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Chevrolet Camaro ZL-1 Coupé 1969

Published in radical-classics.com

Das endgültige Vieh

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Als wir diese Woche erfahren durften, dass Chevrolet einen etwas flotteren Camaro auflegen wird, 550 Pferdchen, dicke Backen, da erinnerten wir uns ganz weit entfernt, dass es so etwas doch schon einmal gab. ZL-1, ZL-1 - genau! Es war das Jahr 1969, wahrscheinlich der beste aller Auto-Jahrgänge ever, und Chevrolet baute damals einen Camaro, wie es ihn vorher nie gegeben hatte und nie mehr geben sollte. Und er trug den Namen: ZL-1.

Doch schauen wir zuerst einmal zurück. Ford hatte mit dem Mustang, der am 17. April 1964 erstmals auf den Markt kam, gewaltigen Erfolg. Zwar wurde der Mustang auch mächtig aufgedonnert - Shelby! -, doch eigentlich war der Ford im Vergleich zu den «muscle cars» mehr ein Pferdchen, oder eben ein «pony car», wie später das gesamte Segment genannt werden sollte. GM und AMC und Chrysler blickten neidisch nach Dearborn, und es war klar, dass auch die Ford-Konkurrenten unbedingt so ein Pony im Stall haben mussten. Zwar war Chrysler mit dem Plymouth Barracuda (der eigentlich hätte Panda heissen sollen) noch zwei Wochen vor Ford am Start, doch die erste Barracuda-Generation war wenig aufregend, ein fristierter Valiant reichte halt nicht gegen den Mustang. Der Javelin von AMC kam 1967, und das war dann schon ein ziemlich heisses Teil, doch der Konzern war eindeutig auf dem absteigenden Ast, was die Chancen des Javelin nicht gerade verbesserte. Doch da war dann noch GM, damals der mit Abstand grösste Hersteller der Welt.

Am 28. Juni 1966 veranstaltete GM einen Anlass in Detroit - und an 14 Orten in den USA, alle live miteinander verbunden für die welterste Presse-Konferenz. Die Ansprache hielt Pete Estes (den kennen wir noch vom Pontiac GTO), der eine neue Modellreihe ankündigte, dann sogar noch den Namen verriet: Camaro. Als die Journalisten dann nachfragten, was das denn bitt'schön sein soll, Camaro, antworteten die Chevrolet-Mitarbeiter: «Ein kleines, böses Tier, das Mustangs frisst.»

Die ersten Camaro standen am 29. September 1966 bei den Händlern, grobe zweieinhalb Jahre nach dem Mustang.

Kein ZL-1, «nur» ein Z/28 aus dem Jahr 1969. Doch der war schon: heiss.


Noch einmal ein Z/28 - wir wären schon damit zufrieden.

Auch wenn der neue Wagen gewisse technische Verwandschaften hatte mit dem eher öden Chevy Nova, so war doch extra für den Camaro (und den ein Jahr später folgenden Pontiac Firebird) eine komplett neue Plattform entwickelt worden, der so genannte F-Body. Basis-Motorisierung war ein 3,8-Liter-Sechszylinder (230 ci), doch es gab von Anfang an richtig böse Geräte, etwa den SS, für den ein 6,5-Liter-V8 (396 ci) erhältlich war.

Doch der wahre Geheimtip war die Option Z/28, die im Dezember 1966 eingeführt wurde. Auf dem Papier sah sie nicht nach viel aus, ein 302-ci-V8 (4,9 Liter Hubraum) mit offiziell 290 PS (bei 5300/min) diente als Antrieb. Doch wer genauer hinsah, wusste schnell, dass Papier geduldig ist - und der Z/28 eigentlich ein Renn-Gerät. Der Motor hatte einen Alu-Block, einen 4-fach-Holley-Vakuum-Vergaser, scharfe Nockenwellen - und drehte locker bis 7000/min. Das bedeutete dann: mindestens 400 PS. 602 Z/28 wurden vom 67er-Jahrgang verkauft.

Kein ZL-1, «nur» ein Z/28 aus dem Jahr 1969. Doch der war schon: heiss.


Noch einmal ein Z/28 - wir wären schon damit zufrieden.




Das war nichts im Vergleich zum Erdbeben, das der Camaro unter den «pony cars» verursachte: 221'306 Exemplare wurden schon im ersten Jahr abgesetzt.

1968 kam es noch besser, 235'147 Camaro wurden verkauft. Und weil der Z/28 auch in den offiziellen Prospekten aufgeführt war, stiegen seine Verkaufszahlen ebenfalls an, auf 7199 Exemplare. 1969 zeigte allerorten einen weiteren Anstieg, 243'085 Exemplare wurden abgesetzt, davon stolze 20'302 Z/28. Das heisse Teil war also fast so ein bisschen Normal-Programm geworden, und da gab es harten Kern von Fans und Händlern, die sich so ein bisschen «hardcore» wünschten.

