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Anders halt, Fahrbericht Opel Astra 2282

Published in radical-mag.com

Fahrbericht Opel Astra

Noch nicht erstellt
Man nennt ihn immer den Golf-Konkurrenten. Dabei ist der neue Astra einfach - anders. Anders als ein Golf, etwas mutiger im Design. Fast schon so mutig wie Renault oder Peugeot. Aber nicht zu mutig, man will ja keine bisherigen Kunden verschrecken. Und, man höre und staune, er ist kleiner geworden als der Vorgänger. Satte 5 cm ist er kürzer als der Astra J, dazu noch 2,5 cm weniger hoch. Nun misst der Kompakte aus Rüsselsheim noch 437 cm. Und jetzt kommts: er wiegt bis zu 200 Kilogramm weniger als das bisherige Modell. Was nur zwei Schlüsse zulässt: entweder sollte man die Opel-Ingenieure sofort mit allen nur erdenklichen Auszeichnungen überschütten. Oder aber, das bisherige Modell war einfach nur vollfett. Auf 437 Zentimeter 200 kg einsparen ist ein Leistung - egal welches der beiden Szenarien nun gelten soll. Und so kommt es dann, dass der leichteste Astra mit Fahrer kaum 1250 kg wiegt! Das ist mal eine Ansage. Zum Vergleich. VW führt den leichtesten Golf mit 1205 kg an, aber nur mit drei Türen. Mit guter Ausstattung sinds dann 1385 kg. Mindestens. Also, dieser Punkt geht ganz klar nach Rüsselsheim. Aber nun ists auch genug mit den vergleichen zum Golf. Schluss, versprochen.

Fahren ist eh viel interessanter als Zahlen zu wälzen die am Ende - eh keinen interessieren. Also, der neue Astra fährt: vorzüglich. Er kann bequem, je nach Motorisierung aber auch Sport. Selten war eine Fahrwerksabstimmung so unterschiedlich wie beim Astra - denn wer 105 oder 200 PS unter der Haube hat, fährt auch unterschiedlich. Wir sind natürlich die Topversion gefahren, 200 PS schaufelt der 1600-er-Benziner auf die Vorderachse. Damit geht der Astra aber richtig gut. Dreht wunderbar hoch, kaum ein Turboloch, nicht zu linear in der Leistungsentfaltung. Schön, das hat uns richtig gefallen. Genau wie das Setup des Fahrwerks. Sportlich ja, aber die letzte Schärfe fehlt dann doch. Schliesslich muss noch Platz sein für den OPC. Wir hoffen nur dass er nicht dieselbe Fuchsschwanz-Attitüde bekommt wie der Corsa OPC.

Der Sportknopf des beim 200 Pferder übrigens macht die Lenkung nur unnötig hart, also pseudodirekt. Das hätte man sich sparen können. Das schärfere Ansprechen des Vierzylinders allerdings will man schon haben. Also, wir akzeptieren die Taste. Also, Sport kann er, aber er kann auch anders. Mit dem 150 PS leistenden 1400er ist das Fahrwerk schon deutlicher auf Komfort ausgelegt. Das hat auf den Strassen rund um Bratislava auch sehr viel Sinn gemacht. Er rollt richtig elegant der Opel. Ja, wir schwärmen, von einem Astra. Weil er zwar nicht radical, aber auch nicht 0815 ist. Weil er einfach gut gemacht ist. Man setzt sich rein, dreht am Schlüssel (der übrigens in einem unglaublich billig anmutenden Schloss steckt) und los gehts. Da muss man sich nicht angewöhnen, es passt alles, einfach so. So muss ein Auto sein, man bewegt sich völlig sicher, ohne dass man vorher eine halbe Stunde alle Systeme programmiert hat. Das kann man zwar auch - muss aber nicht.





