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#radical14 (14) , #radical14 - McLaren 650S Spider 2049

Published in radical-mag.com

McLaren 650S Spider

Noch nicht erstellt
Sie sind schon mutig, die Briten. Erst seit 2009 produziert man unter eigenem Namen Supersportwagen - und schon will man sich mit Ferrari und Co. anlegen. Klar, da waren die Autos, die man für Mercedes gebaut hat, da ist das Formel-1-Team. Da ist viel Wissen gespeichert in Woking, in dieser ach so cleanen Fabrik. Und dennoch: geile Einzelstücke bauen oder ein paar Fahrzeuge für einen renommierten Hersteller zusammenbasteln, ist eine ganz andere Aufgabe als ein eigenes Modell über Jahre perfekt zusammen zu schlüsseln. Und sich der Weiterentwicklung zu widmen. Und dann mit dem P1 so ganz nebenbei noch ein Auto zu bauen, das auf Augenhöhe mit einem Porsche 918 Spyder ist. Wir ziehen den Hut vor den Briten. Klar, der 650S Spider, der bei #radical14 antrat, ist kein neues Auto. Es ist die Kombination des MP4-12C mit der Optik des P1. Aber trotzdem, was man da aus Woking so erhält, kann sich sehen lassen. Natürlich sind 650 PS eine Macht, der McLaren war denn auch das stärkste Fahrzeug in unserem kleinen Vergleich. Und auch das teuerste. Massiv Leistung, Kohelfaser wohin das Auge blickt, hochwertigste Fahrwerkskomponenten - das muss doch absolut faszinierend sein, oder?

Hätten wir einfach während des Jahres mal einen solchen 650S Spider im Test gehabt, wären die folgenden Zeilen wohl anders ausgefallen. Aber eben, einer der Gründe, wieso wir #radical14 gemacht haben, war ja, dass man direkt vergleichen kann. Nicht die Fahrleistungen oder das Bremsvermögen - auch wenn das sich beim harten Bremsen aufstellende Brett (man kann es auch Heckspoiler nennen) imposant ist. Airbrake nennt McLaren das. Das mag funktionieren, aber sicher nicht im Strassenbetrieb - denn da kommt man definitiv nie in den Tempobereich, in welchem so eine Airbrake arbeitet. Aber es macht halt einen schlanken Fuss. Und wer so ein Auto kauft, ist einer gewissen Selbstinszenierung sicher nicht abgeneigt.


Aber zurück zur Faszination. Die war - nicht wirklich vorhanden. Das
klingt jetzt hart - aber es ist so. Wenn man als Gradmesser der
Faszination die Zahl der Namensnennung bei
den zahllosen Benzingesprächen nimmt - hat der 650 S verloren.

«Wenn schon diese Liga, dann den Ferrari». «Mir würd' der Porsche GT3 reichen, er ist einfach alltagstauglicher». Oder immer wieder: «Den Ferrari fürs den Racetrack, den GT3 fürs Pässeglühen und den Tesla für den Alltag.» Wie gesagt, hier geht es nicht um Fahrleistungen oder das Fahrverhalten, dazu kommen wir später. Es geht allein um die Faszination, die so ein Auto auslöst. Klar, die Linienführung ist klassisch und doch scharf. Ein echter Mittelmotor-Sportwagen, 3,8-L-V8 mit zwei grossen Ladern, Keramik-Bremsanlage die keine Verzögerungswünsche offen lässt. Und, eine wirklich gute Verarbeitung. Der McLaren hat alles, was es braucht.





Und trotzdem ist er im Feld von #radical14 längst nicht so begehrt wie
ein 458 Speciale oder ein GT3. Das mag daran liegen, dass extrem eng
geschnittene Sportsitze montiert waren, dass die Schwenktüren und die
breiten Schweller das Einsteigen nicht gerade einfach machten. Oder
daran, dass man trotz Rückfahrkamera und grosser Aussenspiegel - einfach
nichts sieht. Oder war es die unscheinbare Lackierung in unschuldigem
Weiss? Es war wohl der Mix aus allem.

Dabei: der 650 S hats faustdick hinter den Ohren. Der V8 dreht locker auf 8500 Touren, das Getriebe (Doppelkupplung) ist auf der Höhe der Konkurrenz und die Bremsanlage gehört zum Feinsten, was es für Geld zu kaufen gibt. Aber es ist eben ein typischer Turbomotor. Was auf trockener Strasse noch einigermassen beherrschbar ist, wird im Nassen zum Ritt auf der Kanonenkugel. Bis zu 3000 Umdrehungen gibts sich der McLaren lammfromm. Genügend Schub aus dem Drehzahlkeller, ziemlich spontane Gasannahme - alles prima. Aber wenn die beiden Lader einatmen - ja dann bricht die Hölle los. Auch im vierten Gang ringen die Räder um Halt, der Wagen will ständig ausbrechen, schiebt, drückt, stampft - man muss mit allen Sinnen bei der Sache sein. Sonst zeigt der 650S dem Fahrer ziemlich schnell die rote Karte. Das können Ferrari und Porsche - beides feine Saugmotoren - einfach besser. Klar, wenns trocken ist, ist dieser Schub ein wahnsinniger Genuss. Wenn dich die 650 PS und 680 Nm in den Sitz drücken - uff, das fliesst auch mal ein Freudentränchen. Oder zwei.

Der Wagen lenkt wunderbar ein, schöne Rückmeldung von der Lenkung - alles perfekt. So lange man noch nie einen 458 Speciale gefahren ist. Dann wirkt das Fahrverhalten des McLaren - nett. In Sachen Kurvenfreude ist er sicher auf der Höhe eines Porsche GT3, aber der kostet 100'000 Franken weniger...

Aber ist natürlich bei weitem nicht so exklusiv wie ein Auto aus Woking.
Das könnte für Porsche ein grosses Problem werden. Einen GT3 sieht man
ja mittlerweile in jedem Kaff vor der Zahnarztpraxis - einen McLaren
650S in offener Wildbahn zu sehen, ist da schon weit schwieriger.

Was ist also unser Fazit beim McLaren 650S Spider? Man bekommt schon viel Auto (1470 kg, DIN) fürs Geld. Und man hat ein sauschnelles, sehr exklusives Auto. Das gibts bei Ferrari auch, aber mit dem Pferdchen hat man ein Problem. Das fiel während unserer Fahrten extrem auf. Sobald man mit dem Ferrari länger als 5 Sekunden anhalten muss, ist man umzingelt von Schaulustigen. Das werden die Handys gezückt, Kinder schreien, als hätten sie alle das Down-Syndrom, fesche Mädels gucken eher beschämt weg und der Macker im Audi ignoriert den roten Renner so gut es geht. Und im McLaren? Da ist das alles viel entspannter. Man erntet interessierte Blicke, muss auch ab und zu eine Frage beantworten. Aber es ist alles entspannt - die Mädels trauen sich hinzusehen und die Kinder schreien nicht, sondern vergessen einfach, den Mund zu schliessen. Das Konzept des Autos ist stimmig, die Leistung mehr als ausreichend und der Preis so hoch wie die Exklusivität. Aber so richtig das Herz berührt hat er nicht, der schnelle Brite. Doch wir sind halt auch ein verwöhntes Pack.

Alle Stories von #radical14 gibt es: hier.


Original: radical

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