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Und doch..., Lancia Flavia, einst-1614

Published in radical-classics.com

Lancia Flavia, einst

Noch nicht erstellt
Alle Strassen führen nach Rom, sagt man doch. Das stimmt aber bei der Via Flavia nicht, diese unter Kaiser Vespasian (9 bis 79) gebaute Strasse führte von Triest nach Dalmatien (und wohl auch wieder zurück nach Triest, damals als Tergeste bekannt). Benannt war sie nach seiner Frau Flavia, die in die Weltgeschichte einging als Flavia die Ältere; ihre Tochter war dann Flavia die Jüngere, die wiederum eine Tochter hatte, Flavia die Heilige. Es war überhaupt erfolgreicher Nachwuchs, den Flavia die Ältere gebar: Ihr ältester Sohn hiess Tttus und war Kaiser von Rom von 79 bis 81, ihr jüngerer Sohn war Domitian, Kaiser von Rom von 81 bis 96.

Und was soll nun dieser Ausflug in die Geschichte? Nach dem Zweiten Weltkrieg begann Lancia, damals noch ein höchst angesehener, unabhängiger Konstrukteur, seine neuen Fahrzeuge mit den Namen von Strassen, die von den Römern gebaut worden waren, zu bezeichnen. Zuerst war es der Aurelia, dann folgte der Appia, dann die Flaminia und, ab 1960, die Flavia.

Es waren schwierige Zeiten, damals schon, für Lancia. Der grosse Patron, Vincenzo Lancia, der das Unternehmen 1906 zusammen mit dem ehemaligen Fiat-Testfahrer Claudio Fogolin gegründet hatte, war 1937 gestorben, sein Sohn Giovanni hatte die Nachfolge übernommen. Den 2. Weltkrieg überstanden die Italiener noch so einigermassen unbeschadet, weil sie immer auch Lastwagen, Busse und Militär-Fahrzeuge gebaut hatten, doch Ende der 40er, Anfang der 50er Jahre wollte das Publikum nicht mehr grosse Limousinen oder schnelle Sportwagen oder wunderbare Innovationen, sondern kleine, billige Autos. Da konnte und wollte Lancia nicht mithalten, mit dem Resultat, dass Giovanni Lancia die Firma 1955 an Italcementi verkaufen musste. Italcementi hatte nicht viel mit Autos am Hut, sondern verdiente sein Geld mit der Herstellung von Baumaterialien. Trotzdem entstanden noch einige herrliche Fahrzeuge in jenen Jahren, vor allem deshalb, weil Italcementi-Chef Carlo Pesenti ein grosses Faible für Lancia hatte, Antonio Fessia von Fiat abwarb und grünes Licht für die herrliche Flaminia gab.
Lancia Flavia

Die Berlina - kein Höhepunkt.

Lancia Flavia Sport, Zagato

Der Sport von Zagato - besser wurde es nicht mehr.

Fessia versuchte sich auch in der Mittelklasse, mit der Flavia, die 1960 auf dem Salon von Turin vorgestellt wurde. Anfangs gab es die Flavia nur als viertürige Limousine - Berlina, wie die Italiener dem sagen -, deren Design aus dem eigenen Haus stammte, was man auch gut sah, denn das Ding war von der eher kantigen Sorte. Schon kurz darauf reichte Pininfarina ein deutlich hübscheres Coupé nach, auf einer verkürzten Plattform, Michelotti entwarf und Vignale baute ein zweitüriges Cabrio, und Zagato lieferte das Flavia-Meisterwerk ab, ein zweitüriges Coupé, das dank grosszügigen Einsatz von Alu deutlich leichter war als die Berlina und auch im Rennsport eingesetzt werden konnte.

Für die damalige Zeit war die Flavia ein ziemlich ungewöhnliches Fahrzeug. Angetrieben wurde sie von einem 1,5-Liter-Boxer, der komplett aus Alu gebaut war. Die 78 PS waren ein guter Wert für ein Mittel-Klasse-Auto, aber so richtig grob schoben sie die Karre trotzdem nicht an.
Lancia Flavia

Die Berlina - kein Höhepunkt.

Lancia Flavia

Der Sport von Zagato - besser wurde es nicht mehr.

Lancia Flavia
Lancia Flavia
Lancia Flavia
Mit einem Doppel-Vergaser stieg die Leistung für die Pininfarina-Coupé und das Cabrio auf 90 PS, die Zagato-Variante soll auf 100 Pferde gekommen sein, doch der Doppel-Vergaser war etwas schwierig bei Laune zu halten. Dazu gab es vier Scheiben-Bremsen (von Dunlop), Vorderrad-Antrieb sowie eine Vorderrad-Aufhängung mit ungleich langen Querlenkern. Mit einer Länge von 4,6 Metern war die Flavia ein ziemlich stattliches Auto, mit einem anständigen grossen Innenraum, der dem Radstand von 2,6 Metern zu verdanken war.

Über die Jahre wurde die Flavia heftig bearbeitet, der Hubraum des Vier-Zylinders stieg zuerst auf 1,8 Liter (92 PS - oder 105 PS, mit dem Doppel-Vergaser), und es gab auch noch eine Variante mit der mechanischen sowie gefürchteten Kugelfischer-Einspritzung (102 PS). In den 60er Jahren übernahm Fiat schrittweise die Kontrolle bei Lancia, das Vignale-Cabrio und der Zagato-Sportler wurden nicht mehr weiter gebaut, dafür 1969 auf dem Salon in Genf eine komplett überarbeitete Variante der Flavia präsentiert, jetzt mit 2 Liter Hubraum. Die kam dann mit dem Einfach-Vergaser auf 114 PS, mit der Kugelfischer-Einspritzung auf satte 126 Pferde. Doch die Lebenszeit der Flavia war um, Fiat hatte unterdessen die Macht komplett übernommen, und 1970 wurde das Fahrzeug in Lancia 2000 umgetauft. Nur gerade 41'114 Flavia konnten in den zehn Produktionsjahren verkauft werden.

Die Flavia ist sicher nicht eines der grossen Meisterwerke von Lancia, auch wenn die Pininfarina-Coupés heute ziemlich gesucht sind und für Zagato-Version (1962-1967) viel Geld bezahlt wird.

Mehr Lancia gibt es im Archiv.

Und hier den Fahrbericht vom neuen Lancia Flavia.


Lancia Flavia

Die Berlina - kein Höhepunkt.

Original: radical

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