Nissan R390 GT1
Kurze Karriere
Es waren – wieder einmal – wilde Zeiten. Die Gruppe C wurde Ende der 80er-Jahre abgeschafft, doch einen vernünftigen Plan hatte die FIA nicht. Man hatte die Kosten senken wollen (und die Dominanz von Porsche brechen), doch das Resultat waren noch höhere Kosten und ein Reglement, das kaum noch jemand durchschaute. Bei den 24 Stunden von Le Mans gab es in den 90er Jahren immerhin auch einmal andere Sieger, Mazda mit dem legendären 787B (1991), Peugeot mit 905 (1992/93), 1995 gar McLaren mit dem F1 GTR. Wie heftig die Unterschiede waren, mag ein kleiner Vergleich der Kilometer-Leistungen aufzeigen: 1988 schaffte es der Silk-Cut-Jaguar noch auf 5333 Kilometer, der McLaren kam 1995 auf noch 4056 Kilometer (das schlechteste Resultat seit 1956…).
1994 wurde von Jürgen Barth (Porsche), Stéphane Ratel (Venturi) und Patrick Peter die BPR Global GT Series – durchaus mit klaren Eigen-Interessen. Es gab GT1, 2, 3 und 4, ab 1997 wurden die BPR der Gruppen GT1 und GT2 zur FIA-GT-Meisterschaft erhoben. Und die Kosten stiegen wieder ins Unendliche, denn von einem siegfähigen GT1-Fahrzeug mussten auch mindestens 25 Strassen-Fahrzeuge entstehen – was sich nur Porsche, Mercedes und erstaunlicherweise Panoz leisten konnten. Für die besonders prestigeträchtigen 24 Stunden von Le Mans wurde das Reglement etwas gelockert (es musste nur ein einziges strassenzugelassenes Fahrzeug entstehen), so konnten (oder wollten) auch andere Hersteller wie Toyota und Nissan mittun. Nissan, etwas beleidigt nach dem Mazda-Sieg von Le Mans, wandte sich an Tom Walkinshaw Racing (TWR) – und in nur vier Monaten entstand der Nissan R390 GT1. Genau zwei Teile kamen von Nissan: die beiden Lampen vorne stammten vom 300ZX. Angetrieben wurde das von Ian Callum gezeichnete und von Tony Southgate konstruierte Fahrzeug von einem doppelt aufgeblasenen 3,5-Liter-V8 mit 640 PS bei 6800/min, geschaltet wurde sequentiell über sechs Gänge, das Gerät wog 1098 Kilo. Von diesem Fahrzeug gab es auch die geforderte Strassen-Variante, ein Exemplar mit einem auf 345 PS gedrosselten Motor.
Der erste Auftritt in Le Mans 1997 verlief zuerst verheissungsvoll, der R390 schaffte in der Vor-Qualifikation im Mai die schnellste Runde. Doch im Training und vor allem in Rennen lief es gar nicht, es gab Probleme mit der Kühlung des Getriebes, zwei der drei eingesetzten Fahrzeuge schieden aus, der überlebende R390 kam mit 67 Runden Rückstand auf den Sieger (TWR-Porsche, Kristensen/Alboreto/Johansson) auf Rang 12 ins Ziel. Für 1998 wurde das Fahrzeug deutlich überarbeitet, erhielt ein längeres Heck, doch den angestrebten Erfolg schafften die Japaner nicht. Porsche schaffte mit dem 911 GT1 einen Doppelsieg, Nissan schaffte es mit Suzuki/Hoshino/Kageyama immerhin aufs Treppchen – und zudem auf die Plätze 5, 6 und 10. Für 1999 wurde die GT1-Klasse schon wieder abgeschafft, die Nissan verschwanden wieder von der Rennstrecke.
Das hier gezeigte Fahrzeug mit der Chassisnummer R8 wurde von der Ascott Collection auf der Rétromobile 2020 gezeigt. Photos: ©CM Arte. Andere spannende Rennwagen finden sich in unserem Archiv.
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