Der Befehl aus der GM-Plüschetage war aber klar: es durften keine Fahrzeuge mehr gebaut werden, deren Motoren grösser waren als 400 ci (6,6 Liter Hubraum). Bei Ford gab es aber die 428-ci Cobra Jet (7 Liter Hubraum) und bei Chrysler die 426-ci (ebenfalls 7 Liter) und sogar einen 440-ci (7,2 Liter Hubraum). Wobei, es gab ja auch einen 427-ci bei GM, der war aber der Corvette vorbehalten, dem teuersten Sport-Modell. Aber die Frage stand im Raum: Wieso nicht auch einen Camaro bauen mit diesem 7-Liter-Motor?

Nun nennen wir ein Zauberwort: COPO. Das steht ziemlich unsexy für «Central Office Production Order» und war ganz einfach die Abteilung bei Chevrolet, die sich mit den Sonder-Wünschen beschäftigte. Wer also ein Taxi mit einer speziellen Farbe wollte, der wandte sich an COPO. Dort wurde sein Wunsch erfüllt, vorausgesetzt, er war machbar - und es wurden mindestens zehn Exemplare bestellt. COPO musste sich nie an die Befehle von ganz oben halten, Hauptsache, es wurde Geld verdient. Nun taten sich einige bekannte Chevrolet-Händler zusammen und äusserten ihren Wunsch, eben, so ein 427er-Camaro (und wenn möglich auch gleich noch eine Chevelle mit dem gleichen Motor). Vince Piggins, der Mann, der schon die ersten Z/28 konstruiert hatte, machte sich an die Arbeit.

Es hatte viel von Heimlichtuerei. Nur die Eingeweihten durften wissen, dass sie unter dem COPO-Code 9561 einen Camaro mit dem 427-ci-Motor - besser bekannt als L72 - bestellen konnten (und unter Code 9562 eine ebensolche Chevelle).

Kein ZL-1, «nur» ein Z/28 aus dem Jahr 1969. Doch der war schon: heiss.

Das war schon ein feistes Teil, 425 PS und ein maximales Drehmoment von 624 Nm bei 4000/min.

Der engste Kern schreib aber «9560» auf die Bestellung - und erhielt dann ein echtes Renngerät. Aussen und auch innen sah das Vieh aus wie ein ganz profaner Sechszylinder-Camaro, doch unter der Haube schlummerte das Beste, was GM in jenen Jahren zu bieten hatte. Auch ein 427-ci-Motor, also 7 Liter Hubraum, doch komplett aus Alu. Mit einer Verdichtung von 12,0:1. Offiziell schaffte das Triebwerk 430 PS, doch keines dieser handgemachten Teile hatte weniger als 550 Pferde, einige besonders gut ausbalancierte Maschinen sollen gar auf 580 PS gekommen sein. Das maximale Drehmoment lag bei 610 Nm bei 4400/min. Und das Teil wog nur gerade 225 Kilo. Das sorgte dann für ziemlich viel Stimmung auf den amerikanischen Strassen; im «NHRA Super Stock»-Drag-Racing waren die ZL-1, wie diese speziellen Camaro genannt wurden, so gut wie unschlagbar. Mit den gewöhnlichen Strassenreifen schaffte der Camaro den Sprint von 0 auf 60 Meilen in 5,3 Sekunden, die Viertelmeile schaffte er in 11,6 Sekunden und erreichte dabei eine Höchstgeschwindigkeit von 196,3 km/h. Man darf davon ausgehen, dass Chevrolet nie ein potenteres und schnelleres Gerät gebaut hat als diesen ZL-1, da konnten nicht einmal die Vetten mit dem L88-Triebwerk mithalten.

69 dieser ZL-1 wurden gebaut, 47 mit einer manuellen 4-Gang-Schaltung, die restlichen 22 mit einer Turbo-Hydromatic-400-Automatik (im Drag-Racing durfte man nur mit Automat antreten). Der Verbrauch war absurd, die riesigen Holley-Vergaser sogen bei zu 48 Liter auf 100 Kilometern aus dem Tank. Und auch der Preis war jenseitig, so ein ZL-1 kostete ohne Optionen 7200 Dollar, das Doppelte eines gut ausgestatteten SS396-Camaro-Coupé; 4160 Dollar waren allein für den Motor zu entrichten. Das dürfte auch der Grund gewesen sein, weshalb COPO die Dinger kaum losbrachte, es dauerte bis weit in die 70er Jahre, bis die letzten ZL1 verkauft waren. Himmel, weshalb mich nie jemand gefragt?

Echte ZL-1 kommen selten in den Verkauf. Im vergangenen Herbst versteigerte RM Auctions einen dieser Camaro ZL-1 aus der Sammlung des berühmten «muscle car»-Spezialisten Milton Robson für 418'000 Dollar; erstaunlich günstig, der Schätzpreis hatte bei 750'000 Dollar gelegen.

Hier geht es zum neuen Camaro ZL1. Inklusive einem hübschen Filmchen. Aber auch von diesem 69er ZL-1 gibt es ein paar bewegte Bilder, samt Strom-Gitarren.


Original: radical

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