hinter dem grossen und etwas dünnen Radkranz des Lenkrads befinden sich die fünf Rundinstrumente, ein Markenzeichen der 911er Serie, die vom Tourenzähler in der Mitte dominiert werden.
Der Targa wurde 1965 vorgestellt.
Weder Fisch noch Vogel...
Die Knöpfe und Hebel sind am richtigen Ort und leicht zu finden, keine unnötigen Schnörkel am Armaturenbrett. So sollte es sein. Platz ist für ein doch kleines und kompaktes Auto reichlich vorhanden, selbst für Leute mit langen Beinen.
Vier Gänge in normaler Anordnung lassen sich problemlos bedienen, ebenso die Pedale. Die grosse Fussrast neben der Kupplung ist ein kleiner Luxus für lange Fahrten, bei einer zügigen Alpenfahrt kommt sie jedoch nicht zur Geltung.
Das Standgas kann man durch einen kleinen Hebel neben der Handbremse manuell verstellen. Eine sinnvolle Einrichtung, damit der Motor nach einem Kaltstart nicht vor der nächsten Ampel abstirbt. Überhaupt mag es dieser Motor nicht, wenn er nicht gefordert wird. Dann kommt blauer Rauch aus dem Auspuff und den nachfolgenden Fahrern wird die gesunde Alpenluft nachhaltig verdorben. Aber wenn der luftgekühlte Boxer einmal in Fahrt ist lässt sich das Auto viel schneller bewegen, als man ihm zugetraut hätte.
130 PS für gut eine Tonne Leergewicht sorgen auch in heutigen Verkehrsverhältnissen für sportliches Vorankommen. Die Limiten zeigen sich erst beim steilen Anstieg zum Albula-Pass, wo es gerade reicht, einem flott gefahrenen Toyota Prius am Hinterrad zu bleiben. Da hätte man gerne ein paar Pferdestärken mehr im Rücken. Aber auch auf der holprigen Passstrasse klappert nichts, der breite Bügel sorgt für eine steife Karrosserie.
Der Motor, 6 Zylinder, 1963 für den 911 neu entwickelt, war so etwas wie ein Quantensprung für Porsche, nachdem die früheren Modelle noch auf dem VW-Stossstangenmotor basierten. Lange Monate nach Einführung des 911 erwies sich der neue Motor als unzuverlässig und nicht serienreif. Erst die jungen Ingenieure Ferdinand Piëch und Hans Mezger brachten die entscheidenden Änderungen an: Trockensumpf statt Nassschmierung, sieben Hauptlager, ein Solex-Vergaser, einzel stehende Zylinder und Zylinderköpfe. Eine Herkulesaufgabe, aber der Motor erwies sich als robust und vor allem entwicklungsfähig.
Der Targa wurde 1965 vorgestellt.
Nun, der Motor ist im Modell 1967 kein Problem mehr, aber eine Eigenart der frühen Modelle ist noch vorhanden: die Empfindlichkeit auf Seitenwind. Auf der Schnellstrasse im Engadin braucht es beide Hände am Steuer, um den Wagen in gerader Linie zu halten. Dabei erinnert man sich, dass frühe 911 firmenintern als «Blindschleichen» bezeichnet wurden, eher eine schlangenartige als gerade Spur hinterlassend.Dafür müssen die Zweikreis-Vierrad-Scheibenbremsen lobend erwähnt werden. Ohne Nachlassen auch bei schnellen Abfahrten auf den Alpenpässen, sind sie präzis und ohne Kraftaufwand zu bedienen. Zusammen mit dem gut abgestimmten Fahrwerk und trotz Heckmotor ausgeglichener Balance sorgen sie für ein sicheres Fahrgefühl, keine Spur von «Heckschleuder», als die Porsches auch schon betitelt wurden. Als akustische Zugabe begleitet die «Musik» der Luftansauggeräusche aus dem Motorraum, die zu den Ur-911ern einfach dazugehören. Kurz: man versteht, warum so viele Leute von diesem Autotyp nicht mehr los kommen.
Der 911 Targa von 1967 ist kein Auto, nach dem sich Passanten den Kopf umdrehen. Man muss ihn fahren, um zu verstehen, wie gut er ist. «Autofahren in seiner vollendeten Form» versprach die Porsche-Werbung damals. Das kann man so stehen lassen.
Wir danken Hans Treml für diese feine Story. Er hat für uns auch schon über den Mercedes 190 SL geschrieben. Und wir entschuldigen uns dafür, dass wir keine besseren Bilder von dieser Porsche-Veranstaltung haben, unsere Schuld ist es ausnahmsweise nicht. Aber dafür haben wir ein paar Targa-Originalaufnahmen, die noch nicht so oft gezeigt wurden. Dafür gibt es noch einen Film von den Jungs von V12media.ch.
Alle unsere Geschichten zu 50 Jahre Porsche 911 gibt es: hier.
Original: radical