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Buckelpiste, Volvo PV444/544

Published in radical-classics.com

Volvo PV444/544

Noch nicht erstellt
Auch wenn er in mancher Erinnerung so wirkt: Der PV444 war keineswegs Volvos erstes Auto, aber das erste greif- und fassbare, und das erste, das ausserhalb Schwedens nennenswert verkauft wurde. Volvo gab’s schon 1927, gegründet von Assar Gabrielsson und Gustaf Larson, schon die ersten Autos wussten durch exzellente Qualität und Robustheit zu gefallen, das bis heute aktive Markenimage war Gründungsmitglied.

Das Modellprogramm bestand aus konservativen, meist sechszylindrigen Autos (einziger Ausreisser war der erfolglose Stromlinien-PV36), die amerikanische Importwagen gut ausbremsten. Zierliche Insignien stimmiger Geschäftsentwicklung: Ab 1928 wurden Volvos exportiert (20 Autos gingen nach Finnland), und 1929 fuhr Volvo in die Schwarzen Zahlen (der Gewinn betrug ein Viertel des Kaufpreises eines fabriksneuen Volvos).
Die früh gelegte Nutzfahrzeug-Schiene sicherte das Überleben, und in Kriegstagen blieb im neutralen Land Luft für Gedanken an die Zeit danach: Das neue Auto musste zu durchschnittlichen Einkommen passen - dass im Lastenheft ein «Kleinwagen» stand, deutet auf US-Importwagen als Massstab. Frühe Überlegungen mit kompressorgeladenen 1,6-l-Achtzylinder-Zweitakt-Sternmotoren im Heck kamen über den Motoren-Prüfstand nicht hinaus, 1943 wurden die Gedanken neu geordnet. Da Materialmangel zu erwarten war, steckte Gustaf Larson bodenständige Eckdaten ab: Heckantrieb, Reihenvierzylinder. Das Kriegsende erwarteten die Konzernchefs für 1944, daher sollte das Auto innerhalb eines Jahres fertig sein. Sehr sachlich soll auch die Endabnahme des Designs durch die Firmenchefs erfolgt sein: Nachdem sie das erste 1:1-Holzmodell stumm umrundet hatten, sagten sie ungefähr: «Lasst ihn uns bauen.»

Im September 1944 stand ein (nicht fahrbereiter) PV44 in den Königlichen Tennishallen zu Stockholm.
Volvo PV444/544

Mittsommernachtstraum.

Volvo PV444/544

Alle Farben, solange es - nein, das kennen wir von Ford.

Der Motor war mit 1414 ccm der kleinste in Volvos Geschichte, die Karosserie war Volvos erste selbsttragende, das Design wurde von den USA inspiriert, wo das Fliessheck seit den frühen 40ern höchst angesagt war. Bei Volvo war allerdings jeder Barock abgeräumt und die Linie von skandinavischer Sachlichkeit durchwirkt. Der Preis von 4800 Kronen lag unter den Entstehungskosten, den 2300 Bestellern der ersten Präsentation blieb das Werk dennoch im Wort, der Produktionsstart aber lag ausser Sichtweite. Im März 1945 war das eilig komplettierte Ausstellungsstück endlich fahrbereit, die Testphase begann.

Zum Produktionsstart 1947 war die Typbezeichnung auf PV444 gewachsen (4 Zylinder, 40 PS, 4 Sitze), der Preis auf kostendeckende 8.000 Kronen, Volvo kam dennoch mit der Fertigung kaum nach und tüftelte stets an Details.Volvo PV444/544

Mittsommernachtstraum.

Volvo PV444/544

Alle Farben, solange es - nein, das kennen wir von Ford.

Volvo PV444/544
Volvo PV444/544
Volvo PV444/544
Bereits 1952 war der PV444 beim Modell D angelangt, da wurde er auch erstmals bunt: Zu Schwarz und Taubengrau kam Maroonrot, das gerne geordert wurde und besonders schnell verblasste. Die serienmässige Heizung kam überhaupt erst 1954 mit dem Modell E, die Position der kleinen Rücklichter wechselte mehrmals, aber das Fahrgefühl war sensationell: Bis heute wirkt der PV444 rundum stimmig und wohl durchdacht, man schaut auf ein dezent geschmücktes Armaturenbrett, passt mit jeder Länge gut hinters Lenkrad, führt behutsam den sehr langen Schalthebel, geniesst selbst mit dem kleinsten Motor alltagstaugliche Fahrleistungen, sofern man skandinavisches Gemüt mitbringt. Falls nicht, dann wählt man einen kräftigeren Motor: Die Leistung des 1,4-l-Aggregats wurde bis 51 PS gezwirbelt, 1957 kam der B16-Motor mit 1,6 l und 66 oder 85 PS. Es gab Gurtbefestigungspunkte vorne, und endlich war der Scheibenwischer von einem Elektromotor getrieben statt vom Unterdruck des Ansaugkrümmers, der bei Vollgas die Wischgeschwindigkeit verlässlich verkümmern liess. Da kam bereits der Buckelvolvo-Nachfolger Amazon ins Strassenbild, aber der PV444 verkaufte sich zu gut für einen Produktionsstopp.

Ambitionierte Facelifts (eine Designstudie trug eine Front im Studebaker-Stil) verliefen sich im Prototypenstadium, es blieb bei zarten, aber effizienten Neuerungen und geliftetem Namen: Der PV544 war ab 1958 an der durchgängigen Frontscheibe und grösseren Heckleuchten erkennbar, er bekam fünf Sitze und einen modischen Bandtacho. Die 12-Volt-Elektrik sollte erst 1961 folgen, da wurde auch erstmals der B18-Motor mit bis zu 90 PS verbaut. So wurde der Buckelvolvo 160 km/h schnell, bereit für eine Karriere im Rallyesport war er ohnedies längst: Wer mittels Tuning ein wenig Langlebigkeit gegen Leistung tauschte, hatte ein immer noch überaus robustes Rallyeauto, und ab 1956 mischte das Werk selbst heftig im Rallyesport mit.
Volvo PV444/544

Mittsommernachtstraum.

Die Zahl der Siege ist Legion, im letzten Produktionsjahr gab’s einen der spektakulärsten: Joginder und Jaswant Singh gewannen mit ihrem PV544 die East African Safari Rally. Da war das Buckelvolvo-Konzept schon über zwanzig Jahre alt.

Am 20. Oktober 1965 rollte der letzte PV544 direkt ins Werksmuseum. Der Kombi durfte noch bis 1969 bleiben, da war der Nachnachfolger 140 schon drei Jahre unterwegs.

Herzlichen Dank an unsere Kollegen von der österreichischen «auto revue».

Mehr Volvo gibt es im Archiv (stimmt gar nicht, aber wir arbeiten noch dran).


Original: radical

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