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Säufer-Traum, Fahrbericht De Tomaso Pantera GTS 1578

Published in radical-classics.com

Fahrbericht De Tomaso
Pantera GTS

Noch nicht erstellt
Meine Geschichte mit dem De Tomaso Pantera ist eine ganz spezielle. Ein chronischer Säufer ist Schuld, dass mich dieser Wagen immer fasziniert hat. Nun endlich konnte ich meinen Jugendtraum erfüllen und einen Pantera GTS bewegen. Und ich war – anders als erwartet – nicht enttäuscht vom rassigen V8-Sportler.

Es war vor langer, langer Zeit, so um 1973, als ich vom Pantera-Virus angesteckt wurde. In der Strasse, in der ich damals wohnte, gab es eine Dorfbeiz. Da wurde gejasst, geraucht und viel getrunken. Und ich musste jeden Morgen, wenn ich zur Schule ging, an diesem Restaurant vorbei. Und fast jeden Morgen stand auf dem Parkplatz ein roter DeTomaso. Ein Pantera. Allein der Name war faszinierend. Das Auto gehörte nicht einem Nachbarn, nein, er gehörte jemandem, der fast jeden Abend so viel vergorenen Gerstensaft zu sich nahm, dass er das tolle Auto stehen lassen musste. Das wusste ich damals zwar nicht, aber es wäre mir auch egal gewesen. Hauptsache, der rote Flitzer stand am Morgen da, er wartete sozusagen auf mich. Mehr als einmal kam ich seinetwegen etwas gar spät in den Unterricht. Und schon damals war ich mir sicher: irgendwann, wenn ich gross und reich bin, fahre ich so ein Auto.

Das ist wie erwähnt bereits ein paar Jahre her. Nie hatte ich in dieser Zeit Gelegenheit, ein Auto von Alejandro de Tomaso zu bewegen. Bis vor wenigen Wochen, als ich einen De Tomaso Pantera GTS auf der Homepage der Oldtimergalerie in Toffen entdeckte. Ein Anruf und nur wenige Stunden später stand ich vor dem Traum meiner Jugend, besser gesagt: ich sass drin. «Mein» Pantera war ein GTS von 1973, mit einem 351er-Cleveland-Motor von Ford. Umgebaut auf Benzineinspritzung, abgestimmt bei den Leuten von Sauber F1. Und es ist kein überrestauriertes Hochglanz-Auto, sondern ein klassicher Wagen mit Macken und viel Patina.


Damit steht der Wagen genauso da, wie er das Werk verliess. Denn auch die Pantera, die ausgeliefert wurden, waren nicht frei von Macken. Aber es waren sehr faszinierende Autos, und sind es bis heute geblieben.

Eigentlich wollte der Argentinier Alejandro de Tomaso (Jahrgang 1928) ja in Italien Rennfahrzeuge bauen. Er kam 1955 nach Bologna, eröffnete einen Tuningbetrieb und wollte mit seinen Konstruktionen in die Formel-1 einsteigen. Da ihm, der selber einige wenige Formel-1-Rennen bestritten hatte, dabei nur wenig Erfolg beschieden war, setzte er  mit seiner kleinen Firma in Modena ab 1963 auf Sportwagen für den Strasseneinsatz. Doch, auch sein erster  Strassenwagen floppte. Den filigranen Vallelunga mit 105 PS aus einem 1500er-Vierzylinder wollte – niemand. Keine 50 Exemplare wurden gebaut. Das änderte sich schlagartig mit der Verwendung von amerikanischen V8-Motoren und dem Mittelmotorkonzept im Mangusta. Sicher nicht unschuldig am Erfolg war ein Italiener – Giorgetto Giugiaro zeichnete damals die Aussenhülle des Mangusta.

Volle Packung an Schaltern und Uhren.


Der Pantera bietet verhältnismässig viel Platz im Innenraum.




