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Yummy Motors

Published in radical-mag.com

Der Einzigartige

Der Zürcher Philipp Anderegg arbeitet als Architekt. Zwar sind Architekten kreativ, doch gleichzeitig müssen sie auch bodenständig sein, geerdet. Bei Anderegg war das schon immer ein bisschen anders, bereits als junger Mann träumte er davon, ein eigenes Auto zu bauen. Und arbeitete deshalb auch bei Franco Sbarro, dem Grossmeister der Eigen-Kreationen, wo er so einiges über Design, Konstruktion und auch Marketing lernte. Es sollte aber noch ein paar Jahre dauern, bis er seinen Jugendtraum endlich umsetzen konnte. Ganz wichtig: Anderegg hat es getan. Er hat sein ganz eigenes Auto gebaut, seine ganz eigenen Vorstellung des Designs umgesetzt – und sein Gerät auch auf die Strasse gebracht, nach Überwindung noch so mancher gesetzlicher Hindernisse. Das Resultat ist der Yummy.

Gut, man ahnt es bald einmal: die Basis kommt von Caterham. Selbstverständlich hätte Anderegg gerne alles selber gemacht, doch über die langen Jahre, die er sich mit dem Projekt beschäftigte, musste er auch einsehen, dass nicht alles möglich ist. Und so ein Caterham mit dem 2,3-Liter-Cosworth-Saugmotor und dem manuellen 6-Gang-Getriebe ist definitiv ein guter Ausgangspunkt, denn Anderegg wollte ja nur immer ein kleines, leichtes, schnelles Auto bauen. Über 200 PS und nur gerade etwa 700 Kilo machen den Yummy auf jeden Fall zu einem Kurvenkönig. Wobei: so ganz einfach zu fahren ist das Ding nicht, im Stadtverkehr ist man eher verloren (allein schon deshalb, weil man quasi auf dem Boden sitzt) – doch am Berg und auf dem Track ist er nur grossartig. Ob es das Design auch ist, muss jeder für sich selber entscheiden. Man nennt das dann wohl: Charakter.

Die Arbeit, die im Yummy steckt, ist unvorstellbar; Anderegg will die Stunden nicht zählen, die er und seine Kollegen in das Automobil mit Jahrgang 2014 gesteckt haben. Es sind Hunderte, wohl Tausende von Details, die bedacht werden mussten. Die Frontscheibe, zum Beispiele, die wollte Anderegg als Designer gerne nach seinen Vorstellungen haben. Doch nach den Offerten, die allein für diese Scheibe Kosten eines kompletten Mittelklasse-Wagens verursacht hätten, musste er dann halt auf ein bestehendes Teil zurückgreifen. Zwar gab es schon auch Investoren, zwar dachten sie und Anderegg, dem Yummy irgendwann in einer kleinen Serie auflegen zu können, doch die grossartigen Pläne zerschlugen sich irgendwann auf der langen Reise hin zu diesem Gefährt. Das deshalb ein Einzelstück bleiben musste. Und von dem sich Anderegg nun deshalb trennen muss, weil der enge Zweisitzer für seine Familie etwas zu klein ist.

Es sind wunderbare Kleinigkeiten, die den Yummy begehrenswert machen. Da sind sicher seine sportlichen Qualitäten, da ist auf jeden Fall die Seltenheit und die aufregende Geschichte (die Anderegg gern in allen Einzelheiten erzählt). Doch das Fahrzeug ist auch wirklich schön verarbeitet, es funktioniert alles, die Scherentüren etwa, die über eine ziemliche geniale Konstruktion mit einem Gelenk laufen, müssten dringend einmal von Grossherstellern studiert werden. Innen gibt es feines Alcantara – und sonst jene Purheit, wie man sie bei einem Fahr-Zeug einfach lieben muss, also: die Reduktion auf das Wesentliche. Man sitzt gut (wenn man dann einmal drin ist), man kann sich ganz dem Fahrerlebnis hingeben (denn es ist ziemlich laut, Radio und so wäre komplett unpassend), man hat Freude (wenn man ein teures Grossserien-Produkt vernascht) und man hat Spass an den intensiven Fahrleistungen. Gemessen wurde der Yummy nie, das ist auch gar nicht nötig, in den Händen eines guten Piloten ist er sowieso quasi unschlagbar.

Man könnte, sollte vielleicht sogar hier auch noch ausholen zu den Möglichkeiten, die sich mit den heutigen digitalen Mitteln – 3D-Drucker – bieten. Doch da müssen wir zuerst noch ein bisschen recherchieren. Das gute Stück von Philipp Anderegg wird übrigens am 17.6. von der Oldtimergalerie auf dem Zürcher Dolder versteigert.

Weitere Exoten haben wir in unserem Archiv.

Der Beitrag Yummy Motors erschien zuerst auf radicalmag.