
Invicta S-Type 4,5-Litre
Durchzugskraft
Am 13. Oktober 1933, selbstverständlich war es ein Freitag, schloss Invicta seine Tore. Es war ein kurzes Vergnügen gewesen, gegründet worden war die Marke 1925 von Noel Macklin und seinem Geldgeber Oliver Lyle, der sein Vermögen mit Zucker gemacht hatte. Macklin, geboren in Australien, hatte schon ein paar Versuche in den Sand gesetzt, mit Rückendeckung von Lyle konnte er nun aber in der Garage seines Hauses in Cobham jene Fahrzeuge bauen, die er sich erträumte. Ein Ziel war immer: maximale Durchzugskraft, ein Invicta sollte im höchsten Gang vom Schritttempo auf die Höchstgeschwindigkeit beschleunigen können. Dafür verbaute Macklin fast ausschliesslich Meadows-Motoren und -Getriebe (siehe auch: hier). Höhepunkt der kurzen Geschichte von Invicta war der 1930 vorgestellte S-Type, der von einem 4,5-Liter-Meadows-Sechszylinder angetrieben wurde.


Doch bevor wir dazu kommen, wollen wir hier noch kurz die Schwägerin von Noel Macklin vorstellen, Violette Cordery. 1926 fuhr sie in Monza mit einem Invicta einen Weltrekord über 10’000 Meilen mit einem Schnitt von 90,88 km/h (natürlich nicht allein), kurz darauf in Montlhéry 5000 Meilen mit einem Schnitt von 113,8 km/h. Ein Jahr später fuhr sie einen anderen Invicta durch fünf Kontinente, etwas über 10’000 Meilen, 1929 schaffte sie, zusammen mit ihrer jüngeren Schwester Evelyn und selbstverständlich auf einem Invicta, in Brooklands 30’000 Meilen unter 30’000 Minuten (das sind knapp 21 Tage). Diese Zuverlässigkeit machte die Marke und die Schwägerin weltberühmt, damals. 1930 gewann Donald Healey dann auch einem Invicta seine Klasse bei der Rallye Monte Carlo, 1931 gleich die ganze Veranstaltung, dies auf einem S-Type – und damit wären wir wieder zurück in unserer Geschichte.



Aussergewöhnlich am S-Type, von dem wohl etwa 75 Exemplare entstanden, war neben seinem etwa 100 PS starken Meadows-Motor auch noch das so genannte «underslung»-Chassis. Das bedeutete, dass die zentralen Träger unterhalb der Achsen verliefen, was nicht nur den Schwerpunkt deutlich absenkte und die Fahreigenschaften verbesserte, sondern auch neue Möglichkeiten beim Design ermöglichte. Die meisten dieser «low chassis» von Invicta wurden von Carbodies, eigentlich auf Taxis spezialisiert, eingekleidet. Das Fahrzeug, das wir hier zeigen, Chassis-Nummer S57, wurde aber ab Werk als Fixed Head Coupé ausgeliefert – und erhielt wie alle Invicta einen Übernamen, in diesen Fall «Sea-Bear». Ursprünglich war der Seebär rot mit grünen Akzenten lackiert, bei der Restauration (ab 2011, kostete fast eine Million Dollar) erhielt er diesen neuen Anstrich. Nun wird er von Broad Arrow versteigert, erwartet werden zwischen 450’000 und 650’000 Dollar.











Aber wir wollen doch noch einen typischeren Vertreter dieser S-Type von Invicta zeigen; es könnten auch mehrere werden.
Chassis-Nummer: S75
Motorennummer: LG6/451/S4 (ursprünglich: 7478)


























Auktion: Bonhams, Paris 2020, verkauft für 1’610’000 Euro. Ausgeliefert 1931 an Lord Ebury, kam der Wagen 1938 zu Henry Pether, der den Invicta bis 1995 im Besitz hatte. Der reparierte über die Jahre nur, was unbedingt nötig war, also fast nichts, die Invicta – dieser hier heisst «Scout» – galten als «indestructible». Anfang der 90er Jahre gab es zwar einen neuen Motor, anscheinend eine Rennmaschine (und wahrscheinlich aus einem Lagonda), der originale Meadows-Motor existiert aber noch. Wunderbares Fahrzeug!
Mehr solcher Veteranen haben wir in unserem Archiv. Und überhaupt: Kauft Vorkriegs-Klassiker!
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