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Fetter Kater, Jaguar Mark V

Published in radical-classics.com

Jaguar Mark V

Noch nicht erstellt
Als der Jaguar Mark V 1948 auf der London Motor Show vorgestellt wurde, da hatte er ein kleines Problem: niemand beachtete ihn. Aus dem einfachen Grund, weil auf dem Stand von Jaguar noch ein zweites Automobil stand, der sensationelle XK120 (hier gibt es den Fahrbericht). Und gegen diesen zweisitzigen Sportwagen sah der Mark V bei seiner Präsentation doch ziemlich alt aus, denn seine Linie folgte ganz klar den schon 1935 vorgestelten Vorkriegsmodellen von Jaguar, dem 2 1/2 Litre und dem 3 1/2 Litre (damals noch von S.S. Cars). An der Verkaufsfront sah es dann aber etwas anders aus, der Mark V war deutlich erfolgreicher als der XK120, von dem anfänglich nur gerade etwa 2000 Stück pro Jahr abgesetzt werden konnten.

Im Gegensatz zu seinen Vorgängern waren beim Mark V die Scheinwerfer in die Kotflügel integriert; neu waren auch die hinteren Radverkleidungen, mit denen allerdings nicht alle Mark V geschmückt sind. Als erster Jaguar verfügte er über eine vollhydraulische Bremsbetätigung; die vorderen Räder waren einzeln aufgehängt, an doppelten Dreieckslenkern mit hydraulischen Dämpfern, dazu gab es eine Drehstabfederung. Angetrieben wurden die Mark V von den bekannten Reihen-Sechszylindern mit 2,7 (104 PS bei 4600/min, maximales Drehmoment 174 Nm) und 3,4 Liter Hubraum (126 PS bei 4250/min, maximales Drehmoment 244 Nm bei 2300/min), immerhin wurde für das grosse Trumm auf den eher schwächlichen 1,5 Liter verzichtet, den es vor dem Krieg noch gegeben hatte; geschaltet wurde über ein manuelles Vier-Gang-Getriebe mit Mittelschaltung.

Das englische Magazin «The Motor» mass 1949 bei einem 3,5-Liter-Modell die beachtliche Höchstgeschwindigkeit von 146 km/h; von 0 auf 96 km/h beschleunigte jener Mark V in 20,4 Sekunden. Der legendäre Jaguar-Testfahrer Norman Dewis, der anscheinend regelmässig mit einem Mark V zur Arbeit fuhr, bestätigte das später indirekt, als er erzählte, er habe auch einmal 90 Meilen auf dem Tacho gesehen, doch das eigentlich nie mehr wiederholen wollen, die Aufregungen jenes Moments hätten ihm vollkommen ausgereicht.Jaguar Mark V

Macht schon was her, so ein Mark V.

Jaguar Mark V

Das Heck ist etwas - pummelig?

Dass er nicht so recht auf Touren kommen wollte, lag sicher an der beachtlichen Grösse: 4,77 misst so ein Mark V in der Länge, 1,77 Meter in der Breite, 1,59 Meter in der Höhe; der Radstand beträgt 3,05 Meter, das Gewicht etwas mehr als 1,5 Tonnen. Wir durften kürzlich so einen Mark V bewegen, ein Drophead Coupé, sprich: ein Cabrio von 1951. Zuerst suchten wir einmal ziemlich verzweifelt nach dem Eingang - bis wir dann auch noch merkten, dass die vordere Tür hinten angeschlagen ist. Ein Vieh einer Tür, übrigens, gefühlt so schwer wie ein italienischer Sportwagen als Ganzes. Aber es lässt sich halt stilvoll einsteigen, man gleitet mehr ins Automobil als dass man sich setzt. Ganz besonders Damen, die noch Damen sind (oder sein möchten), dürften dies etwa im Unterschied zu einem XK120, den man besteigen muss, wohl schätzen.

Es sitzt sich ausgesprochen bequem, Raum ist also auch in der grössten Hütte.
Jaguar Mark V.

Macht schon was her, so ein Mark V.

Jaguar Mark V.

Das Heck ist etwas - pummelig?

