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Mein erstes Mal, Mein erstes Mal 1594

Published in radical-classics.com

Porsche 924 CarreraGT

Noch nicht erstellt
Natürlich nicht so wie ihr jetzt wieder meint, nein, mein erstes Klassik-Bergrennen stand vor kurzem auf dem Programm. Obwohl die meteorologischen Vorzeichen nicht gerade gut standen wurde es ein Erlebnis der Sonderklasse.

Es ist Freitagmorgen, 03.15 Uhr. Es regnet, ist saukalt und der Weg von Burgdorf nach Arosa ist lang. Unterwegs schüttet es wie aus Kübeln, je näher ich meinem Zielort komme, desto übler wird es. Beim Aufstieg von Chur nach Arosa zieht gar noch etwas Nebel auf. Wääh, muss das sein? Was tue ich mir nur wieder an? Um diese Zeit und diesem Wetter gehen normale Menschen nicht einmal mit dem Hund raus. Immerhin, die Aussicht auf mein Rennfahrzeug lässt meine Laune besser werden. Auch wenn alle Welt – mich inklusive – behauptet, der Porsche 924 sei eigentlich gar kein Porsche. Nun hat der Wagen also zwei Tage lang Zeit, mich vom Gegenteil zu überzeugen. Immerhin ist kein x-beliebiger Coiffeusentraum sondern eine CarreraGT, also eines von nur 279 gebauten Modellen. Und: «meiner» hat die Chassisnummer 00002. Zur Verfügung gestellt vom Porsche-Museum in Stuttgart. Die Arosa Classic schien den Jungs und Mädels von Porsche Schweiz so wichtig, dass sie sogar den Direktor des Museums, Achim Stejsksal, in die Bündner Berge beorderten. Er kam, sah und genehmigte sich einen kleinen Imbiss. Den Job hätte ich auch mal gerne...

Aber noch war der Herr Direktor nicht da, es war noch nicht einmal sieben Uhr als ich den Weg ins Fahrerlager unter die Füsse nahm. Mein erstes Date mit dem 924 stand bevor. Eigentlich Irrsinn, ein sehr seltenes Auto auf einer Bergstrecke zu bewegen, die man noch nie befahren hat. Dazu bei einem Wetter, bei dem Papi sogar seinen uralten Subaru in der Garage lässt und lieber mit dem Bus ins Dorf fährt. Aber da muss ich jetzt durch. Heckantrieb, Transaxle-Bauweise und knapp 200 Turbo-PS – das wird sicher lustig. Der rote Renner empfing mich mit geschlossenen Augen, die damals noch so modischen Klappscheinwerfer bleiben abgeklappt, der 924 würdigte mich keines Blickes. Aber ich sah mir das Teil genau an.


Und, wie nicht anders zu erwarten, der Zuffenhausner war in perfektem Zustand. Okay, angesichts der Spaltmasse hätte VW-Chef Pietsch einen Nervenzusammenbruch, aber sonst? Das Auto, mit nicht einmal 60'000 Kilometern auf der Uhr, stand da wie ein Neuwagen. Und der dazugehörige Mechaniker meinte nur knapp: alles prima, du kannst fahren. Um 07.20 Uhr rief der Platzspeaker bereits dazu auf, die Autos an den Startpunkt in Langwies zu verschieben. Also im Konvoi den Berg runterrollen, da lernt man das Auto nicht wirklich kennen. Und dann kommt das, was an Bergrennen am meisten gemacht wird. Warten am Vorstart. Ziemlich genau um 8 Uhr geht’s dann los, die Startflagge fällt, der Vierzylinder heult kurz auf und – nix geht’s vorwärts. Langsam humple ich vom Start. Wer nicht auf die Drehzahl achtet, den straft der Turbolader. Erst als sich genügend Ladedruck aufbaut wechselt der Porsche vom Trab in den Galopp. Es ist ein Turbomotor von altem Schrot und Korn.

Natürlich war neben unserem 924er...


... eine ganze Armada an Porsches aller Epochen am Start




Nix da mit Drehmomentwellen, bis knapp unter 4000 Umdrehunegn passiert gar nix, dann geht der CarreraGT richtig gut. Aber bereits bei knapp unter 6000/min ist schon wieder vorbei. Hm, das wird kompliziert. Denn Traktion ist nahezu nicht vorhanden. Dreht man den Motor zu wenig hoch, schleicht der Porsche wie ein weidwunder Hirsch durchs Kurvengeschlängel, dreht man zu hoch, scharren die Hinterräder wie wild und versuchen sich am nassen Asphalt festzuhalten. Der erste Lauf, von dem auch das Video stammt, war also zum vergessen. Leider starb die Kamera danach den Feuchtigkeitstod, darum gibt’s kein Video von einer richtig schnellen Fahrt. Denn die gabs auch.

Am Samstagmorgen, nach einer grosse Kappe Schlaf geht’s wiederum los. Es sind noch gerade mal 3 Grad draussen, die Baumwipfel um Arosa sind weiss gezuckert – aber es regnet nicht. Irgendwie ist das zweite Date mit dem 924er viel entspannter. Wir kennen uns ja nun schon ein wenig. Freunde sind wir noch nicht, aber es läuft zwischen uns einigermassen harmonisch ab. Und ich habe gelernt. So zum Beispiel, dass ich auf dem Weg zum Startpunkt so viel wie möglich schalten muss. Denn das Getriebe an der Hinterachse braucht lange, um warm zu werden. Und wenn das Öl in der Fünfgangbox noch kalt ist, lässt sich der erste Gang während der Fahrt nur sehr schwer einlegen. Doch den ersten Gang braucht man bei einem Bergrennen öfters. Also schalte ich was das Zeug hält. Ein Wunder, dass mir keiner der Streckenposten den Vogel gezeigt hat.

Aber: es nützt. Am Samstag fahre ich im zweiten Lauf meiner persönliche
Bestzeit. Zwar ist die Arosa Classic Car eine Veranstaltung, in der es
in erster Linie um Gleichmässigkeit geht. Aber ich bin nicht zu gewinnen
hier, ich will Spass haben!Und endlich hat der 924er auch Gelegenheit
mich davon zu überzeugen, dass er ein echter Porsche ist.

Natürlich war neben unserem 924er...

Auf abtrocknender Strecke zeigt sich, wie aufgewogen das Auto ist. Keine Zicke, einfach ein Sportwagen, der nach einer strengen Hand verlangt. Und die Traktion ist jetzt hervorragend, die Bremsen auch – ja, bei der Arosa Classic Car geht die Strecke sogar einmal bergab – und im Drift um die Spitzkehre ist eine einfach Übung, wenn die Drehzahl stimmt. Und: wenn man so mit sich und der Strecke beschäftigt ist, stört man sich auch nicht am eher tristen Innenleben des Carrera GT. Hartplastikteile, die heute noch bei Lada verbaut werden, Stoffe, die ich zum letzten Mal an einer Ständerlampe in der Brockenstube gesehen habe und eine Sitzposition die, gelinde gesagt, gewöhnungsbedürftig ist. Ich habe mich an alles gewöhnt in diesen zwei Tagen und eines steht fest: der Porsche und ich sind dann doch Freunde geworden! Und: der 924 ist ein echter Porsche, zumindest die Carrera-GT-Version.


Original: radical

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