Natürlich gibt es im Astra all das neumodische Gedöns, man kann sein Handy ankoppeln und per Tastendruck die Slipgrösse der Freundin an den Online-Dessous-Shop weitergeben, Pizzazutaten im Drive-in eines Grosshändlers bestellen - oder: gleich den Concierge des OnStar-Systems anrufen, der dann einen Termin beim Frisör des Vertrauens klar macht. Wollen wir nicht, können wir auch ausserhalb des Autolebens. Wir wollen mit einem Auto das tun, wofür es gebaut wurde. Früher. Einfach fahren. Und wenns geht auch etwas geniessen.

Genossen haben wir das Raumangebot. Als Beifahrer hatten wir einen richtig langen Lulatsch. Mit seinen 193 cm Körperlänge stauchten wir ihn in den Fond. Und was berichtete er von der Rückbank? «Ich habe prima Platz, sogar die Kopffreiheit ist wunderbar». Und dies trotz der stark abfallenden Dachlinie. Gut gemacht, Opel! Klar, mit dem Kofferraumvolumen ist es so ein Sache, wenn die Passagiere so viel Platz bekommen. Mit seinen 370 Litern gehört der neue Astra nicht zu den Lademeistern. Immerhin lässt sich das Gepäckabteil auf 1210 Liter erweitern. Aber, wem das nicht reicht bekommt ja schon bald den eben erst vorgestellten Astra Kombi. Was uns sonst noch aufgefallen ist. Das Rückwerk, welches bei Opel Schalthebelführung heisst, ist beim Astra besser als bei vielen seinen Brüdern. Ob das am Vorserienstatus unserer Testwagen lag, wissen wir nicht. Nein, man kann die Gänge nicht so blind einlegen wie bei einem V..... olf, aber es ist weniger schlimm als auch schon. Natürlich sind wir auch einen Diesel gefahren, den so genannten Flüsterdiesel. Der ist tatsächlich sehr still, aber wohl eher wegen der grundsätzlich guten Geräuschdämmung des Autos. Zu fahren ist er - wie ein Diesel. Punkt.

Ganz neu bietet Opel im neusen Astra auch das LED-Matrix-Licht an (siehe das Video). Eine Innovation, die man mitentwickelt hat, aber von einem Zulieferer umgesetzt wird. Das System funktioniert technisch so, wie wir es vor fast drei Jahren einmal beschrieben haben, als wir einen ersten Prototypen fahren durften. Praktisch funktioniert die Serienversion hervorragend. Kein anderer Verkehrsteilnehmer fühlte sich belästigt. Allerdings haben wir vor ein paar Monaten mit einem Lichtsystem eines anderen Herstellers einen bemitleidenswerten Clio-II-Fahrer völlig aus dem Häuschen gebracht. Des nächtens, auf den wirklich dunklen Strassen im Emmental schlossen wir auf ihn auf. Auch hier, wurde der Vorausfahrende Wagen von den Scheinwerfern ausgeblendet. Aber, die beiden Lichtschwerter die links und rechts vom Clio mit seinen gelblichen Pfunzeln auftauchten und die Nacht zu Tag machten waren dann doch etwas verwirrend für den armen Mann. So viel Licht hatte sein ergrauter Renault noch nie. Und er wusste irgendwie nicht, wohers kam, denn er wurde ja nicht geblendet. Vielleicht hat er danach auch eine UFO-Sichtung zu Protokoll gegeben.

Mit dem Astra ist Opel ein grosser Wurf gelungen. Das ist gut so, denn die Konkurrenz wird nicht gepennt haben. Bald kommt der neue Renault Mégane und auch andere Hersteller haben neue Modelle in dieser Klasse in petto. Im Moment aber ist der Opel sicher ein tolles Angebot. Auch, weil die Preise echt okay sind. Einen 1,4-Liter (neu Vollaluminium-Ausführung) gibts ab 20'900 Franken. Wer gerne 150  PS hätte, muss mindestens 26'100 aufwenden, die Diesel beginnen bei 25'400 Franken.

Mehr Opel gibts im Archiv.