Jaguar Mark V.
Jaguar Mark V.
Jaguar Mark V.
Erstaunlich ist dann, dass die Füsse doch eng zusammengequetscht werden, die Pedale sehr nah beieinander stehen - und der Weg der Kupplung einen gefühlten halben Meter lang ist. Wobei, das macht nichts, denn die Schaltwege sind mindestens so weit; um den ersten Gang einzulegen, muss man sich nach vorne beugen. Doch das ist auch eine Art Kontrolle: der Rückwärtsgang befindet sich quasi am gleichen Ort, rastet aber schon auf halber Strecke ein. Hat man Füsse und Gänge einmal sortiert, dann wartet schon das nächste Rätsel: welches der vielen Knöpflein auf dem gezimmerten Armaturen-Brett könnte denn der Startknopf (ha, gab es alles schon mal...) sein?

So rollen wir dann irgendwann doch noch einher, suchen ein bisschen die Gänge und auch die Kraft und die Ecken sowie Enden dieses grossen Wagens, und nehmen es recht gemütlich, denn etwas anders geht gar nicht; wir können es Norman Dewis nachfühlen, dass er das Abenteuer von 140 km/h nur einmal verspüren wollte, obwohl wir uns nicht annähernd in diesem Geschwindigkeitsbereich bewegen. Der Geradeauslauf ist dank des langen Radstandes ja gut, doch Lenken, das ist so ein bisschen wie Sudoku lösen mit verbundenen Augen: irgendetwas passiert, aber man weiss nicht so recht, was. Und wann. Doch auch daran gewöhnt man sich. Bremsen: ja, hat er auch, doch es ist ganz gut, wenn man genügend Abstand zu seinem Vordermann lässt. Wer auf knallharten Oldie-Rallies angasen will, dem sei so ein Mark V nicht dringend empfohlen - die Erbtante ausfahren kann man dafür vortrefflich, da macht er schon mächtig was her. Man fährt Jaguar, doch dieses Modell ist halt so ganz anders als wie die Marke heute wahrnehmen.

Vom 2,5 Liter (der allerdings 2664 ccm Hubraum hatte) wurden bis 1951 immerhin 1647 Limousinen und 28 zweitürige Cabrios gebaut, vom 3,5 Liter (3486 ccm) waren es 7814 Limousinen und 977 Cabrios. Insgesamt also, man rechne: 10'466.
Jaguar Mark V.

Macht schon was her, so ein Mark V.

Interessant ist, dass die Herkunft des Namens im Unklaren liegt, denn es gab bei Jaguar keinen Mark 1 bis 4; der Mark IV wurde erst nachträglich so genannt. Nachfolger des Mark V waren die Mark VII, Mark VIII und Mark IX, die alle den gleichen Radstand haben wie der Mark V und bis 1961 gebaut wurden.

Dieses Jaguar Mark V Drophead Coupé wurde uns von der Oldtimergalerie in Toffen (www.oldtimergalerie.ch) zur Verfügung gestellt. Es kommt am 10. Juni anlässlich der «Dolder Classics» in Zürich zur Versteigerung.

Kleiner Nachtrag: Den 1,8-Liter-Vierzylindermotor (genannt 1.5 Litre, so wie auch der 2,7 Liter Sechszylindermotor 2.5 Litre genannt wurde) gab es nicht nur vor dem Krieg, sondern auch in der nach dem Krieg von 1945 bis 1949 fast unverändert gebauten Version der Vokriegslimousine SS Two, jetzt nur nach dem Hubraum 1.5 Litre Saloon genannt, mit kürzerer Motorhaube und Radstand als der 2.5 und 3.5 Litre (vor dem Krieg SS One genannt). Nach Produktionseinstellung bzw. Einführung des Mark V wurden diese Nachkriegsversionen der Vorkriegsmodelle sozusagen posthum inoffiziell Mark IV genannt. Herzlichen Dank an Dirk Albrecht.

Einige ältere Jaguar-Stories, damals noch veröffentlicht unter www.radical-mag.com:
- Der erste Jaguar E-Type.
- S.S. 90 Prototype.
- Jaguar XK120.
- Fahrbericht Jaguar XJ6.


Original: radical

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