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Alfa Romeo 8C 2300 Figoni

Published in radical-mag.com

Das doppelte Lottchen

Mehr ist immer: besser. Mit dem 6C 1750 hatte Alfa Romeo Ende der 20er Jahre zwar ein grossartiges Pferdchen im Stall, das für noch so manchen Rennsiege gut war. Doch Vittorio Jano war das nicht genug, er wollte mehr Leistung, er wollte mehr Zuverlässigkeit (etwa bei den 24 Stunden von Le Mans) – und so konstruierte er einen Achtzylinder-Reihenmotor, der eigentlich ein doppelter Vierzylinder war. Wenn man die technischen Daten beachtet, sieht man schnell, dass Bohrung und Hub mit 65 x 88 Millimeter genau gleich waren wie bei 6C 1750 – der Achtzylinder mit seinen 2336 cm3 Hubraum konnte also aus manchen Gleichteilen gebaut werden. Das Wunderwerk verfügte über zwei obenliegende Nockenwellen und einen Zylinderkopf aus Alu; ein Roots-Kompressor brachte die Leistung auf über 140 PS. Für die Rennwagen, die in Le Mans zwischen 1931 und 1934 vier Siege hintereinander einfuhren, waren auch problemlos 180 PS möglich. Man geht davon aus, dass zwischen 1931 und 1934 insgesamt 188 Alfa Romeo 8C 2300 gebaut wurden, entweder mit kurzem Radstand (2,75 Meter) oder dann mit langem (3,1 Meter).

Neben den Rennwagen gab es aber auch hübsche Coupé und Cabriolets, die sich die betuchte Kundschaft bei den damals bekannten Karosseriebauern einkleiden lassen konnte, Touring, Zagato, Castagna. Oder auch: Joseph (eigentlich: Giuseppe) Figoni. Ja, später hiess sein Atelier Figoni & Falaschi und zeichnete verantwortlich für einige der schönsten Automobile aller Zeiten, doch zwischen 1923 und 1935 war Joseph noch auf sich alleine gestellt, was ihn aber nicht davon abhielt, der vielleicht beliebteste Meisterschneider in Frankreich zu sein – allein etwa 70 Bugatti trugen seine Handschrift. Ab 1932 kleidete er auch Alfa Romeo ein, zum Beispiel den 8C 2300 mit der Chassisnummer 2111018, mit dem Raymond Sommer/Luigi Chinetti 1932 die 24 Stunden von Le Mans gewannen. Zwischen 1932 und 1935 verpasste Joseph Figoni insgesamt sieben 8C 2300 ein neues Kleid.

Aber jetzt wird es kompliziert. Am 16. Dezember 1932 sandte Figoni einem gewissen Roger Goldet eine gesalzene Rechnung über 35’675 Francs für ein Alfa Romeo 8C 2300 Cabriolet Décapotable mit der Chassisnummer 2111025. Monsieur Goldet hatte einen ausgezeichneten Geschmack, er hatte das teuerste Conolly-Leder für seinen blau-blauen Alfa bestellt, ein sehr eleganter Wagen, der in Paris viel Aufsehen erregte. Wahrscheinlich etwa 1935 verkaufte er den Wagen. Was dann geschah, das weiss man nicht – bis 1945 oder 1946 der Le-Mans-Sieger Raymond Sommer wieder ins Spiel kommt. Denn Sommer besass auch einen 8C 2300, Chassisnummer 2311212, mit dem er 1935 in Le Mans an den Start gegangen war (ohne Erfolg) und später weitere Rennen fuhr (mit Erfolg). Bei diesen Aktivitäten nahm der Alfa, der über einen Touring-Aufbau verfügte, Schaden, er hätte dringend repariert werden müssen. Aber dann brach der 2. Weltkrieg aus.

Was danach geschah, 1945 oder 1946, ist nicht ganz klar. Wahrscheinlich konnte Sommer den Alfa mit der Chassisnummer 2111025 kaufen. Und wahrscheinlich liess er dessen Figoni-Aufbau einfach auf seinen Alfa mit der Chassisnummer 2311212 setzen. Vielleicht war es auch umgekehrt. Sicher ist, dass 2311212 heute noch existiert und auch den originalen Motor eingebaut hat, aber verschönert wird vom Figoni-Aubau. Und dass genau dieser Wagen nächste Woche von Bonhams in Scottsdale versteigert wird.

Mehr Alfa Romeo haben wir in unserem Archiv, auch etwas zum Nachfolger, dem 8C 2900. Denn wir feiern heuer ja: 110 Jahre Alfa Romeo.

Der Beitrag Alfa Romeo 8C 2300 Figoni erschien zuerst auf radicalmag.

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