Open Menu
Open Menu
 ::

Volksfürsorge, Fahrbericht Skoda Fabia-1569

Published in radical-mag.com

Fahrbericht Skoda Fabia

Noch nicht erstellt
VW, der einstige Volkswagen, wird ja immer mehr zu Audi (zu was Audi dann werden muss, wissen wir jetzt auch nicht so recht), also wird da innerhalb der Volkswagen-Gruppe ein feiner Platz an der Sonne frei: jener der Vernunft, des Mittelstandes, der breiten Masse. Skoda, die einstige Billig-Tochter aus der Tschechei, meldet schon länger Ansprüche an auf dieses Segment, durfte aber bisher nicht so recht hineinwachsen. Die Mutter in Wolfsburg verhielt sich recht zurückhaltend in Sachen Technologietransfer, Skoda wurde immer so ein bisschen stiefmütterlich behandelt, auch eingebremst. Doch unterdessen scheint man sich in der Plüschetage auf eine neue Strategie besonnen zu haben - schliesslich will der Konzern ja bis 2018 an die Weltspitze, und dafür braucht es jedes einzelne Exemplar, das verkauft werden kann. Nur so ist es zu erklären, dass der Octavia den Golf im Kriterium «Vernunft» um Längen hinter sich lassen darf, warum der neue Superb - kommt im Frühling 2015 - den gerade erst vorgestellten Passat in wichtigen Bereichen übertreffen wird - und warum der neue Fabia den erst gerade kürzich aufgefrischten Polo ziemlich tief in den Schatten stellt.

Die Spiesse von Fabia und Polo sind nun gleich lang, sprich: sie teilen sich die technische Grundform. Beide Fahrzeuge basieren - erstaunlicherweise - nicht auf der neuen VW-Allzweckwaffe MQB, sondern müssen noch auf seit Jahren bekannte Fundamente zurückgreifen. Ist alles eine Frage des Preises (und vor allem: der Gewinn-Maximierung) und der Kunde wird das auch kaum merken, ausser, er hat er Bleifuss oder hat sich bereits heftig in die neusten Entwicklungen der Infotainment-Systeme vertieft. Das geht mit MQB, also beim Golf 7 und seinen Brüdern halt viel mehr, da sind die Möglichkeiten viel grösser.
Skoda Fabia
Skoda Fabia
Die Frage ist: wen interessiert das wirklich? Will das Volk wirklich fahrende Tablets, einen rollenden Arbeitsplatz, ein mobiles FacebookTwitterEMailTralalaApp? Oder kommt den Herstellern einfach nix mehr G'scheites in den Sinn und deshalb suchen sie die Innovation in einem Bereich, der gar nichts mit Mobilität zu tun hat? Würden ähnlich viel Hirnschmalz und finanzielle Ressourcen in die Entwicklung von moderneren Antrieben, besseres Design, Kundenzufriedenheit, etc. gesteckt, wäre der Kundschaft wohl mehr gedient. Denn ein Smartphone, das in Sachen Kommunikation sowieso alles besser kann als ein Automobil, billiger ist und nach einem Jahre durch ein besseres Teil ersetzt werden kann, hat heut ein jeder in der Tasche.

Von was sprachen wir gerade? Ah, ja, vom neuen Fabia. Der kann das natürlich schon, MirrorLink heisst das Zeugs, da kann man sein Smartphone ins Auto «spiegeln».
Skoda Fabia
Skoda Fabia
Skoda Fabia
Skoda Fabia
Skoda Fabia
Kostet etwa ein anständies Smartphone Aufpreis, funktioniert vorerst noch nicht mit dem iPhone. Das ist insofern blöd, weil es kein fest verbautes Navi mehr gibt, man sich über Apps behelfen muss (ausser, eben, mit dem iPhone geht gar nix). Naja, die schöne neue Welt hat halt noch Kinderkrankheiten.

