Car of the Year 2019
Demokratie
Es war ein grobes Spektakel, die Verkündung der Resultate der Wahl zum «Car of the Year 2019». Zum achten Mal fand sie im Vorfeld des Salon Genf statt, 60 Juroren aus 23 Ländern hatten ihre Stimmen abgegeben, es wurde dann live auf Grossleinwand Land für Land runtergezählt – und am Ende, dem vorläufigen, hatte die Mercedes A-Klasse 116 Punkte. Der Peugeot 508 konnte immerhin 192 Punkte einheimsen (und hatte vor dem letzten Land, United Kingdom, sogar noch Siegeschancen), der Citroën C5 Aircross kam auf deren 210 (und musste wohl darunter leiden, dass zwei PSA-Produkte im Rennen waren), der Ford Focus auf dem 4. Rang schaffte es auf 235. Auf das Podium kam schliesslich der Kia Ceed mit 247 Punkten (ups, haben wir tatsächlich noch nie etwas über den Koreaner geschrieben?) – ex aequo auf dem ersten Rang lagen die Alpine A110 und der Jaguar i-Pace mit je 250 Punkten. Oh je.
Es entschied schliesslich, ach, egal, es gewann der Jaguar. Das ist dann halt Demokratie. Was ich mich als Schweizer ja gewohnt bin, da wurden auch schon wider jede Vernunft sowie Logik von einer «Mehrheit» Minarett-Verbote rausgefurzt. Man könnte da ja jetzt noch ins Detail gehen, darüber nachdenken, dass der Jaguar genau einmal die selten vergebene Höchstnote von 10 Punkten erhielt, die Alpine aber gleich acht Mal. Aber eben: Demokratie.
«radical», also ich vergab die Punkte wie folgt: Alpine – 10; Peugeot 508 – 5; Kia Ceed – 4; Citroën C5 Aircross, Ford Focus, Jaguar i-Pace je 2; der Benz eine saubere Unternull. Klar, dass die Alpine bei mir komplett abräumte, ich wähle ja den CAR of the Year, nicht das netteste App oder irgendein Smartphone auf Rädern. Auf der Punkteliste, die ich vor der letzten Testfahrt in Mortefonatine erstellt hatte, hatte der Jag bei mir noch keine Punkte, doch dann wurde ich auf der abgesperrten Rundstrecke sehr positiv überrascht von den dynamischen Qualitäten des Engländers; jetzt ärgert es mich, ein Punkt hätte doch gereicht. Ich hätte ihn auch dafür noch abziehen können, weil Jaguar/Land Rover es nicht einmal mehr als nötig empfindet, auf dem Genfer Salon Präsenz zu markieren; da wird zu #gims der wichtigste Preis der Automobil-Industrie vergeben – und der Sieger wird nicht einmal ausgestellt. Peinlich?
G’scheiter hätten wir COTY-Juroren vor fünf Jahren den Tesla zum «Auto des Jahres» gewählt; der Jaguar kann eigentlich nichts besser (ausser vielleicht das Spaltmass sowie die Länge der Liste der teuren Sonderausstattungen). Aber so manches kann er nicht so gut, das Laden der Batterie etwa, da liegt er noch etwa ein Jahrzehnt hinter dem Tesla zurück. Was aber nicht so tragisch ist, er ist in den meisten Ländern eh derzeit nicht lieferbar, der i-Pace – dann braucht er ja auch keine vernünftige Lade-Infrastruktur. Nein, ich glaube nicht, dass sich die E-Mobilität mit diesen adipösen Geräten mit den riesigen Batterien, deren Produktion schon einmal zweistellige Tonnenzahlen von CO2 raushaut und für deren Recycling mehr Fragezeichen als Antworten vorhanden sind, auf dem richtigen Weg befindet, weder bei Jaguar noch bei Audi noch bei Polestar und ganz sicher nicht beim Daimler. Der Ansatz von Peugeot beim neuen 208 und auch des Volkswagen-Konzerns etwa mit dem Seat el-born erscheint da vernünftiger, zielgerichteter. Der Peugeot, übrigens, dürfte aber bei der nächsten Wahl sehr gute Chancen haben…
Das Ergebnis und die Begründungen der einzelnen Juroren finden sich auf www.caroftheyear.org – in unserem Archiv finden sich Berichte über frühere Wahlen sowie auch noch schönere Fahrzeuge.
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