Das Leben ist anderswo (1), Biscuter, 1953-1960-1648
Biscuter, 1953-1960
Kleinstwagen - in den 50er Jahren waren sie oft die einzige Möglichkeit, sich einen fahrbaren Untersatz zu leisten. Heute kennt diese Marken kaum noch jemand - oder haben Sie schon von Biscuter gehört?
Nach dem 2. Weltkrieg dauerte es in Spanien noch ein wenig länger als in anderen Ländern, bis die Wirtschaft wieder in Schwung kam; das Franco-regime stand in Europa allein auf weiter Flur, und mit Unterstützung aus dem Ausland war nicht zu rechnen. Die einst stolze Auto-Industrie lag komplett am Boden, auch wenn General Franco Hispano-Suiza noch vor dem Krieg verstaatlicht hatte und in neuer Form - Pegaso! - nach dem Krieg wieder auferstehen liess. 1950 wurde mit Hilfe des Staates zwar auch noch Seat gegründet, doch es sollte bis Ende 1953 dauern, bis die Marke mit Hilfe von Fiat die ersten Autos auf die Strasse brachte.
Doch es bestand halt: Bedarf. Während Deutschland seinen Käfer hatte, Fiat den Topolino und den 500er, Frankreich den Citroën 2CV und den Renault 4CV, hatte Spanien vorerst einmal gar nichts, was sich zur Motorisierung der Massen geeignet hätte. Es entstanden damals, Anfang der 50er Jahre, viele Projekte, doch alle scheiterten - unter anderem auch die Marke Biscuter, die hier vorgestellt werden soll. Doch bevor wir Biscuter mit Anlauf und Vorsatz in den Abgrund rennen lassen, muss der Blick zuerst nach Frankreich gewendet werden, zu einem Genie namens Gabriel Voisin.
Zuerst baute Gabriel ein Dampfboot, da war er noch keine 16. Dann baute er, noch keine 20 und das 20. Jahrhundert war auch noch nicht angebrochen, ein Flugzeug (ok, es war mehr ein Segler, aber immerhin). Und dann auch noch ein Auto. Dann erst begann Gabriel Voisin seine Studien, Architektur und Maschinenbau.
Doch das war ihm zu langweilig, deshalb gründete er mit seinem Bruder ein Unternehmen zur Herstellung von Fluggeräten,das so erfolgreich war, dass Voisin vor und vor allem im 1. Weltkrieg zu einem der grössten französischen Flugzeug-Hersteller wurde.
Aber auch das wurde ihm langweilig, und nach dem 1. Weltkrieg wandte er sich dem Bau von Automobilen zu. Er liess von Citroën-Ingenieuren einen Luxuswagen konstruieren - Andre Citroën war einer seiner besten Freunde -, den er dann in den einstigen Flugzeug-Hallen baute. Der M1 war sehr erfolgreich, Voisin verdiente wieder viel Geld - und entwickelte einen sanften Hang hin zum Grössenwahn, was etwa sein Modell C2 aufzeigte, angetrieben von einem 7,2-Liter-V12, mit einem Radstand von 4, ja: vier Metern. Und es kam auch noch, wie es kommen musste mit diesem ehemaligen Flugzeug-Konstrukteur: er wandte sich der Aerodynamik zu. Seine Karosserien dürfen heute als Schulbeispiele für wunderbares sowie auch sinnvolles Design gelten. 1938 hatte Voisin genug vom Bauen von Autos, er zog sich aus dem Geschäftsleben zurück - und schrieb bis zu seinem Tod im Jahre 1973 in erster Linie gehässige Leserbriefe an Zeitungen.
(Weil wir so viele schöne Bilder haben von den Biscuter, teilen wir die Story, dann können wir mehr Fotos zeigen, unten rechts, «Bildergalerie»... hier, Teil 2.)
Biscuter 200-A Zapatilla von 1957, der Pantoffel.
Gab es auch als Lieferwagen: Text: pru, Fotos: Courtesy of RM Auctions
Original: radical