Der neue Fabia ist in erster Linie zehn Zentimeter breiter als sein Vorgänger. Das wirkt sich positiv aus auf die Optik, er wirkt jetzt kräftiger, dynamischer. Und es gibt freche, knallige Farben und schwarze Dächer und schwarze Felgen - so macht der kleine Skoda schon was her, die wahre Biederkeit überlässt er nun dem Polo, der mit seinem immer gleichen VW-Design gegen den frechen Tschechen ziemlich alt aussieht. Die zusätzliche Breite ist auch beim Fahrverhalten spürbar, der Fabia liegt nun deutlich besser auf der Strasse. Allerdings, wie wollen wir das jetzt beschreiben: er ist so ein bisschen wie ein hyperaktives Kind. Er macht alles mit, der ganze Wagen ist irgendwie ständig in Bewegung, zittert und hüpft und - irgendwie komisch. Es ist nicht so, dass er schlecht gefedert ist oder nicht so gut gedämpft, da kann man ihm gar nichts ankreiden, aber gerade auf schlechten Strassen wirkt er sehr nervös. Die Lenkung ist ausreichend präzis, aber wer halt mal die progressive Variante in anderen VW-Gruppen-Produkten in den Händen hatte, empfindet die klassische Variante als ein wenig, hmm, unpräzis, zu leichtgängig. Wenn man etwas flotter fährt, merkt man das dann nicht mehr - und flott kann er auch, agil ist er, der Fabia, angenehm wendig mit seinen genau 3,99 Metern Länge. Schlaflose Nächte wird man aber jetzt nicht haben, weil man sich so sehr auf eine Passfahrt freut mit dem Fabia am nächsten Morgen.

Im Innenraum haben wir jetzt nichts gefunden, was es zu kritisieren geben würde. Das gesamte Armaturenbrett ist zwar sehr horizonal ausgerichtet, nichts ist zum Fahrer hingerichtet, da hat man sich wohl die Kosten gespart für einen Innenraum-Gestalter.
Skoda Fabia
Doch die Übersicht ist gut, die Ergonomie sowieso (wie bei allen VW-Konzern-Produkten), die Haptik auch - da wird auch bei Skoda unterdessen kein billiger Plastik mehr verbaut. Gutes Gestühl, da haben sich die Gestalter Mühe gegeben, das auch optisch ein bisschen wirken zu lassen. Hinten hat es für diese Kategorie erstaunlich viel Platz, fast schon fürstlich, und auch der Kofferraum ist mehr als ok: 330 Liter gibt es immer, bis 1150 Liter sind möglich. Das ist dann nicht mehr weit vom Golf entfernt - und wer mehr braucht, der kann ja auf den Kombi warten, der ebenfalls bald auf den Markt kommt.

Wir sind den 1,4-Liter-Diesel mit 90 PS und den 1,2-Liter-Benziner mit 110 PS gefahren. In dieser Klasse werden in erster Linie Benziner gekauft, in der Schweiz sowieso, und deshalb erübrigt sich ein weiterer Kommentar zum für unser Empfinden viel zu lauten Selbstzünder ja eigentlich. Naja, haben wir es trotzdem wieder einmal erwähnt, wie bei allen VW-TDI-Derivaten. Wenn ein Diesel, dann sollte man auf die 75-PS-Greenline-Version warten, die soll dann nur noch 3,1 Liter brauchen. Der mit einem Turbo aufgepumpte Benziner dagegen macht richtig Laune, hat mit den 1,1 Tonnen des Tschechen (im Schnitt 65 Kilo weniger als beim Vorgänger) wahrlich keine Mühe. Aber auch da: er ist etwas laut. Was aber irgendwie zum optisch durchaus sportlichen Auftritt passt. Und auch zum durchaus vorhandenen Fahrspass, den der Fabia ebenfalls bieten kann.

Und dann geht es da noch um den Preis: den neuen Fabia, der ab Mitte Januar bei den Schweizer Händlern steht, gibt es 14'490 Franken, dies für den 1-Liter-Dreizylinder mit 75 PS. Der Polo kostet mindestens 15'650 Franken, doch dafür gibt es nur 60 Pferdchen; für den vergleichbaren 75-Pferder müssen schon mindestens 16'700 Franken ausgelegt werden. Das ist dann eine Menge Moos zusätzlich - und wir wissen jetzt nicht so ganz genau, was der Polo besser kann als der Fabia. Gut, es gibt gegen Aufpreis mehr Assi-Systeme, der Tscheche muss mit einem Basis-Paket auskommen, Dinge wie City-Stopp-Assistent, Multikollionsbremse, Müdigkeitswarner und Berganfahrhilfe kosten zusätzlich. Aber da muss man eh die Preisliste ganz genau studieren, um den Überblick zu behalten.

Wir fuhren den neuen Skoda Fabia in Dänemark, beim so genannten Tannistest, bei dem quasi alle Fahrzeuge versammelt sind, die für die Wahl zum «Car of the Year» antreten. Schon besprochen in diesem Zusammenhang: der neue Ford Mondeo.

Mehr Skoda gibt es im Archiv.


Original: radical

Related Items from Catalogue Show Related