Chef-Sessel?, Fahrbericht Skoda Superb 2187
Fahrbericht Skoda Superb
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Eigentlich möchten wir ja nichts mehr über MQB schreiben. Gut, es wird sich auch in Zukunft nicht vermeiden lassen, der VW-Konzern wird noch Dutzende solcher Baukasten-Produkte raushauen, das ist ein bisschen so wie bei Lego. Jetzt durften wir aber den Skoda Superb fahren, und über den schreiben wir gern - er ist so ein bisschen wie der momentane Gipfel von MQB. Besser kann das nicht mehr werden, zumindest nicht im Verhältnis zwischen Preis und Leistung.
Und, wahrscheinlich, ist das: die Zukunft. Wir möchten uns ja nicht weiter aufhalten mit den Machtkämpfen in Wolfsburg, aber auf der Hauptversammlung kürzlich kam ein interessanter Aspekt aufs Parkett von einem der Redner. Er bemerkte, dass es gerade in China zukünftig nicht mehr opportun sein könnte, sich in einem dickenfetten Wagen sehen zu lassen, weil das die Steuerbehörden auf die (dann wahrscheinlich auch richtige) Spur bringen könnte. Interessanter Gedanke - und etwas geschäftsschädigend für die Premium-Marken. Doch für Skoda und den Superb könnte das eine Chance sein. Noch ein weiterer Gedanke in diese Richtung: kauft sich der Chef einen Superb anstatt einen A8, dann hat er nicht nur in China so viel Geld gespart, dass er sich für drei Jahre auch noch einen Chauffeur leisten kann. Was doch auch noch eine hübsche Vorstellung ist.
Ein wenig gewachsen ist der neue Superb aussen, es sind jetzt 4,87 Meter, ein stattlich Mass; früher hätte das für die Oberklasse gereicht, im vergangenen Jahrtausend war eine S-Klasse auch nicht grösser. Der Radstand beträgt 2,84 Meter, die Breite 1,86 Meter, das sind zwar nur nackte Zahlen, doch für den Kunden bedeutet das: unendlich viel Platz vorne und noch mehr hinten, da kann auch eine aktuelle S-Klasse von Mercedes nicht mehr bieten. Dazu: 625 Liter Kofferraum. Noch so ein Mass, das weit besser ist als bei der Konkurrenz; maximal sind es 1760 Liter, wenn die Rücksitze abgeklappt werden. Und nein, wir sprechen hier nicht von einem Kombi, diese Version des Superb wird dann noch nachgereicht und gehört mit ihrem Ladevolumen schon fast zu den Nutzfahrzeugen.
Der Superb ist, wie erwähnt, ein weiteres Produkt aus dem modularen Querbaukasten (MQB) des Volkswagen-Konzerns - und wohl das beste. Er ist ein direkter Konkurrent des VW Passat, doch: es gibt eigentlich keinen einzigen vernünftigen Grund mehr, ebendiesen Passat zu kaufen. Denn der Superb bietet nicht nur deutlich mehr Raum allerorten - es ist auch deutlich günstiger. Was der VW noch an zusätzlichen Assistenz-Systemen bieten kann, braucht im täglichen Leben eh niemand. Doch auch die anderen Konkurrenten in der gehobenen Mittelklasse, der Ford Mondeo etwa, haben wenig Argumente, die im Vergleich zum tschechischen Modell noch für sie sprechen. Zumal der Skoda ja auch einen hübschen Sprung nach vorn gemacht hat in Sachen Design. Und bei der Verarbeitungsqualität eh auf dem Niveau ist, das der VW-Konzern von seinen Töchtern verlangt.
Ab 34'700 Franken ist der Superb zu haben. Dafür gibt es dann zwar nur einen 1,4-Liter-Benziner mit 150 PS, das ist nicht die Motorisierung, die man sich für diesen so souveränen Wagen wünscht. Aber schon mit dem 150 PS starken 2-Liter-Diesel, der halt deutlich mehr Drehmoment hat als der Benziner, ist man bestens bedient. Noch besser ist der 190-PS-Diesel, der gerade in Verbindung mit dem Doppelkupplungsgetriebe und Allradantrieb so etwas wie die Schweizer Traumkombination darstellt. 4,5 Liter auf Kilometern soll der tschechische 1,5-Tonner so konfiguriert verbrauchen, auch das ist ein vorzüglicher Wert.
Aber wie fährt sich der Superb, der auf dem Papier und im Stillstand eine solch gute Figur macht? Auch da: keinerlei Grund für Klagen, es fällt sehr schwer, das Haar in der Suppe zu finden. Wer ein paar Franken mehr investieren will, der erhält ein verstellbares Fahrwerk, das sich der gewünschten Fahrweise anpassen lässt. Und so lässt sich der Superb durchaus sehr sportlich bewegen, falls das gewünscht sein sollte: in der Normalstellung ist er ausgesprochen harmonisch abgestimmt, perfekt für die längere Reise, weil wirklich komfortabel. Auch die Diesel sind schön ruhig, subjektiv wahrgenommen sogar ein paar Dezibel besser als der Passat. Dass die Ergonomie positiv zu loben ist, das kennen wir ja unterdessen aus den vielen MQB-Baureihen - der Superb ist zudem das erste Fahrzeug, bei dem Apple Car Play auch wirklich problemlos funktioniert, ohne zusätzliche Installationen und schwierige Menus. Dass ausgerechnet Skoda dieses Plug&Play als erster Hersteller schafft, ist schon ein wenig erstaunlich.
Ja, wirklich, ein erstaunliches Fahrzeug, dieser Superb. Und auch wirklich erstaunlich ist, dass der VW-Konzern solches zulässt, denn in erster Linie wird die Hauptmarke des Konzerns, die anscheinend eh schon unter einer zu geringen Rendite leidet, noch weiter geschwächt. Herr und Frau Schweizer haben das schon beim Skoda Octavia begriffen, der den VW Golf wohl in diesem Jahr als meistverkauftes Auto der Schweiz ablösen wird. Es wird wohl auch beim Superb und dem Passat so sein: das tschechische Produkt hat seine hübsche Nase einfach vorne. Nur beim Image happert es noch: so ein A4 von Audi oder ein 3er-BMW kosten mehr, können aber weniger. Und sie haben auch keine zwei Regenschirme, schön versteckt in den vorderen Armauflagen, serienmässig mit dabei (gibt es sonst eh nur noch bei Rolls-Royce, bei Bentley ist es nur ein Schirm und der ist erst noch im Kofferraum, man ist also schon mal nass, bevor man ihn greifen kann). Überhaupt, die «simply clever»-Gimmicks, da mag man ja ein bisschen darüber lächeln, aber sie sind irgendwie gut: so ein Dings, in dem sich iPhone oder Tablets problemlos in der Kopfstütze oder zwischen den hinteren Passagieren anbringen lassen, das ist einfach gut. Da mögen andere Hersteller und ganz besonders die Ingenieure nur grinsen, bloss: sie habens nicht im Angebot. Der ganz normale Kunde aber, der schätzt solches.
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Original: radical