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Probefahrt Honda X-ADV

Published in radical-mag.com

Entkuppelter Fahrspass

In einer Zeit, in der Retrodesign und die Rückbesinnung zu einfachen, klassischen Modellen im Trend liegen, setzt der weltweit grösste Motorradhersteller Honda unbeirrt auf Erfolg durch Fortschritt. Sei es beim Design, wo er mit eigenwilligen Kreationen in neue Nischen vorzudringen versucht, aber vor allem auch bei der Weiterentwicklung und Vereinfachung des Antriebsstrangs. Wie kein anderer Hersteller scheint Honda fest davon überzeugt zu sein, dass sich beim Motorrad früher oder später – wie schon beim Auto – das Automatik-Getriebe durchsetzen wird.

Bei den weniger emotional beladenen Rollern haben sich die stufenlos schaltenden Variomatik-Getriebe längst durchgesetzt. Für Motorrad-Fahrer ist diese entkoppelte, irgendwie „schwammige“ Beschleunigung gepaart mit eine „jaulenden“ Soundkulisse ein Graus. Wer was auf sich hält, klickt sich mit rhythmischem Stakkato die Gänge hoch und mit peppigem Zwischengas wieder runter. Deshalb hat Honda vor sieben Jahren erstmals optionsweise bei der VFR 1200 F ein Sechsgang-Doppelkupplungs-Getriebe (DCT) auf den Markt gebracht, das zwar immer noch schaltet, aber dazu kein Kuppeln mehr benötigt. Der Gang wird entweder bewusst per Knopfdruck oder Computer gesteuert automatisch gewechselt. Die Motorrad-Fangemeinde reagierte zurückhaltend interessiert. In der Folge bot Honda das Getriebe als Grundausstattung bei den rollernahen NC-Modellen an. Ein vielversprechender neuer Anlauf folgte vor zwei Jahren bei der Neuauflage des Reisenduro-Klassikers African Twin. Das bestechende Argument hier: Dank Automatik volle Konzentration auf die Tücken des Fahrens im Gelände. Und prompt gab es erstmals breites Lob von der Fachpresse.

Nun bringt Honda mit dem X-ADV ein weiteres Allround-Bike mit serienmässigem Doppelkupplungsgetriebe auf den Markt. Das Kürzel steht für „Cross Adventure Vehicle“ und umschreibt einen Mix aus Softenduro-Allrounder und Roller. Geschaltet wird auch hier entweder manuell per Knopfdruck oder automatisch im Drive- oder drei unterschiedlich abgestuften Sport-Fahrmodi. Antriebsmässig basiert der X-ADV auf dem Integra-Roller. Doch ist der Vorderbau mit 17-Zoll-Speichenrad, Upside-Down-Gabel, breitem Lenker, inklusive Handprotektoren und verstellbarer Windschutzscheibe wieder sehr nahe bei der Reiseenduro African Twin angesiedelt. Auch der Rahmen plus Bike-Schwinge hinten stammen vom Motorradbau. Die Verkleidung mit den weit vorne liegenden Trittbrettern ist dann wieder ganz Roller mit dem grossen Plus eines geräumigen Staufachs unter dem breiten Sattel.

Dieses neuartige Allrounder-Gefährt, das weder Roller noch Motorrad sein will, überrascht mit einer grossen Portion Fahrspass. Dazu trägt neben dem extrem stabilen Fahrwerk und einem recht spritzigen Motor vor allem das weiter verfeinerte DCT-Getriebe bei. Passend zur Sportlichkeit des gewählten Fahrmodus schaltet der Computer vor der Kurve erstaunlich präzise ein, zwei Gänge runter, um danach auf der Geraden wieder sauber und vor allem auch extrem schnell durch die Gänge hoch zu beschleunigen. Wirklich beindruckend, was modernste Computer- und Sensortechnik bereits hinkriegen. Honda wird wohl recht behalten: Jedenfalls spricht beim Fahren des X-ADV einiges dafür, dass früher oder später die automatisierte Gangart auch bei den Motorrädern die Oberhand gewinnen wird.

Honda X-ADV
Motor: Flüssigkeitsgekühlter Parallel-Twin
Hubraum: 745 ccm
Leistung: 55 PS (40 kW) / 6250 U/min
Drehmoment: 68 Nm / 4750 U/min
Verbrauch: 3,9 l/100 km
Sitzhöhe: 820 mm
Gewicht vollgetankt: 238 kg
Preis: ab Fr. 12 380.-

Wir bedanken uns bei Daniel Huber – mehr Motorrad gibt es in unserem Archiv.

Der Beitrag Probefahrt Honda X-ADV erschien zuerst auf radicalmag.