Dies ist ein Inserat, Fahrbericht BMW 2002 touring-1625
BMW 2002 touring
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Und dann, auf einer fiesen Bodenwelle, schickte der vor uns fahrende Lastwagen eine fette Ladung Kies auf den orangen BMW 2002 tii touring. Nicht gerade freundlich, und gefährlich war es auch, denn der Pilot sah ziemlich lange gar nichts. Und dann, als er endlich am Strassenrand anhalten konnte und sich die Sauerei genauer ansah, da wurde ihm auch schnell klar, weshalb er nichts mehr gesehen hatte. Das Kies hatte die Frontscheibe in tausend Stücke zersplittert, das Glas hing nur noch in Fetzen in der Verankerung. Und der arme, kleine BMW sah auch sonst aus, als ob er gerade Paris-Dakar hinter sich gebracht hätte. Das Problem: es geschah dies alles im Südwesten von Frankreich, im Hinterland von Biarritz. Man schrieb Mitte der 70er Jahre, ein BMW war damals in Frankreich noch so exotisch wie ein Ferrari. Die Familien-Ferien wurden dann eher - anstregend. Wie das Problem schliesslich gelöst wurde, daran kann ich mich nicht mehr erinnern, aber das Bild des orangen 2002 tii touring mit dem vollgepackten Dachträger - schliesslich musste ja eine komplette Camping-Ausrüstung mitgeführt werden -, das werde ich nie vergessen.
Diese Kindheitserinnerungen kamen sofort auf wieder auf, als ich vor vier Jahren eine ganze Fuhre älterer BMW zum Verkauf ausgeschrieben sah. Der Vorbesitzer soll ein Professor der Philosophie gewesen sein, hiess es gerüchteweise, der sich jedes Jahr einen neuen BMW gekauft habe. Und den Vorgänger dann weggestellt habe. Ich verliebte mich sofort in den weissen 2002 touring, Jahrgang 73 (und noch so ein bisschen in einen 2000 CS, den Chinesen) - und kaufte die beiden Bayern.
Die Geschichte des «Chinesen» mag ich hier nicht erzählen, es würde eine lange werden. Am «touring» gab es auf den ersten Blick nicht viel zu machen, hinten hatte er etwas Rost, doch der wurde dann doch zu einer grösseren (und teuren) Übung, weil auch noch der Tank ausgebaut werden musste. Mechanisch hingegen war alles in Ordnung, obwohl der BMW doch ein paar Jahre gestanden hatte, aber gerade die 2002 von BMW sind berühmt dafür, dass sie sehr zuverlässig sind.
Im klassischen Weiss.
Und er fährt: prächtig.
Es auch genügend Ersatzteile gibt, und diese nicht die Welt kosten. Auf jeden Fall schaffte mein 2002 touring ohne die geringsten Probleme oder Beanstandungen die Abnahme von Strassenverkehrsamt. Und erhielt auch den Veteranen-Stempel.Ach, er ist ein wunderbares Automobil. Leider kein «tii» mit 130 PS, dafür hat er auch keine dieser problematischen mechanischen Kugelfischer-Saugrohr-Einspritzungen. 100 PS leistet der Zweiliter-Vierzylinder, das reicht locker für die 950 Kilo, die der kleine Bayer wiegt. Nein, ein Rennwagen ist er deshalb nicht, heute fahren mir aufgeblasene Kleinwagen um die Ohren. Doch es macht Spass - weil man diesen Wagen noch fahren muss. Keine elektronischen Helferlein verderben die Freud', und gerade die «touring», die hinten noch leichter sind als die normalen 02er, haben die Tendenz, dass sie etwas gar abrupt hinten ausbrechen. Vor allem, wenn man noch auf der Bremse ist vor dem Kurveneingang. Aber der BMW lässt sich auch leicht wieder in die Spur bringen.
Im klassischen Weiss.
Und er fährt: prächtig.
Die Bremsen sind ganz anständig, nicht zu vergleichen selbstverständlich mit modernen Verzögerungsanlagen, aber das reicht locker, denn meist hat man zwar das Gefühl, so richtig flott unterwegs zu sein, ist es aber gar nicht. Schön ist dann, dass man schnell schon am Limit des Wagens kämpft - und trotzdem noch innerhalb der vom Gesetzgeber vorgeschriebenen Regeln bleibt. So: einigermassen.
Auch eine Kindheitserinnerung: dieses Motorengeräusch. Nur ein BMW kann so tönen. Es ist immer auch ein sanftes Wimmern. Ganz so, als ob er mitteilen wolle, man solle ihn nicht zu sehr plagen. Dabei hat er ja gar nichts dagegen, wenn man ihn ein wenig tritt. Nein, ich habe meine touring natürlich nie voll ausgedreht, bei 5000/min ist Schluss, denn mehr bringt ja auch nichts, da wird der Vierzylinder nur noch lauter, aber nicht mehr schneller. Als knackig möchte man das Getriebe nicht bezeichnen, die Wege sind zu lang (wie das früher halt war), und es braucht auch ein wenig Kraft. Aber die Ebenen sind gut definiert, und die Anschlüsse der vier Gänge sind bestens. Überland macht er am meisten Freud', aber am Berg geht es auch. Und ja, obwohl bald 40 Jahre alt, ist er noch absolut alltagstauglich.
Was viel damit zu tun hat, dass es ein touring ist. Dieser war die erste Kombi-Limousine in Deutschland mit geteilter Rückbank. Das von Paul Bracq gezeichnete Modell hatte statt des konventionellen Stufenhecks eine schräge Heckklappe - und war 12 Zentimeter kürzer als die Limousinen. Und bietet doch mehr Platz. In meinem touring wurden die Sitze wohl nicht of abgeklappt, deshalb ist der Mechanismus etwas schwergängig, doch solche Probleme lassen sich lösen. Genau wie jenes mit der Heckklappe, die ebenfalls etwas gar viel Kraftaufwand braucht.
Kommen wir zum Punkt: dieser 73er BMW 2002 touring steht zum Verkauf. Schweren Herzens. Nicht aus Platzmangel, sondern ganz einfach deshalb, weil er zu wenig Auslauf kriegt.
Im klassischen Weiss.
Und mehr Auslauf hätte er auf jeden Fall verdient. Er ist kein Concours-Auto, aber sicher sauberer Zustand 2, absolut original (davon gibt es nur noch wenige), ungeschweisst, kein Rost, nirgends, doch halt mit Gebrauchsspuren, auch innen. Wobei, innen, da muss man gar nichts machen,das sieht gut aus. Und die Uhr geht auch, zumindest, wenn man das Ding fährt... Kilometerstand: 105'000. Kompletes Serviceheft vorhanden (sofern ich es denn wieder finde). Preisvorstellung: ich hab schon eine. Aber ich lass mich mal überraschen. Angebote an: ruch@active.ch. Selbstverständlich lässt sich der schöne Wagen auch jederzeit fahren. Und mehr Bilder haben wir auch.Die Geschichte der 02er-Reihe von BMW, Teil 1. Und dann auch noch: Teil 2.
Mehr BMW gibt es im Archiv.
Original: radical