Vom Mangusta wurden innerhalb von drei Jahren rund zehn Mal mehr Fahrzeuge produziert als vom Vallelunga. Schon fast zum Grossserienfahrzeug wurde dann der Pantera. Nicht zuletzt, weil man mit den Lincoln/Mercury-Händlern in den USA einen Lieferdeal aushandeln konnte. Dieser Deal lief über den Ford-Konzern, der auch die Motoren lieferte. Im Gegenzug übernahmen die Amerikaner von De Tomaso die Marke Ghia. Die Produktion des Pantera begann 1971. Für das Design verantwortlich war Tom Tjaarda, ein US-Amerikaner, der sich aber in Italien sehr heimisch fühlte. Er stand in Diensten zahlreicher italienischer Designer und des Fiat-Konzerns, wo er unter anderem für das Design des Lancia Y10 die Verantwortung trug. Technisch war der Pantera grundsätzlich ein einfaches Fahrzeug: Mittelmotor aus der Grossserie, selbsttragende, keilförmige Karosserie und fette Räder. Aber die Umsetzung zeigt, dass man sich bei DeTomaso durchaus seine Gedanken gemacht hatte, wie aus diesen Grundzutaten ein richtig schnelles Auto zu machen sei. Zur Verbesserung des Schwerpunkts wurde das Getriebe an der Hinterachse verblockt und die aufwändige Radführung (rundum doppelte Dreieckquerlenker) wurde von keinem Geringen als Gian Paolo Dallara entwickelt. Gebaut wurden die ersten Fahrzeuge (rund 380 Einheiten) bei Vignale in Turin, ein Unternehmen, das damals  ebenfalls zu Ford gehörte. Erkennbar sind die Autos aus der Vignale-Produktion an den Drucktasten-Türgriffen. Schon ab 1971 hatte De Tomaso parallel eine Produktionsstrasse, auf welcher die Vignale-Karosserien komplettiert wurden. Diese Modelle sind an den rechteckigen Türgriffen von den Vignale-Autos unterscheidbar.

Genug der grauen Theorie, rein ins Auto. Welch eine Wonne, weil der Wagen für den amerikanischen Markt entwickelt wurde, haben auch etwas fülligere Zeitgenossen genügend Platz im Pantera. Der V8, der direkt im Nacken von Fahrer und Beifahrer sitzt, brüllt nach einer halben Anlasserumdrehung los.

Volle Packung an Schaltern und Uhren.

Dieser Sound, ich musste die Haare an den Armen mit Gel wieder zähmen, sonst würden sie heute noch aufstehen. Ein rotzender, schnaubender und brüllender Brocken im Genack, nur rund 1400 kg Leergewicht und eine Lenkung ohne Servounterstützung – das wird ein Ritt auf der Kanonenkugel. Dachte ich. Nein, lammfromm ist der Pantera GTS nicht, aber er ist trotz fehlender Servolenkung auch in langsamer Fahrt kein Biest. Klar, die Kräfte um Lenkung, Kupplung und Bremsen zu bedienen, sind nach heutigen Massstäben sehr hoch – doch es ist problemlos machbar. Wer dem Gaspedal aber ordentlich den Schuh gibt, der muss seinen Kopf bei der Sache habe. Der Panters GTS ist  - auch heute noch – ein sehr schnelles Auto. Und er setzt die Wünsche des Fahrers unglaublich direkt in die Tat um – so wie es nur ein grossvolumiger, scharfer V8 kann. Nach einem kurzen Angewöhnen wird man mutiger, lässt das Bremsen vor der Kurve auch mal aus und merkt, dass mit Gian Paolo Dallara ein echter Spezialist für das Fahrwerk verantwortlich war. Mit dem Pantera kann man – im Gegensatz zu einigen anderen US-V8-Sportwagen aus jener Zeit - richtig flott ums Eck dreschen. Dazu wie erwähnt dieser wahnsinnige, satte, fordernde V8-Sound. Da nimmt man in Kauf, dass sich der Innenraum extrem aufheizt, dass die Sitze nur bedingt bequem sind und dass der Sportler einen ordentlichen Durst an den Tag legt.

Weil in all den Jahren rund 4000 Panteras unterschiedlichster Art gebaut wurden, findet man heute noch schöne Exemplare. Gute Fahrzeuge haben aber leider ihren Preis. Unter 60'000 Franken ist selten ein Pantera GTS zu finden, ein nahezu perfektes Exemplar kostet gerne auch mal 85'000 Franken. Dafür ist der Unterhalt, dank der einfachen US-Technik, nicht sonderlich kostenintensiv. Und: fast alle Teile, sogar die der Karossere, sind heute noch lieferbar. Und: billiger werden die Panteras in den kommenden Jahren sicher nicht. Es ist also eine grosse Investition, aber eine, die auch beim Fahren viel Spass macht. Ich kann nach der Fahrt mit dem genialen Wagen noch viel weniger verstehen, wie sich der Pantera-Besitzer damals jeden Abend so volllaufen lassen konnte.


Original: radical

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